Die Coronapandemie hat den weltweiten Handel hart getroffen, insbesondere exportorientierte Unternehmen stehen unter enormem Druck. Wie können Banken sie dabei unterstützen, wieder auf Kurs zu kommen?

 Zunächst schien es nur ein lokales Phänomen zu sein: Als die Produktion in Wuhan in der chinesischen Provinz Hubei im Januar 2020 zum Erliegen kam, spürten nur wenige Unternehmen einen direkten Versorgungsengpass. Doch was in Wuhan begann, dehnte sich bald auf die Produktion und den Export in ganz China aus.

Als sich das Virus dann weltweit ausbreitete, entstanden neue Epizentren, in denen Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit teilweise komplett einstellen mussten. Die negativen Auswirkungen betrafen insbesondere Produktionsketten, die sowohl von China als auch von anderen stark betroffenen Standorten wie Italien oder Spanien abhingen.

Inzwischen läuft die Produktion in den am schlimmsten betroffenen Regionen Chinas zwar wieder, doch eine Rückkehr zu den Volumina vor der Krise ist auf absehbare Zeit nicht zu erwarten.

Verlässliche Cashflowprognosen kaum möglich

Nachdem überall in der Welt Länder in den Lockdown gingen, wirkte sich der einbrechende weltweite Handel disruptiv auf die Unternehmen aus. Obwohl staatliche Unterstützung den ersten Schock abfederte, gab es erhebliche Probleme mit den Cashflowprognosen und dem Zugang zu Liquidität.

In dieser Situation suchten Unternehmen die Unterstützung ihrer Banken. Ihre Ziele: kurzfristige Liquiditätsengpässe zu bewältigen, Kreditlinien, soweit möglich, aufrechtzuerhalten und Risiken gerade bei Handelsgeschäften in internationalen Lieferketten in den Griff zu bekommen.

Lieferketten absichern

Denn die strategischen Lieferanten stehen vor den gleichen Schwierigkeiten und drohen auszufallen. Supply-Chain-Finance (SCF) ist dabei eine der wichtigsten Stellschrauben, um die Finanzstrukturen einer Lieferkette zu optimieren. Statt bei Lieferanten immer längere Zahlungsziele durchzusetzen, schaffen Käufer mit SCF eine Win-win-Situation für beide Seiten: Der Lieferant erhält schneller sein Geld, und der Käufer kann gleichzeitig seine gewünschten langen Zahlungsziele ausschöpfen.

Möglich wird dies durch eine Finanzierung in Höhe des vereinbarten Kaufpreises, für die der Käufer sein im Vergleich zum Lieferanten meist besseres Rating nutzt. Der Lieferant erhält daraus sofort den abgezinsten Kaufpreis. Der Käufer wiederum zahlt am Ende der von ihm gewünschten Frist den vereinbarten Kaufpreis an die finanzierende Bank. So erreicht er die angestrebte Verbesserung seiner Finanzkennzahlen und weiß gleichzeitig seinen Lieferanten liquiditätsmäßig auf der sicheren Seite.

Wechsel zum Nearshoring

Auch wenn Unternehmen durch unsichere Zeiten steuern: Es gibt durchaus Licht am Ende des Tunnels. Allerdings müssten sie dazu ihre aktuellen Strategien überdenken und sich für Veränderungen öffnen. So sollten Unternehmen die Standorte ihrer weltweiten Fertigungszentren unter die Lupe nehmen, ihre Lieferketten möglichst diversifizieren und künftig vermehrt Nearshoring-Strategien in Erwägung ziehen.

Shoring-Strategien wurden ursprünglich in einem relativ risikoarmen Umfeld entwickelt, als die Kosten der entscheidende Faktor für die Wahl des Herstellungsorts waren. Das ist heute nicht mehr der Fall. Nearshoring – insbesondere für Produkte am unteren Ende der Wertschöpfungskette, weniger für höherwertige Produkte – könnte bald das wahrscheinlichere Szenario sein.

So haben viele europäische Unternehmen bereits damit begonnen, ihre Abhängigkeit von asiatischen Lieferanten zu begrenzen. Der Mittlere Osten, aber auch Afrika, das seine Fertigungskapazitäten in den vergangenen Jahren erheblich erweitert hat, könnten als neue „Werkbank der Welt“ für Produkte des unteren bis mittleren Marktsegments die Rolle übernehmen, die früher China innehatte. Vieles spricht aus Sicht europäischer Unternehmen dafür: Afrika und Europa liegen in denselben Zeitzonen und auch geographisch näher beieinander, so dass Versandzeiten und -kosten deutlich günstiger sind.

Akkreditive statt Open Account

Eine weitere Konsequenz, die viele Unternehmen gezogen haben: Sie machen weniger Open-Account-Geschäfte mit ihren Handelspartnern. Stattdessen setzen sie immer häufiger risikomindernde Trade-Finance-Produkte ein. Dazu gehören vor allem Akkreditive – ein Hauptprodukt in jedem Krisenumfeld – sowie Bankgarantien und -bestätigungen. Zusätzlich zur Absicherung bieten Akkreditive den Vorteil, dass sie die Grundlage einer Exportfinanzierung sein können.

