Wer in Nordafrika Geschäfte macht, sichert sich häufig über Akkreditive ab. Aus Bankensicht gelten die Staaten allerdings als risikoreich, weswegen viele Institute bei der Bestätigung von Akkreditiven zögern. Das muss nicht so sein.

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Von Marokko bis zum Irak – so weit erstreckt sich die MENA-Region (Middle East & North Africa), die Unternehmen zahlreiche Chancen für lukrative Geschäfte bietet. Während die Golfstaaten über erhebliche Öl- und Gasvorkommen sowie eine hohe Kaufkraft verfügen, punkten die Länder Nordafrikas mit ihrer geografischen Nähe zu Europa. Die MENA-Staaten gelten als Zukunftsmärkte: Mit rund 420 Millionen Einwohnern und einem Bruttoinlandsprodukt von rund 2,8 Bill USD sind sie attraktive Exportziele für deutsche Unternehmen.

Vor allem die Staaten Nordafrikas, also Ägypten, Algerien, Libyen, Marokko und Tunesien, stehen im Fokus der deutschen Exportwirtschaft. Im Jahr 2019 verkauften hiesige Firmen Waren im Wert von 9,9 Mrd EUR nach Nordafrika – und damit fast 42% des deutschen Afrikaexports. Der Markt hat obendrein Wachstumspotenzial: 250 Millionen Menschen leben in der Region, bis 2050 sollen es 380 Millionen sein. Drei der fünf größten afrikanischen Volkswirtschaften liegen in Nordafrika – kein Wunder also, dass es immer mehr deutsche Firmen hierhin zieht.

Zwar kommen die Länder in Hinblick auf politische und wirtschaftliche Reformen unterschiedlich schnell voran, aber alle befinden sich infolge des Arabischen Frühlings im Wandel. Ägypten beispielsweise ist zum Wirtschaftsmotor der Region geworden, bietet attraktive Investitionsanreize und große Infrastrukturprogramme. Marokko hat sich als Logistikdrehscheibe profiliert und beheimatet zahlreiche Automobilfirmen.

Hohe Abhängigkeit vom Energiesektor

Vor allem der Energiesektor dominiert die Beziehung zwischen Nordafrika und Europa: Algerien und Libyen zählen zu den großen Erdgas- und Erdölfördernationen und liefern Energie auf die andere Seite des Mittelmeeres. Bislang entfallen rund 95% der algerischen Exporte auf Brennstoffe. Künftig will das Land seine Wirtschaft diversifizieren und sich breiter aufstellen, dann könnten Bodenschätze wie Eisenerz und Phosphat eine größere Rolle spielen und aus dem Schatten von Erdöl und Erdgas treten. 60% des Landes gelten als geologisch nicht ausreichend erforscht – die Chance auf neue Rohstoffquellen ist also hoch. Hier sind deutsche Unternehmen gefragt: Ihre Maschinen und ihr Know-how helfen, Rohstoffe zu fördern und die Industrie vor Ort zu stärken.

Damit Exportgeschäfte zustande kommen, braucht es starke Partner, immerhin gelten die Länder Nordafrikas trotz aller Chancen nach wie vor als risikoreich. Umso wichtiger ist es, die Geschäfte entsprechend abzusichern. Das Problem: Viele Banken ziehen sich aus Märkten wie Algerien zurück, da sie das Risiko nicht entsprechend abbilden können. Nicht so die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW): Sie unterstützt deutsche Firmen bei ihren Auslandsgeschäften – auch in risikoreichen Ländern.

Deutsche Maschinen für Algerien

Als ein algerischer Baustoffspezialist eine Maschine von einem bayerischen Maschinenbauer kaufen wollte, zögerte dieser nicht lange und bot die benötigte finanzielle Absicherung an. Der Mittelständler hatte bereits vor einigen Jahren eine Maschine nach Algerien verkauft und wusste, dass er einen starken Bankpartner an seiner Seite braucht. Das Land ist sehr stark reguliert: Jahrelang durften Importe nur durch ein Akkreditiv bezahlt werden. Seit dem Jahr 2011 hat Algerien die Akkreditivpflicht zwar in bestimmten Bereichen gelockert, doch es gibt nach wie vor zahlreiche Ausnahmeregelungen.

