Serbien ist ein Land mit dynamischer Unternehmenskultur, einem breitgefächerten Mix an ehemaligen Staatsbetrieben
und einem vergleichsweise jungen Mittelstand. Nach der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr will das Land wieder auf den ­Wachstumspfad zurückfinden. Wer die daraus entstehenden Marktchancen nutzen will, braucht bei der Exportfinanzierung
kreative Lösungsansätze.

Dirk Oliver Haller, Vorstandsvorsitzender, DFT Deutsche Finetrading AG

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Nach dem verheerenden Jahrhunderthochwasser im Frühjahr 2014 befindet sich Serbien wieder auf Erholungskurs. Damals wurden nicht nur Gebäude, Straßen und andere Infrastruktureinrichtungen von den Wassermassen teils schwer beschädigt. Insbesondere in landwirtschaftlichen Betrieben waren die wirtschaftlichen Folgeschäden hoch, weil die Überschwemmung von Obstplantagen und Ackerland sowie der Tod von Nutztieren durch Ertrinken herbe Produktionsausfälle nach sich zogen. Dank internationaler Hilfe und eigener Bemühungen gelang es jedoch, die Aufräumarbeiten nach der Flut schnell in Gang zu bringen. Dennoch musste das Land, das nach einer Rezession infolge der 2008 ausgebrochenen Finanzkrise gerade auf dem Weg zur wirtschaftlichen Erholung war, einen wirtschaftlichen Rückschlag verkraften.

Dass Serbien nach diesem Dämpfer wieder auf die Erfolgsspur zurückfindet, gilt in Expertenkreisen als sehr wahrscheinlich. Seit dem Ende der Konflikte mit den anderen Staaten des ehemaligen Jugoslawiens bemüht sich die Republik Serbien, ihr Gesetzeswesen auf einen modernen Standard zu bringen und sich an die Europäische Union anzunähern. Seit Anfang März 2012 genießt das Land offiziell den Status eines EU-Beitrittskandidaten.

Beliebtes Zielland für Exporteure

In Osteuropa ist Serbien ein beliebtes Zielland für Investoren und Exporteure. Schritt für Schritt werden der Finanz- und der Energiesektor liberalisiert, so dass sich dort für westliche Unternehmen neue Marktchancen eröffnen. Die serbische Industrie ist breit aufgestellt. Bedeutende Wirtschaftszweige sind unter anderem die Pharmaindustrie, der Maschinen- und Apparatebau, Textilproduzenten, Automobilzulieferer, Baustoffhersteller sowie die Metall- und Holzverarbeitung. Viele Unternehmen aus dem Industrie- und Dienstleistungssektor sind in der pulsierenden Metropolregion rund um die Hauptstadt Belgrad sowie in den Städten Novi Sad und Niš angesiedelt. Auch die Landwirtschaft hat eine große Bedeutung. Der fruchtbare Ackerboden im Norden lässt sich für vielfältige Anbaumöglichkeiten nutzen, während die hügeligen Regionen Zentralserbiens von Obstplantagen und Weinbau geprägt sind.

Traditionell pflegt die serbische Wirtschaft intensive Beziehungen zu den geographisch nahe liegenden EU-Staaten Italien und Österreich. Aber auch deutsche Unternehmen sind in Serbien als Wirtschaftspartner gefragt: Sowohl in der Import- als auch in der Exportstatistik belegt Deutschland als Außenhandelspartner den zweiten Rang hinter Italien. Jährlich werden Wirtschaftsgüter im Gesamtwert von rund 2,2 Mrd USD von Deutschland nach Serbien exportiert.

Aufstrebender Mittelstand

Wer als deutscher Unternehmer Waren nach Serbien exportieren will, sollte sich auf die spezifischen Rahmenbedingungen einstellen. Weil Serbien noch kein ­Mitglied der EU ist, sind zunächst einmal die einschlägigen zoll- und ausfuhrrecht­lichen Bestimmungen zu beachten. Ebenfalls sollten die für Ausfuhren in Länder außerhalb der Euro-Zone typischen Wechselkursschwankungen des Serbischen Dinar im Verhältnis zum Euro berücksichtigt werden.

Darüber hinaus ist Serbien von einer gewissen Zweiteilung der Wirtschaft geprägt: auf der einen Seite die großen und etablierten Unternehmen, die aus den ehemaligen Staatsbetrieben des früheren Jugoslawiens hervorgegangen sind, und auf der anderen Seite aufstrebende mittelständische Betriebe, die erst vor kurzer Zeit gegründet worden sind und die Dynamik der serbischen Unternehmenskultur verkörpern.

