Im Zollstreit haben sich die USA und China kürzlich geeinigt, einen Teil der gegenseitig verhängten Zölle vorübergehend auszusetzen. Eine Einigung zwischen der EU und den USA ist dagegen noch nicht absehbar. Die EU hat erste Gegenmaßnahmen zu den US-Zöllen verabschiedet.

Beitrag in der Gesamtausgabe (PDF)

Ausgangsfall: Unternehmer D in Deutschland importiert regelmäßig Aluminiumprofile mit der Zolltarifnummer 7604 2990 aus den USA, um diese dann weltweit zu verkaufen. Die Güter haben US-Ursprung. Bisher betrug der Zollsatz für diese Güter 7,5%. D fragt sich, ob er wegen der US-Zölle und den von der EU als Reaktion darauf ergriffenen Gegenmaßnahmen mit höheren Abgaben für seine Ware rechnen muss.

Zusatzfrage: Hat D durch Be- oder Verarbeitungen der Ware in verschiedenen Ländern die Möglichkeit, einen anderen Ursprung zu schaffen, um höheren Zöllen für US-Waren zu entgehen?

Überblick über die Maßnahmen und den bisherigen Stand

Derzeit verunsichert die Zollpolitik der USA Unternehmen weltweit (zur Exportpolitik unter Trump vgl. unseren Beitrag in Heft 2/2025). Diese Maßnahmen betreffend Stahl- und Aluminiumprodukte, Autos und Autoteile sowie die reziproken Zölle auf Wareneinfuhren aus allen Ländern stellen Exporteure und Importeure beim Geschäft mit den USA vor Herausforderungen.

Als Reaktion auf diese US-Zölle hat die EU-Kommission Gegenmaßnahmen eingeleitet, v.a. mit der Durchführungsverordnung EU 2025/778. In dieser wird (z.T. in Änderung einer DVO von 2018) festgelegt, dass auf die Einfuhr von Waren mit Ursprung USA in die Union zusätzliche Zölle wie folgt erhoben werden:

– seit dem 15. April 2025 zusätzliche Wertzölle in Höhe von 10% oder 25% auf die in Anhang I aufgeführten Waren
– seit dem 16. Mai 2025 zusätzliche Wertzölle in Höhe von 25% auf die Einfuhren der in Anhang II und Anhang III aufgeführten Waren
– ab dem 1. Dezember 2025 zusätzliche Wertzölle in Höhe von 25% auf die Einfuhren der in Anhang IV aufgeführten Waren

Erwähnt werden sollte an dieser Stelle auch die DVO (EU) 2020/502, die ebenfalls zusätzliche Zölle (20%, 7% bzw. 4,4%) für die Einfuhr bestimmter US-Waren festlegt.

Die EU-Gegenmaßnahmen betreffen eine Vielzahl von Gütern. Die Anhänge der DVO 2025/778 erstrecken sich über mehr als 40 Seiten. Exemplarisch können genannt werden: Waren aus Eisen, Stahl oder Aluminium, bestimmte Messer, Bestecke, Beschläge sowie verschiedene landwirtschaftliche Erzeugnisse oder auch Beförderungsmittel wie etwa Motorräder. Durch Angaben der Zolltarifnummer wird in der Durchführungsverordnung angezeigt, für welche Waren welcher Zusatzzoll anfällt. Die Zusatzzölle sind Abgaben, die neben dem regulären Drittlandszollsatz zu zahlen sind. Durch diese Abgaben erhöhen sich die Kosten für die Einfuhr von betroffenen Waren mit US-Ursprung also erheblich.

Gegenwärtig sind die angesprochenen Gegenmaßnahmen der EU zu den US-Zöllen noch bis zum 14. Juli 2025 ausgesetzt, um Verhandlungen zwischen der EU und den USA zu ermöglichen. Die USA hatten ihre die EU betreffenden länderspezifischen „reziproken Zölle“ bereits zuvor um 90 Tage (bis zum 9. Juli 2025) ausgesetzt. Sollten die Verhandlungen zu keinem befriedigenden Ergebnis führen, ist nicht auszuschließen, dass die beschriebenen EU-Gegenmaßnahmen einsetzen – eventuell auch in angepasster und erweiterter Form.

Nach einer Pressemitteilung vom 8. Mai 2025 hat die EU-Kommission eine öffentliche Konsultation zu einer Liste von Einfuhren aus den USA im Wert von 95 Mrd EUR gestartet, auf die sich die EU-Gegenmaßnahmen beziehen könnten. Nach Abschluss der Konsultation wird die Kommission auf deren Grundlage einen Vorschlag für die Gegenmaßnahmen vorbereiten. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die geplanten Gegenmaßnahmen sehr viel umfassender als die aktuellen sind. Die Liste mit Waren, auf die sich der Vorschlag bezieht, ist über 200 Seiten lang. Zudem erfassen die Vorschläge auch Beschränkungen für die Ausfuhr verschiedener Güter in die USA. In der Pressemitteilung wird zudem angekündigt, dass die EU ein WTO-Verfahren gegen die USA einleiten wird.

Lösung des Ausgangsfalls

Die Zolltarifnummer der Aluminiumprofile, die D aus den USA importiert, ist auf Anhang I der DVO 2025/778 (= neuer Anhang I der DVO von 2018) genannt. Demnach ginge es seit dem 15. April 2025 um zusätzliche Wertzölle in Höhe von 25% – d.h., dass für die von D bezogenen Profile seit diesem Zeitpunkt neben dem regulären Drittlandszoll von 7,5% auch der Zusatzzoll von 25% zu zahlen wäre. Die Anwendung dieses Zusatzzolls wurde jedoch zunächst bis zum 14. Juli 2025 ausgesetzt.