Ob nun staatlich vorgegeben oder nicht, Akkreditive sind das Mittel der Wahl bei der Absicherung potenzieller Zahlungsausfälle. Dokumentenakkreditive sind international anerkannt und ihre Vorgehensweisen standardisiert, dazu bieten sie ein hohes Maß an Sicherheit, für Exporteur und Importeur gleichermaßen. Der Exporteur kann sich darauf verlassen, dass er sein Geld auch wirklich bekommt. Und der Importeur muss erst zahlen, nachdem akkreditivkonforme Dokumente durch den Exporteur vorgelegt wurden. Wichtig dabei: Akkreditive müssen die Dauer des Auftrags komplett abdecken – von der Produktion der Ware bis zur Lieferung.

Akkreditivbestätigung dauert meist nur wenige Tage

Mittendrin stehen die Banken. Im konkreten Fall band der algerische Käufer eine staatliche algerische Regionalbank mit ein, die das Akkreditiv eröffnete. Sie bürgte dafür, dass der Käufer die Maschine auch wirklich bezahlt. Die LBBW bestätigte das Akkreditiv und sicherte ab, dass die arabische Bank zahlt. Der tatsächliche Geldfluss läuft dann auch über die Banken: Sobald der Exporteur die Ware ordnungsgemäß verschickt hat – und bei seiner Bank die entsprechenden Dokumente vorlegt –, erhält er das Geld ohne Umwege direkt von seiner Hausbank. Diese wiederum bekommt das Geld von der arabischen Bank und die von ihrem Kunden.

Die Landesbank Baden-Württemberg entscheidet in der Regel innerhalb einer Bearbeitungsdauer von nur wenigen Werktagen, ob ein Akkreditiv bestätigt werden kann. Gerade bei risikoreichen Ländern kann die Bestätigung allerdings etwas länger dauern. Die Lieferung nach Algerien konnte die Landesbank nach rund fünf Wochen absichern.

Ausplatzierung von Risiken als gängige Praxis

Bei Geschäften mit Unternehmen aus Algerien ist es üblich, dass Banken ihrerseits Teile des Risikos auslagern. Der Sicherungsgeber kann dabei eine deutsche oder eine ausländische Bank sein. Bei der sogenannten Ausplatzierung von Risiken lagert die Bank des Exporteurs entweder Teile des Risikos oder das komplette Risiko an eine andere Bank aus. Der Sicherungsgeber, im Fall des Algerien-Geschäfts eine Bank aus Dubai, verlangt im Gegenzug eine entsprechende Gebühr beziehungsweise Prämie.

Welche Risikoarten Banken abtreten, hängt vom jeweiligen Geschäft ab. Im Falle des Maschinenbauers hat die LBBW einerseits das Risiko eines möglichen Zahlungsausfalls an die arabische Bank abgetreten. Zudem hat sie auch das Länderrisiko ausgelagert: Die aktuelle Länderklassifizierung für Exportkreditgarantien des Bundes (Hermesdeckungen) liegt für Algerien bei 5 von 7. In die Bewertung fließen zahlreiche quantitative und qualitative Wirtschaftsindikatoren ein, unter anderem die politische Stabilität und Volatilität der Währung. Ausschlaggebend für Algeriens Bewertung ist unter anderem, dass das Land noch am Anfang einer wirtschaftlichen und politischen Neuordnung steht. Die Regierung will die Abhängigkeit von Erdöl und Erdgas reduzieren und den Markt weiter für ausländische Investitionen öffnen.

Unterstützung aus Dubai

Die MENA-Region ist nicht nur in Sachen Risikobewertung sehr heterogen: Während Algerien und Libyen als besonders riskant gelten, steht die Ampel bei Ägypten und Saudi-Arabien immerhin auf Gelb. Auch in Sachen Wirtschaftskraft, Investitionschancen und Marktzugang unterscheiden sich die Länder erheblich. Deshalb unterstützt die LBBW mit ihrer Repräsentanz „Middle East“ aus Dubai heraus deutsche Exporteure seit mehr als zwölf Jahren beim Eintritt in die Märkte der MENA-Region. Dubai gilt als größtes Logistik- und Handelszentrum in der Golfregion und zeichnet sich als besonders dynamischer Wirtschaftsstandort aus. Im Dubai International Financial Centre in Downtown beraten die Experten der LBBW deutsche Mittelständler unter anderem zum Zahlungsverkehr sowie zu Finanzierungslösungen und ECA-gedeckten Käuferkrediten. Sie vermitteln den Kontakt zu lokalen Behörden, Kammern, Verbänden, Anwälten und Banken vor Ort, liefern Informationen über die Marktsituation im Nahen Osten und in Nordafrika und unterstützen bei Investitionsvorhaben – damit die deutsche Wirtschaft die Chancen der Region nutzen kann.

christian.edlinger@lbbw.de

www.lbbw.de

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