In Zentralasien entwickeln sich Usbekistan und Kasachstan vielversprechend. Das liegt an wirtschaftlichen Reformen und der Integration in globale Handelsnetze. Deutsche Exporteure können davon profitieren. Insbesondere in zwei Sektoren ist ihr Know-how gefragt.

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Usbekistan und Kasachstan sind zwei aufstrebende Volkswirtschaften Zentralasiens, die sich durch eine vielversprechende makroökonomische Entwicklung auszeichnen. Reformen in den Bereichen Wirtschaft, Infrastruktur und Handel sorgen für Wirtschaftswachstum. Beide Länder sind dadurch zunehmend in globale Handelsnetze integriert. Aber: Als Handelspartner dominieren derzeit noch China und Russland. Diese hohe Abhängigkeit birgt Risiken, denen beide Staaten gezielt gegensteuern. Das Ziel: die Handelsbeziehungen diversifizieren und multilateral aufstellen. Allen voran Exporteure aus Europa, und hier an erster Stelle Deutschland, sind gern gesehene Geschäftspartner.

Boom in Usbekistan

In den meisten zentralasiatischen Staaten wird die Wirtschaft in den kommenden Jahren voraussichtlich weitgehend stagnieren oder leicht schrumpfen. Ganz anders in Usbekistan: Laut der US-amerikanischen Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) wird das Wirtschaftswachstum hier zwischen 2024 und 2027 jährlich voraussichtlich ca. 5,6% betragen, angetrieben von staatlichen Investitionen und privatem Konsum. Der Energiesektor, der Maschinenbau sowie die Textilindustrie stehen im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Entwicklungen.

Die Importe haben von Januar bis Oktober 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,2% zugenommen. Mit Abstand der größte Anteil der Einfuhren – insgesamt mehr als ein Drittel – machen die Sektoren Maschinenbau und Transport aus. Auch die ausländischen Direktinvestitionen haben in diesem Zeitraum zugelegt: Usbekistan verzeichnete hier ein Plus von 7%. Der größte Treiber war der Energiesektor mit ausländischen Investitionen in Solar- und Windenergieprojekte.

Ausbau bei den erneuerbaren Energien nimmt Tempo auf

In Usbekistan nimmt insb. der Ausbau bei den erneuerbaren Energien weiter Tempo auf. Lag ihr Anteil an der gesamten Stromerzeugung 2023 noch bei nur etwa 10%, sollen 2027 mit den Erneuerbaren mindestens 25% erreicht werden. Für 2030 gibt die Regierung annähernd 40% als Ziel aus, wofür Solar- und Windparks mit einer installierten Leistung von zusätzlich 20 GW ans Netz gehen müssen. Hinzu kommen noch zahlreiche Wasserkraftprojekte.

Die beeindruckenden Wachstumsraten sind kein Zufall. Umfangreiche Wirtschaftsreformen stützen die Entwicklung und machen das Land sowohl für den privaten Sektor als auch für ausländische Investoren attraktiver. Die gegenwärtige Reformagenda soll u.a. weitere staatliche Monopole reduzieren, den Energiemarkt für mehr Wettbewerb öffnen und den Umgang mit staatlichen Unternehmen ändern. So sollen etwa 29.000 staatliche Unternehmen und Einrichtungen entweder privatisiert, umstrukturiert oder aufgelöst werden. Konkret bedeutet das: Für den Ausbau der Versorgungs-, Transport- und sozialen Infrastruktur sowie für Projekte in den Bereichen Wasserwirtschaft, Bewässerung und Abfallwirtschaft setzt die Regierung zunehmend auf öffentlich-private Partnerschaften oder sogar ausschließlich auf private Investitionen – ein Ansatzpunkt für deutsche Exporteure.

