Das nordafrikanische Land bietet aufgrund seiner geografischen Lage und politischen Stabilität großes Potenzial für erneuerbare Energien. Der wachsende Strombedarf und die Nähe zu europäischen und afrikanischen Absatzmärkten machen Marokko zu einem attraktiven Standort für Investitionen in grüne Energie.

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Marokko birgt enormes Potenzial für die Entwicklung erneuerbarer Energien: Das liegt nicht nur an seiner geografischen Lage, Bodenschätzen, qualifizierten Arbeitskräften und der politischen Stabilität. Sondern das liegt auch an im Schnitt 8,8 Sonnenstunden pro Tag (zum Vergleich: 4,6 Stunden pro Tag in Deutschland und 8,2 Stunden pro Tag in Spanien) und einer windigen Atlantikküste. Dank der Modernisierung privater Haushalte sowie durch den Ausbau der Industrie steigt die Binnennachfrage nach Strom kontinuierlich. So lag etwa der Gesamtstromverbrauch 1990 noch bei 8,17 TWh, wovon 2,15 TWh (26,3%) auf Privathaushalte und 4,02 TWh (49,2%) auf die Industrie entfielen. Der Verbrauch steigerte sich bis 2018 um 418% für Privathaushalte und um 201% für die Industrie.

Mehr Energieeffizienz und weniger Verbrauch sind das Ziel

Der Anteil der erneuerbaren Energien an der gesamten Stromerzeugungskapazität soll in Marokko rasant erhöht werden. Im Jahr 2025 sollen 47% aus erneuerbaren Energien gewonnen werden, davon 16% aus Solarenergie. Parallel bemüht sich Marokko um die Erhöhung der Energieeffizienz von öffentlichen Gebäuden, der Industrie und dem Transportsektor, um bis 2030 weitere 15% an Energieverbrauch einzusparen. Zur kontinuierlichen Verbesserung von Effizienz, Nutzung und Verbrauch wurde 2015 zudem die Norm ISO 50001 eingeführt. Hierdurch wird die Zertifizierung zum Aufbau eines Energiemanagementsystems mit spezifischen Anforderungen und Empfehlungen für Organisationen jeder Größe ermöglicht.

Potenziale für „grünen“ Wasserstoff

Die Nähe zu Europa, die Anbindung an das Mittelmeer und den Atlantik sowie die guten innerafrikanischen Beziehungen eröffnen eine Vielzahl von Absatzmärkten für den leitungsgebundenen Export sowie den marinen Export von „grünem“ Wasserstoff und seinen Derivaten wie Ammoniak. Mit der sog. Offre Maroc wurden 2024 Anreize für die Massenproduktion von grünem Wasserstoff und seinen Derivaten gesetzt. Es geht dabei um die gesamte Wertschöpfungskette des Sektors für grünen Wasserstoff, insb. auch um die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien; konkret im Upstream-Bereich um die Elektrolyse sowie im Downstream-Bereich um die Umwandlung von grünem Wasserstoff in Ammoniak, Methanol und synthetische Kraftstoffe. Das Programm bietet keine spezifischen Anreize für den Wasserstoffsektor, sondern verweist auf die Bestimmungen der Investitionscharta (2023) und die allgemeinen Zoll- und Steuervorteile, die durch den Abschluss einer Investitionsvereinbarung mit dem marokkanischen Staat gewährt werden.

Das Projektauswahlverfahren unter dem Dach der Offre Maroc besteht aus vier Phasen: Zu Beginn müssen Investoren bei der Moroccan Agency for Sustainable Energy (MASEN) einen umfassenden Investitionsplan einreichen, der ihre Kompetenzen und den Mehrwert für Marokko darlegt. Nach positiver Prüfung erhalten sie durch einen vorläufigen Landreservierungsvertrag für sechs Monate das exklusive Nutzungsrecht an einem Grundstück für erste Vorstudien. Bei Erfüllung aller Verpflichtungen wird ein Vorstudienvertrag geschlossen, der die Exklusivrechte um 18 Monate für detailliertere Untersuchungen verlängert. Nach erfolgreicher Validierung der erweiterten Studie wird eine Rahmeninvestitionsvereinbarung abgeschlossen, die alle wichtigen Aspekte wie Kosten, Zeitplan, Arbeitsplätze und finanzielle Bedingungen festlegt.