Gerade bei Lieferungen an den serbischen Mittelstand stellt sich für deutsche Exportunternehmen häufig die Frage nach der adäquaten Finanzierung. Gefragt sind hier flexible und individuell zusammengestellte Finanzierungspakete, bei denen je nach Situation unterschiedliche Aspekte in Betracht zu ziehen sind:
In Abhängigkeit von der Liquidität des belieferten Unternehmens kann für Warenlieferungen eine Zwischenfinanzierung erforderlich sein, die den Zeitraum zwischen Lieferung und Umsatzerzielung mit den eingekauften Produkten abdeckt.
Weil Serbien noch kein EU-Land ist, stellen Banken bei der Exportfinanzierung möglicherweise andere Anforderungen als bei der Finanzierung von Lieferungen in EU-Staaten.

Mittelständische Unternehmen, die noch nicht sehr lange am Markt aktiv sind, verfügen oftmals noch nicht über eine Bonitätshistorie, die eine Warenkreditversicherung ermöglicht.

Finetrading-Finanzierung von Nutztierexporten

Seit einiger Zeit ist die DFT AG als Finanzierungsgeber in Serbien aktiv und hat dabei die Erfahrung gemacht, dass angesichts der großen Vielfalt an unterneh­merischen Strukturen oftmals kreative Finanzierungslösungen gesucht werden müssen. So galt es bei einem Export­geschäft, den Erwerb von Nutztieren zu finanzieren – allerdings konnte der Importeur noch keine Bonitätseinstu-fung vorweisen, die eine Direktfinan­zierung aus Deutschland ermöglicht hätte. Als Finanzierungspartner konnte ein in Serbien ansässiger Fleischkonzern gewonnen werden, der die Zuchttiere und die Stallausrüstung für seine Partnerbetriebe importierte und den Zucht­betrieben eine Inlandsfinanzierung zur Verfügung stellte.
Die Refinanzierung des Exportes erfolgte über ein Finetrading-Geschäft, bei dem die Lieferung vom Finetrading-Anbieter erworben und direkt im Anschluss an den serbischen Fleischkonzern weiterveräußert wurde. Als Finanzierungskomponente wurde dabei das unterschiedliche Zahlungsziel für Exporteur und Abnehmer eingesetzt: Während der in Deutschland ansässige Exporteur sofort das Geld erhielt, wurde dem Abnehmer in Serbien ein Lieferantenkredit mit mehreren Monaten Laufzeit gewährt, so dass dieser die Kreditvergabe an seine Partnerbetriebe gegenfinanzieren konnte.

Maßgeschneiderte Finanzierung für Maschinenleasing

In einem anderen Fall wollte eine in Serbien ansässige Leasinggesellschaft ihr Geschäft weiter ausbauen und aus Deutschland importierte Investitionsgüter wie beispielsweise Landmaschinen oder industrielle Produktionsanlagen an serbische Nutzer verleasen. Die Dauer der Leasinggeschäfte sollte je nach Kundenwunsch und finanziertem Investitionsgut bis zu acht Jahre betragen, wobei sich der Leasinggeber beim Import ein Gesamtpaket aus Warenlieferung und Refinanzierung wünschte.

Um den bürokratischen Aufwand beim Import und bei der Finanzierung der Warenbestellungen bei verschiedenen Herstellern in Deutschland zu minimieren, bot sich die Einschaltung eines Generalexporteurs an. In dieser Funktion bündelte die DFT AG den Einkaufsbedarf der Leasinggesellschaft zu einem Gesamtpaket inklusive der Vermittlung eines Finanzierungsvertrags. Gegenüber den deutschen Lieferanten des Leasinggebers konnte der Generalexporteur damit als Inlandskunde auftreten, so dass sich die Lieferanten bei der Abwicklung ihrer Einzelaufträge nicht mit den Formalitäten des Serbien-Exportes zu beschäftigen brauchten.

Die Beispiele zeigen: Wer bei Exportgeschäften mit Kunden aus Serbien eine passende Finanzierung mit anbieten möchte, stößt mit Standardlösungen schnell an seine Grenzen. Kommen hingegen innovative Finanzierungsmodelle zum Einsatz, die an die individuelle Situation angepasst sind, können Exportunternehmen ihren Kunden in Serbien nicht nur maßgeschneiderte Importfinanzierungen mit anbieten, sondern auch neue Märkte in einem osteuropäischen Land mit dynamischer Unternehmenskultur erschließen.

Kontakt: info[at]dft-ag.de

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