Seit dem Ausbruch der Krise in der Ukraine sind die Geschäfte zwischen deutschen und ukrainischen Unternehmen schwieriger ­geworden – insbesondere dann, wenn es um die Finanzierung von Exporten in die Ukraine geht. Doch wenn der Finanzierungspartner die erforderliche Länderexpertise mit einbringt, können auch in Krisenzeiten grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen gepflegt werden. Dies konnte mit der Finetrading-Finanzierung eines großen Nutzviehexports in die Ukraine unter Beweis gestellt werden.

Von Dirk Oliver Haller, Vorstandsvorsitzender, Deutsche Finetrading AG

Seit dem Ausbruch der ersten Proteste in der Hauptstadt Kiew hat sich die Krise in der Ukraine immer weiter verschärft. Auf kurze Ruhephasen folgten immer wieder neue Eskalationen wie die faktische Abspaltung der Krim-Halbinsel, gewaltsame Übergriffe in Großstädten und bürgerkriegsähnliche Zustände im Osten des Landes. Auch diejenigen in der Ukraine, die nicht direkt in gewaltsame Konflikte verwickelt sind, leiden unter den Auswirkungen der Unruhen: Aufgrund der Abwertung der Landeswährung an den internationalen Devisenmärkten haben sich die Lebenshaltungskosten verteuert, und in den von den Unruhen betroffenen Regionen hat auch die Wirtschaft mit erschwerten Bedingungen zu kämpfen.

Die Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen zwischen ukrainischen und deutschen Unternehmen lassen sich an nüchternen Zahlen ablesen. So sind in den ­ersten drei Monaten des Jahres 2014 die Exporte in die Ukraine im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 26% auf 967 Mio EUR zurückgegangen. Mit ein Grund dafür dürfte auch die Zurückhaltung ­vieler Banken bei der Finanzierung von Exportgeschäften mit der Ukraine sein. Aufgrund der negativen Nachrichtenlage gelten Forderungen an ukrainische Unternehmen vielerorts nicht als belastungs­fähige Kreditsicherheit.

Unterdessen gibt es jedoch durchaus auch Lichtblicke. So soll Ende Juni der wirtschaftliche Teil eines Assoziierungs­abkommens zwischen der EU und der Ukraine unterzeichnet werden, das den weitgehenden Wegfall von Einfuhrzöllen und anderen Handelsbarrieren vorsieht. Damit ist die Ukraine der bevölkerungsreichste Staat der östlichen Partnerschaft im Rahmen der EU-Nachbarschaftspolitik, die seit 2009 besteht und neben der Ukraine weitere osteuropäische Staaten wie Georgien, Weißrussland und Moldau umfasst. Auch in den Industriezentren und Agrarregionen, die außerhalb der ­Krisenherde liegen, sind Wirtschaft und Infrastruktur weiterhin funktionsfähig. Weil aber die negativen Schlagzeilen in der Öffentlichkeit weitaus präsenter sind, hält sich die Bereitschaft zur Finanzierung von Exportlieferungen in die Ukraine in Grenzen – selbst dann, wenn die indivi­duellen Rahmenbedingungen nur eine geringe Ausfallwahrscheinlichkeit erwarten lassen.

Voraussetzung für die erfolgreiche Exportfinanzierung in solchen Situationen ist daher ein Finanzierungspartner, der über die notwendigen Hintergrundinformationen verfügt, um die aktuellen Gegebenheiten im Exportland differenziert einschätzen zu können. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn es sich wie beim Finetrading um eine individuelle und direkte Finanzierung handelt, in die sowohl das exportierende wie auch das importierende Unternehmen eng eingebunden sind. Während bei der klassischen Bankfinanzierung der Fokus der Finanzierungsbeziehung auf dem Unternehmen liegt, das den Kredit in Anspruch nimmt, bildet die Finetrading-Finanzierung ein Dreiecksgeschäft zwischen Abnehmer, Lieferant und Finanzierungsgeber.

Der Finetrading-Anbieter tritt dabei als Zwischenhändler auf, der die Ware vom Lieferanten erwirbt und sie im gleichen Zug an den Abnehmer weiterveräußert. Dabei werden mit Lieferant und Abnehmer unterschiedliche Zahlungsbedingungen vereinbart: Die Rechnung des Lieferanten wird vom Finetrader direkt nach der Lieferung beglichen, während dem Abnehmer ein Zahlungsziel eingeräumt wird, das im Regelfall bis zu sechs Monate und unter bestimmten Voraussetzungen sogar bis zu zwölf Monate betragen kann.