Kasachstan: stärkste Volkswirtschaft der Region

Ähnlich gute Wachstumsprognosen sieht man auch in Kasachstan. Das Land ist mit seinen 18 Millionen Einwohnern und einem Bruttoinlandsprodukt von mehr als 200 Mrd USD die stärkste Volkswirtschaft Zentralasiens. Die kasachische Regierung rechnet 2025 mit einem BIP-Wachstum von 5,3%. Kasachstan profitiert von seiner Rohstoffausstattung, v.a. von Öl, Gas und Mineralien. Das Land hat jedoch auch begonnen, seine rohstoffabhängige Wirtschaft zu diversifizieren. Der Fokus liegt dabei auf Infrastrukturprojekten und Technologie, bspw. dem Ausbau sowie der Elektrifizierung des Eisenbahnnetzes. Die geplanten Projektkosten dafür belaufen sich auf 2,9 Mrd USD. Zudem erholt sich Kasachstan vom Frühlingshochwasser 2024 im Norden und Westen des Landes, bei dem über 100.000 Menschen evakuiert werden mussten. Die kasachische Regierung schätzt die nötigen Investitionen u.a. in die Bauwirtschaft auf über 900 Mio USD.

Zwar hat sich das Importwachstum 2024 negativ entwickelt, für 2025 rechnet die kasachische Regierung jedoch mit einem Positivtrend. Für deutsche Exporteure ist das interessant: Die Bundesrepublik ist einer der wichtigsten Handelspartner für Kasachstan. Deutschland befindet sich unter den Top-3-Ländern, aus denen Kasachstan seine Importe bezieht. Die wichtigsten Importgüter sind auch hier Maschinen und Fahrzeuge.

Dekarbonisierung der Wirtschaft

Kasachstan unternimmt genau wie Usbekistan Anstrengungen, um seine Wirtschaft zu dekarbonisieren. In einem umfassenden Energiesektorplan hat die Regierung Initiativen für den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie des nationalen Stromnetzes für die Jahre 2024 bis 2030 vorgestellt. Die Initiativen zeigen Wirkung: Die grüne Stromerzeugung nahm 2024 im Vergleich zum Vorjahr bereits um 10% zu.

Und auch Kasachstan ist daran interessiert, die internationalen Handelsbeziehungen zu vertiefen: Während des kasachisch-deutschen Wirtschaftsforums am 20. Juni 2024 in Astana haben Finanzinstitute und Förderbanken beider Länder Finanzierungsabkommen unterzeichnet, darunter bspw. die kasachische Förderbank Development Bank of Kazakhstan JSC mit der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und weiteren deutschen Finanzinstituten. Die Mittel sollen Investitions-, Infrastruktur- und Industrieprojekte in Kasachstan unterstützen.

Große Investitionen in Infrastrukturprojekte

Das sind gute Nachrichten für Exporteure. Denn für grünes Wachstum sind die beiden Länder auf Technologien aus dem Ausland angewiesen – auch aus Deutschland. Dank des konstanten Wachstums in beiden Ländern und der verbesserten Rahmenbedingungen zur Finanzierung dürfte die Nachfrage nach Investitions- und Konsumgütern insgesamt steigen. Und so schnell auch nicht wieder abreißen: Mit der zunehmenden Diversifizierung sowie dem Ausbau der erneuerbaren Energien stellen sich beide Länder außerordentlich zukunftsfähig auf.

Kasachstan und Usbekistan investieren stark in den Ausbau ihrer Infrastruktur, einschließlich Verkehrsnetze, Wohnbau, Wasseraufbereitung und die Modernisierung von Industrieanlagen. Beide Länder verfolgen ehrgeizige Entwicklungsprogramme, um sich als zentraler Knotenpunkt in der regionalen Infrastrukturstrategie zu positionieren.

Jährlich über 1 Mrd USD in Verkehrsprojekte

In Usbekistan investieren öffentliche und private Investoren jährlich über 1 Mrd USD in Verkehrsprojekte. Schwerpunkte liegen auf der Elektrifizierung und Rehabilitierung von Bahntrassen, dem Kauf von Elektroloks und der Produktion von Güterwagen. Bis 2026 sollen 60% des Bahnnetzes elektrifiziert sein.