In manchen Emerging Markets finden ausländische Kunden deutscher Exporteure derzeit allerdings nur schwer eine Bank, die für sie ein Akkreditiv zugunsten des Lieferanten eröffnet. Die zunehmenden Risiken im Auslandsgeschäft wirken sich negativ auf die Bereitschaft mancher Banken zur Kreditvergabe aus. Vor diesem Hintergrund könnte sich die Lücke in der Handelsfinanzierung vergrößern – auf jeden Fall wird es einige Zeit dauern, bis das Vertrauen in die Märkte wieder zurückkehrt.

Nachholbedarf im Trade-Finance

Zur neuen Normalität der Arbeitswelt hat sich während der Coronapandemie das Home-Office-Modell entwickelt. Willkommener Nebeneffekt: Es gab der Digitalisierung vieler Prozessschritte neuen Schub. Trade-Finance dagegen ist der klassische Fall eines papierintensiven Geschäfts, geprägt von Traditionen und länderspezifischen Gepflogenheiten. Der Nachholbedarf ist offensichtlich.

Die Banken haben das erkannt und entwickeln schon seit einigen Jahren innovative und volldigitalisierte Trade-Finance-Lösungen – und stoßen damit bei ihren Firmenkunden auf offene Ohren. Weil es für ihre aktuellen Geschäftsabläufe ebenso notwendig wie zweckmäßig ist, führen Unternehmen digitale Lösungen mit hoher Priorität ein, immer mehr papierhafte Prozesse fallen weg. Für einige kleinere Unternehmen bedeutet dies eine grundlegende Umstellung.

Agilität als Gebot der Stunde

Ebenso wie für Unternehmen ist Agilität auch für Banken das Gebot der Stunde. So hat der „Main Incubator“, die Forschungs- und Entwicklungseinheit der Commerzbank, sehr schnell Lösungen für Firmenkunden entwickelt, die genau auf die aktuellen Herausforderungen zugeschnitten sind. Dazu gehörte auch eine Voucher-Verkaufsplattform: Damit konnten Waren und Dienstleistungen, die erst nach Lockerung der Lockdown-Maßnahmen geliefert wurden, schon vorab bezahlt werden. Das war eine wichtige Finanzspritze für viele Unternehmen, insbesondere für Unternehmen aus dem Gastgewerbe, dessen Umsätze im Frühjahr völlig eingebrochen sind.

Ein weiteres Beispiel ist die digitale Signatur bei der Herauslegung von Garantien. Die Commerzbank hat diese eingeführt, damit ihre Mitarbeiter weiterhin Garantien ausstellen können, ohne für die Unterzeichnung im Büro sein zu müssen.

Enge Kundenbeziehungen als Erfolgsfaktor

Angesichts der zunehmenden Risiken im internationalen Geschäft könnten einige Finanzinstitute den Rückzug aus bestimmten Regionen oder Sektoren erwägen. Als wichtiger Kreditgeber der deutschen Wirtschaft muss die Commerzbank dagegen verlässlich und verantwortungsvoll handeln. Deshalb sieht ihr Ansatz anders aus: Aufgrund ihrer internationalen Expertise und vor allem der tiefverwurzelten Beziehungen zu ihren Firmenkunden bietet sie gerade jetzt mehr Unterstützung – und nicht weniger.

Schon immer war die Commerzbank bestrebt, das Geschäftsmodell und die internen Abläufe ihrer Firmenkunden zu verstehen. Heute hilft ihr das, die Finanzlage eines Unternehmens und seine Zukunftsfähigkeit zuverlässig einzuschätzen. Auf dieser Basis stehen passgenaue finanzielle Unterstützung und weitere Lösungen sehr schnell bereit – von der Ausweitung der Kreditlinien bis hin zu Maßnahmen für die Liquiditätsverbesserung.

Firmenkunden vergessen nicht, wenn ihre Bank auch in schwierigen Zeiten für sie da ist. Daraus entwickeln sich oft lange und erfolgreiche Partnerschaften. In der aktuellen Phase der Unsicherheit setzt die Commerzbank alles daran, dieses Versprechen gegenüber ihren Kunden aufrechtzuerhalten.


Autoren

Enno-Burghard Weitzel, Leiter Produktmanagement Trade Finance, CommerzbankEnno-Burghard Weitzel,
Leiter Produktmanagement Trade Finance,
Commerzbank AG

 


Frank-Oliver Wolf Global Head of Sales Germany, Trade Finance & Cash Management der CommerzbankFrank-Oliver Wolf
Global Head of Sales Germany,
Trade Finance & Cash Management,
Commerzbank AG

 


 

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