Nach dem Einbruch der Ölpreise und der Verschlechterung der Handelsbeziehungen mit der EU durchlief die russische Wirtschaft 2015 eine harte Anpassungsphase. Inzwischen ist die konjunkturelle Talsohle erreicht, und die Wachstumsaussichten bessern sich. Das schlägt sich auch in den Auftragsbüchern deutscher Exporteure nieder: Russland steht vor dem Comeback. Nun suchen deutsche Unternehmen neue Ansätze, um die gute Zusammenarbeit mit Russland fortzusetzen.

Von Gunther Schilling, Leitender Redakteur ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA

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Die Landtechnik macht es vor: Während der deutsche Maschinenexport nach Russland im ersten Halbjahr 2016 noch um gut 5% sank, zog der Verkauf von Landmaschinen und Traktoren dorthin bereits wieder an – wenn auch von einem sehr niedrigen Niveau kommend, wie VDMA-Geschäftsführer Dr. Bernd Scherer berichtet. Auch vor Ort können deutsche Hersteller punkten: Im Juni erhielt der Landmaschinenhersteller Claas auf dem Petersburger Wirtschaftsforum die Anerkennung als „russischer Betrieb“. Mit dem Sonderinvestitionsvertrag kommt das Unternehmen in den Genuss beachtlicher Wettbewerbsvorteile, da die Regierung seinen Kunden umfangreiche Zuschüsse und Steuererleichterungen gewährt.

Neue Ansätze gesucht

Lokalisierung ist im Trend. Deutsche Unternehmen vor Ort passen sich den veränderten Rahmenbedingungen an, um ihre Marktposition zu halten. Auch der in Russland stark engagierte Chemiekonzern BASF baut seine Produktion vor Ort aus. Außer in der Öl- und Gassparte ist das Unternehmen unter anderem in der Agrarchemie und der Bauchemie in Russland aktiv. Auf dem Petersburger Wirtschaftsforum Mitte Juni verabredeten Norilsk Nickel und BASF eine langfristige Zusammenarbeit, in Podolsk hat das Unternehmen seine Produktpalette für die Bauindustrie erweitert. 2017 soll in Sankt Petersburg ein weiteres Werk für Bauchemikalien eröffnet werden.

Neue Ansätze im Russland-Geschäft stehen im Mittelpunkt eines Roundtables, den der ExportManager am 19. September 2016 in der Pagode der F.A.Z. durchführt. Dr. agr. Thomas Keller, der für die BASF Strategie und Marktentwicklung unter anderem in Russland koordiniert, spricht mit dem Vorstandsvorsitzenden der VTB Bank (Deutschland), Arthur Illyav, über Marktentwicklung, Restrukturierung und Lokalisierung in Russland. Unter anderem geht es um die Frage, wie deutsche Unternehmen auf das veränderte Marktumfeld reagieren.

Dabei stellen sich rechtliche und steuerliche Fragen, die Marc Batholomy, Partner bei Clifford Chance CIS, und Dr. Jochen Pörtge, Counsel bei Clifford Chance Deutschland, erörtern. Schließlich geben Anna V. Ponomareva, Managing Director Trade and Export Finance der JSC VTB Bank, und Thomas Baum, Head of Division Underwriting von Euler Hermes, einen Überblick über Finanzierungslösungen und Absicherung im Russland-Geschäft.

Exportabsicherung möglich

Vor allem bei der Finanzierung zeigen sich die negativen Auswirkungen der westlichen Sanktionen gegen Russland. Im Zusammenhang mit der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland schränkte die EU am 31. Juli 2014 unter anderem den Zugang russischer Staatsbanken zu den Kapitalmärkten ein.

Doch nicht nur die Verfügbarkeit von Finanzierungslinien aus dem Ausland, sondern vor allem auch der Rückgang der Erlöse aus dem Ölexport und die Abwertung des Rubel ließen die russischen Importe sinken. In der Folgezeit ging der deutsche Handel mit Russland deutlich zurück. Parallel zu den geringeren Exporten verringerten sich auch die Exportdeckungen des Bundes für Russland. Weiterhin bleibt Russland jedoch eines der Länder mit den höchsten von Deutschland übernommenen Deckungen.

Für die russische Wirtschaft sprechen einige positive Weichenstellungen, die ein stärkeres Wachstum der produzierenden Industrie ermöglichen. Nicht allein die Importsubstitution durch die Förderung der Inlandsproduktion, auch die durch die Abwertung des Rubel gestiegene preisliche Wettbewerbsfähigkeit sowie die Ausweitung des Handels mit den Partnern der Eurasischen Wirtschaftszone und China können Impulse geben. Doch die russische Industrie kann derzeit nur in wenigen Bereichen gegen westliche und chinesische Konkurrenz bestehen.

Deutsche Unternehmen sind daher als Modernisierungspartner in Russland hochwillkommen. Auf der Internationalen Wirtschaftskonferenz in Sankt Petersburg schwärmte BASF-Vorstandsmitglied Harald Schwager Mitte Juni von selbstfahrenden Traktoren und satellitengestützter Pestizidverteilung durch eine gemeinsame Digitalisierung der Landwirtschaft.

Weitere Informationen und eine Anmeldemöglichkeit für Unternehmensvertreter zur kostenlosen Teilnahme halten wir unter www.exportmanager-online.de/roundtable bereit.

Kontakt: gunther.schilling@frankfurt-bm.com

 

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