Damit bildet die reale Warenlieferung den Dreh- und Angelpunkt des Finanzierungsgeschäfts. Während der Abnehmer bis zur Fälligkeit der Zahlung seinen Einkauf über die daraus erzielten Umsatzerlöse teilweise oder sogar komplett refinanzieren kann, profitiert der Lieferant davon, dass der Finetrader die Rechnung sofort begleicht und ihn auf diese Weise vom Ausfallrisiko entlastet – gerade bei Exporten in Staaten mit instabilen politischen Verhältnissen ist dies angesichts der sich oft innerhalb weniger Tage ändernden politischen Lage ein unschätzbarer Vorteil.

So finanzierte die DFT Deutsche Finetrading AG trotz der jüngsten politischen Wirren eine Großlieferung von Ferkeln und Rindern im Gesamtwert von 10 Mio EUR in die Ukraine. Ein Teil der Lieferung wurde über einen Zeitraum von zwölf Monaten finanziert, für den Rest gewährte die DFT AG ein Zahlungsziel von sechs Monaten. Abnehmer war das ukrainische Unternehmen Agro Soyuz, das in der Zentralukraine ansässig ist und zu den führenden Agrarkonzernen des Landes zählt. Zur Produkt- und Dienstleistungspalette von Agro Soyuz zählen unter anderem die Herstellung und der Vertrieb von Landmaschinen, die Produktion von Stallungen in Fertigbauweise sowie Consulting- und Weiterbildungsangebote für landwirtschaftliche Unternehmen.

Darüber hinaus betreibt Agro Soyuz eigene Musterfarmen. Diese dienen nicht nur der Erprobung und Weiterentwicklung neuer Anbau- und Zuchtmethoden, sondern auch der Produktion. Allein im Bereich der Tierhaltung verfügt der Betrieb über eine Jahreskapazität von 190.000 Schweinen und eine mehr als 4.000 Tiere zählende Rinderherde. Das Unternehmen gilt im Bereich der Agrartechnologie als einer der innovativsten Betriebe des Landes und wurde in nationalen Wettbewerben ebenso für seine hohe Qualität wie auch für die umweltfreundliche und hygienische Tierhaltung ausgezeichnet.

Ein tragender Baustein für das Gelingen der Finanzierung war, dass nicht die staatliche Bonität, sondern die individuelle Bonität des importierenden Unternehmens im Mittelpunkt der Bewertungs­prozesse stand. Zwar spielten auch Überlegungen zur politischen Zukunft der Ukraine eine Rolle. Doch solange das Unternehmen an seinen Standorten unter weitgehend geordneten Verhältnissen produzieren und seine finanziellen Verpflichtungen erfüllen kann, tritt die politische Krise als Einflussfaktor bei der Einschätzung der Kreditwürdigkeit in den Hintergrund.

Solche detaillierten Einschätzungen lassen sich indes nicht von einem Schreibtisch in Deutschland aus durchführen, sondern erfordern persönliche Kontakte vor Ort. Bei der DFT AG stehen hierfür je nach Zielland entweder eigene Repräsentanten im Land oder Ansprechpartner bei kooperierenden Unternehmen wie beispielsweise Warenkreditversicherern mit entsprechender regionaler Expertise zur Verfügung. Weil der Finetrader nicht nur die offenen Forderungen finanziert, sondern durch den Status als Zwischenhändler auch die Bonität des ausländischen Abnehmers prüft und das Ausfallrisiko übernimmt, erhalten exportierende Unternehmen mehr als nur eine Finanzierung. Das Komplettpaket beinhaltet letztlich die komplette Länderexpertise des Finetraders, so dass sich der Aufwand für den Exporteur darauf beschränkt, mit seinem Kunden die Finetrading-Finanzierung zu vereinbaren und die Unterzeichnung des übersichtlich strukturierten Zwischenhandelsvertrags auf den Weg zu bringen. Gerade für Unternehmen, die den Aufwand einer komplexen Länder­recherche scheuen oder neu in einen bislang fremden Exportmarkt einsteigen wollen, eröffnet sich damit eine einfach zu handhabende und sichere Alternative für die Exportfinanzierung.

Kontakt: doh[at]dft-ag.de

19 replies on “Exporte in Krisenländer erfordern besondere Expertise”

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