Lösung der Zusatzfrage

Der Zusatzzoll würde nicht anfallen, wenn die von D importierten Aluminiumprofile keinen US-Ursprung hätten. Falls mehr als ein Land an der Herstellung der Waren beteiligt ist, gelten diese als Ursprungsware des Landes, in dem sie der letzten wesentlichen – wirtschaftlich gerechtfertigten – Be- oder Verarbeitung unterzogen wurden, die zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses führt oder die eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt (Art. 60 Abs. 2 UZK). Um dies feststellen zu können, verweist Art. 32 UZK-DA (Unionszollkodex – Delegated Act) zunächst auf Anhang 22-01 des UZK-DA.

Da die Profile der Position 7604 dort nicht genannt werden, geht es darum, ob in einem Land eine wesentliche Be- oder Verarbeitung der Waren stattfindet, die nicht bloß eine Minimalbehandlung ist und die zu einem neuen Erzeugnis führt oder die eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt. Hierfür ist eine vertiefte zollrechtliche Prüfung erforderlich, ob die Bearbeitung in einem Land ausreicht, um einen neuen Ursprung zu begründen, der auch wirtschaftlich gerechtfertigt ist und somit keine Umgehung (Art. 33 UZK-DA) darstellt. In dieser Frage könnte „Musik drin sein“, wenn es darum geht zu beurteilen, wann von einer solchen Umgehung auszugehen ist.

Reaktionsmöglichkeiten für Unternehmen

Sofern der US-Ursprung der Ware (z.B. durch Be- oder Verarbeitung) nicht ausgeschlossen werden kann, wird sich D fragen, ob er etwas tun kann, um die aus den hohen EU-Gegenmaßnahmen für ihn resultierenden Belastungen überschaubar zu halten. Hierfür könnte er u.a. an folgende Punkte denken:

• Überprüfung, ob die Zolleinreihung korrekt ist, weil nur für Güter mit bestimmten Zolltarifnummern solche zusätzlichen US- oder EU-Zölle vorgesehen sind
• Weitergabe der erhöhten Kosten an seine Kunden – Prüfung, ob eine Vertragsanpassung bzgl. des Preises möglich ist oder, falls nicht, ob Chancen bestehen, sich vom Vertrag zu lösen
• Möglichkeiten zur Anpassung oder zur Kündigung von Verträgen mit Lieferanten
• Überprüfung des Zollwerts der Ware, da es bei den Zusatzzöllen um Zölle geht, die sich nach dem Zollwert richten
• evtl. Auswahl besonderer Zollverfahren, wie die aktive Veredelung oder das Zolllagerverfahren, v.a. wenn die Güter wieder ausgeführt werden sollen

Resümee

Die US-Zölle und die entsprechenden Gegenmaßnahmen der EU können zu Hemmnissen bei der EU-Einfuhr von US-Gütern und bei Ausfuhren in die USA führen. Importeure von betroffenen US-Waren werden über Alternativen nachdenken – etwa darüber, ob es möglich ist, durch die Anpassung von Produktionsketten andere Beschaffungswege (ohne Güter mit US-Ursprung) zu erschließen, ob bestehende Verträge mit Kunden sowie Lieferanten angepasst oder gekündigt werden können oder ob sich eine Inanspruchnahme besonderer Zollverfahren lohnt. Jedenfalls sollten bestehende Geschäftsverbindungen zu Lieferanten und Kunden auf das Risiko einer Betroffenheit von EU- und US-Zöllen untersucht werden.

Ansonsten müssen die Ex- und Importeure der EU abwarten, ob es im Zollstreit mit den USA zu einer Einigung kommt. Fällt die vorübergehende Aussetzung der US-Zölle und der Gegenmaßnahmen der EU weg, dürfte das für viele Unternehmen, aber auch für Verbraucher, spürbare Auswirkungen haben. Vor dem Hintergrund der angesprochenen Möglichkeit einer Verschärfung der Beschränkungen seitens der EU gilt dies umso mehr.

Bei EU-Gegenmaßnahmen könnte darüber nachgedacht werden, ob zum Ausgleich dafür, dass die USA bei den Dienstleistungen einen Überschuss in der Leistungsbilanz gegenüber der EU aufweisen, Abgaben (Digitalsteuer) für Erbringer von Kommunikationsdienstleistungen eingeführt werden können. Gut ist, dass die EU ein WTO-Verfahren gegen die USA wegen der hohen US-Zölle einleiten wird; es besteht die Hoffnung, dass dies zu einem Ende des Zollstreits zwischen der EU und den USA führen kann.

Am 28. Mai 2025 hat ein New Yorker Gericht Trump die Befugnis abgesprochen, weitreichende Zölle auf ein Notstandsgesetz zu verhängen; diese Abgaben müssten aufgehoben und dauerhaft untersagt werden. Allerdings hat das Berufungsgericht dieses Urteil vorläufig aufgehoben. Es bleibt abzuwarten, wie der Rechtsstreit endet.

Wegen aktueller Hinweise zum Zollrecht vgl. HIER

info[at]hohmann-rechtsanwaelte.com

www.hohmann-rechtsanwaelte.com

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