Darüber hinaus plant das Land den Bau und Betrieb von Mautautobahnen und setzt verstärkt auf öffentlich-private Partnerschaften. Auch im Luftfahrtsektor hat Usbekistan umfassende Modernisierungspläne. So soll etwa der Flughafen Taschkent zu einem internationalen Drehkreuz ausgebaut und der Flughafen Nawois zum Frachtumschlagplatz entwickelt werden.

Kasachstans Giga-Investitionsprojekt ist die geplante Smart City Alatau. Rund 60 km nördlich von Kasachstans wirtschaftlichem Zentrum Almaty soll eine Bilderbuchstadt entstehen: weniger Autos, mehr Parks, ein gut ausgebautes ÖPNV-Netz und digitale Vernetzung. Ziel: die mit hohem Zuzug überlastete wirtschaftliche Metropole Almaty entlasten. Durch ihre Lage im Talkessel kann diese nicht mehr weiterwachsen. Kasachstan ist dafür auf Expertise und Technologie angewiesen, auch aus dem Ausland. Allein in der ersten Projekthälfte bis 2030 sollen Investitionen in Höhe von umgerechnet 18 Mrd USD in den Bau der Stadt fließen.

Allen voran für mittelständische Unternehmen in den Bereichen Maschinenbau, Bautechnik und Anlagenbau entstehen hier Geschäftschancen. Sie können sich in diesen Projekten als Zulieferer und Technologiepartner positionieren. Gefragt sind innovative Lösungen und technische Expertise.

Von Rohstoffen zu erneuerbarer Energie

Usbekistan und Kasachstan verfügen beide über reichhaltige Vorkommen an fossilen Brennstoffen und Mineralien. Beide Staaten positionieren sich im Hinblick auf die Rohstoffversorgung Europas als Alternative zu Russland. Neben Gas und Öl gibt es zudem Vorkommen von Metallen wie Kupfer, Nickel, Kobalt, Aluminium, Gold und vielem mehr.

Allerdings existieren v.a. vor dem Hintergrund der aktuellen Reformen auch einige Bestrebungen, die eigene Wirtschaft weg von fossilen Brennstoffen und hin zur Dekarbonisierung mit erneuerbaren Energien zu bringen. Deutsche Unternehmen, die auf erneuerbare Energien, Energie-management und Technologie im Bereich Energieeffizienz spezialisiert sind, können von der Dynamik der grünen Energiesektoren profitieren.

Exportfinanzierung als Lösung

Angesichts der vielfältigen Risiken im Außenhandel ist es für exportierende deutsche Unternehmen sinnvoll, eine sorgfältige Risikobewertung vorzunehmen und die Risiken professionell zu managen. Kreditversicherungen wie Finanzkreditdeckungen oder Akkreditiv­absicherungen von Euler Hermes können Exporteure und Banken vor Zahlungsausfällen schützen.

Die LBBW unterhält langjährige Geschäftsbeziehungen zu führenden Banken beider Länder. In Usbekistan hat die Landesbank schon mehr als 60 langfristige Projekte unter Einbindung staatlicher Exportversicherungen realisiert.

Die Modernisierung der Infrastruktur und des Energiesektors in Usbekistan und Kasachstan bietet vielversprechende Geschäftschancen für deutsche Exporteure. Durch gezielte Investitionen und der Nutzung von Finanzierungsmodellen können deutsche Unternehmen von diesen Entwicklungen profitieren und zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region beitragen. Die LBBW ist mit ihrer Repräsentanz in Taschkent seit zehn Jahren vor Ort und berät gern zu Vorhaben in der gesamten Region – jetzt und in Zukunft.

sophia.wienicke@lbbw.de

thomas.oetter@lbbw.de

www.lbbw.de

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