Sechs Jahre nach dem letzten Rettungspaket erhielt Pakistan nun erneut einen IWF-Kredit – den 13. in 30 Jahren. Die Bedingungen der IWF-Programme sind hart und unterstreichen, wie schlecht es um die wirtschaftliche und finanzielle Situation steht.

Der IWF hat Pakistan einen Kredit über 6 Mrd USD mit einer Laufzeit von 39 Monaten gewährt. Das Hilfspaket sieht die rasche Auszahlung einer ersten Tranche in Höhe von rund 1 Mrd USD vor. Der IWF-Plan enthält eine ehrgeizige Haushaltskonsolidierung sowie höhere Sozialausgaben, einen flexibleren Wechselkurs und eine Reform des Energiesektors.

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Das Hilfsprogramm war seit Monaten erwartet worden und irgendwann nicht mehr zu vermeiden. Sechs Jahre nach dem letzten Rettungspaket erhielt Pakistan nun erneut einen IWF-Kredit – den 13. in 30 Jahren. Die Bedingungen der IWF-Programme sind hart und unterstreichen, wie schlecht es um die wirtschaftliche und finanzielle Situation steht. In den Monaten zuvor hatten bereits Pakistans Partner Finanzierungen zur Verfügung gestellt. Aus Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten kamen jeweils 5 Mrd USD, von China weitere 2,2 Mrd USD.

Verschlechterung der Wirtschaftslage

Die wesentlichen Wirtschaftsindikatoren fallen noch schlechter aus als zu Zeiten des Vorgängerprogramms 2013. Sie zeigen große interne und externe Ungleichgewichte. Das Zwillingsdefizit ist hoch (im Fiskaljahr 2017/18 betrug das Leistungsbilanzdefizit 6,3% des BIP, das Haushaltsdefizit 6,4% des BIP).

Die Auslandsverschuldung hat in den Jahren 2013–2018 rapide zugenommen (von 116,7% auf 180,0% der Leistungsbilanzeinnahmen). Insbesondere die öffentlichen Schulden gegenüber China, die rund 25% der Gesamtschulden ausmachen, wuchsen kräftig. Dagegen sind die Devisenreserven in den vergangenen beiden Jahren um die Hälfte gefallen.

Notkredite und Abwertung helfen kurzzeitig

Auslandskredite von Pakistans Verbündeten sowie die Abwertung der Pakistanischen Rupie gegenüber dem US-Dollar um rund ein Drittel im Verlauf der vergangenen zwölf Monate haben dem Land Zeit verschafft, konnten die negative Liquiditätsentwicklung jedoch nicht stoppen. Zusätzliche Hilfspakete der Partner, Finanzierungsvereinbarungen mit dem IWF und anderen multilateralen Gebern (z.B. ADB, Weltbank) sowie eine für das vierte Quartal 2019 geplante internationale Anleiheemission sollten die Deckung des Außenfinanzierungsbedarfs auf Jahresfrist sichern.

Auswirkungen des Anpassungsprogramms

Dennoch bleiben die Wirtschaftsaussichten getrübt. Durch den Sparkurs der Regierung dürfte das BIP-Wachstum im Fiskaljahr 2019/20 zunächst auf ein Zehnjahrestief von 2,4% fallen, bevor es sich erholt (mittel- bis langfristig potentiell auf 5%). Der Haushalt von Premierminister Khan für das Fiskaljahr 2019/20 entspricht den IWF-Vorgaben und zielt auf eine Steigerung der sehr schwachen Staatseinnahmen durch einige fiskalische Maßnahmen, einschließlich einer signifikanten Erhöhung der Einkommensteuer. Zudem wurde eine umstrittene deutliche Erhöhung der Preise für Versorgungsleistungen beschlossen.

Infolgedessen und unter Berücksichtigung der Abwertung der Pakistanischen Rupie und gestiegener Ölpreise hat sich die Inflationsrate auf zweistellige Werte erhöht. Daher hält die Staatsbank von Pakistan an ihrer straffen Geldpolitik fest, nachdem sie eine Anhebung des Leitzinses um 100 Basispunkte auf 13,25% bekanntgegeben hat (von 6,50% vor einem Jahr). Für das zweite Halbjahr 2019 ist angesichts des hohen Leistungsbilanzdefizits und der anhaltenden Wachstumsschwäche keine Änderung dieses Marktumfelds zu erkennen.

Sparmaßnahmen dürften auf Widerstand stoßen

Mit Blick auf die bisherigen IWF-Programme des Landes dürfte die größte Schwierigkeit für Pakistan künftig darin liegen, die unbeliebten Sparmaßnahmen konsequent umzusetzen. Im Moment zeigt die Regierung Einsatz für das IWF-Programm, allerdings dürften rasch steigende Lebenshaltungskosten und der Zorn der Bevölkerung über die Unterwerfung unter ausländische Politik in den kommenden Wochen und Monaten massive öffentliche Proteste gegen die Regierung auslösen. Dennoch dürfte Premierminister Khan angesichts der Dringlichkeit der Bewältigung der Wirtschaftskrise und maßgeblicher Unterstützung durch die Armee auf kurze Sicht weiter zu seiner Verpflichtung stehen können. Dies ist auch entscheidend für die finanzielle Tragfähigkeit der Auslandsverschuldung.

Zusätzliche politische Risiken

Weitere Probleme könnten die Regierungsaufgabe auf Jahressicht beeinträchtigen. Pakistan steht möglicherweise vor der Aufnahme in die schwarze Liste der Financial Action Task Force (FATF), einer internationalen Organisation zur Geldwäschebekämpfung, wenn es Geldwäsche und Terrorfinanzierung nicht hinreichend bekämpft. Einige kürzlich erfolgte Anti­terrormaßnahmen Pakistans (z.B. die Festnahme des Kopfs hinter den Anschlägen in Bombay im Jahr 2008), aber auch die Teilnahme an den Friedensverhandlungen in Afghanistan könnten die Aufnahme in die schwarze Liste allerdings noch verhindern. Derzeit steht das Land auf der grauen Liste.

Angesichts dieser Entwicklungen besteht ein hohes Risiko für politische Gewalt, das Credendo mit der Kategorie 6 von 7 bewertet. Die wachsende Bedrohung durch den IS in der unruhigen Provinz Belutschistan könnte einige große Infrastrukturprojekte im Zusammenhang mit der „Belt and Road Initiative“ gefährden. In Kaschmir erhöhen die Spannungen mit Indien das Risiko gewalttätiger Unruhen und Vergeltungsschlägen.

Ausführliche Länderberichte finden Sie auf der Seite www.credendo.com.

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