Förderung im Rahmen der Investitionscharta

Der Hauptmechanismus der marokkanischen Investitionscharta bietet finanzielle Unterstützung, die bis zu 30% der förderfähigen Investitionen abdecken kann. Um für diesen Mechanismus infrage zu kommen, müssen Projekte bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Projekte können auf zwei Arten die Förderfähigkeit erreichen. Entweder (sog. Hauptmechanismus) durch die Schaffung von mehr als 150 Arbeitsplätzen in Marokko, unabhängig von der Investitionshöhe, oder durch eine Kombination aus einer Investition von mind. 50 Mio MAD und der Schaffung von mindestens 50 stabilen Arbeitsplätzen.

Die Investitionsprämien sind in verschiedene Kategorien unterteilt, die den spezifischen Charakter und Standort des Projekts berücksichtigen. Gemeinsame Investitionsprämien werden, basierend auf der Anzahl der geschaffenen Dauerarbeitsplätze in Marokko, gewährt. Sie variieren zwischen 5% und 10% der förderfähigen Investition. Darüber hinaus gibt es Bonusprämien, die für verschiedene Faktoren vergeben werden, namentlich Geschlechtergleichstellung (3%), Arbeitsplätze in zukunftsorientierten oder technologischen Sektoren (3%), nachhaltige Entwicklung (3%) und lokale Integration (3%). Um regionale Disparitäten zu verringern und Investitionen in entlegeneren Gebieten Marokkos zu fördern, gibt es eine Territorialprämie. Diese beträgt 10% für Investitionen in Regionen der Kategorie A und 15% für solche in Regionen der Kategorie B.

Projekte in priorisierten Sektoren Marokkos wie Tourismus, Industrie, Digitalisierung, Logistik, erneuerbare Energien und weitere erhalten eine Sektorprämie von bis zu 5% der Investition. Es gibt eine Obergrenze von 30 Mio MAD (~2,7 Mio EUR) für Prämien in erneuerbaren Energien wie Wind-, Solar- oder Wasserkraft.

Marokko will große Projekte

Der Mechanismus für strategische Projekte in Marokko richtet sich an große Investitionen von mindestens 2 Mrd MAD (~180 Mio EUR). Damit ein Projekt als strategisch eingestuft wird, muss es mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllen: Ein förderfähiges Projekt muss zur grundlegenden Versorgung Marokkos (Wasser, Energie, Lebensmittel oder Gesundheit) beitragen, signifikant neue Arbeitsplätze schaffen, die strategische und wirtschaftliche Position des Landes stärken sowie entweder die Entwicklung von Branchen-Ökosystemen vorantreiben oder den technologischen Fortschritt im Land fördern.

Marokko verfolgt ehrgeizige Ziele im Bereich der erneuerbaren Energien und strebt bis 2030 einen Anteil von 52% an, wofür Investitionen von 40 Mrd USD geplant sind. Um dies zu erreichen, bietet das Land ausländischen Investoren umfangreiche Anreize wie Steuererleichterungen, Subventionen und günstige Kredite, gestützt durch das Rahmengesetz n° 99-12. In der Landwirtschaft werden besonders Solarpumpen und die Optimierung der Energieeffizienz gefördert. Der Bausektor, der mit einer Wertschöpfung von 4,71 Mrd EUR einen wichtigen Wirtschaftszweig darstellt, setzt verstärkt auf innovative Technologien im tertiären Gebäudebereich und soll durch gezielte Energieeffizienzprogramme den landesweiten Energieverbrauch bis 2030 um 14% reduzieren. Das würde auch der Wasserknappheit entgegenwirken. Der 2020 vorgestellte „Nationale Wasserplan“ soll die landesweite Wasserversorgung in den kommenden Jahren sicherstellen.

Weitgehend unbeschränkter Zugang für ausländische Investoren

Ausländische Investoren haben im Bereich der erneuerbaren Energien weitgehend freie Hand. Dies gilt zunächst für die Beteiligung an marokkanischen Gesellschaften, welche zu 100% in ausländischer Hand liegen dürfen. Kapital und Dividenden können bei Beachtung der devisenrechtlichen Regulierung unbeschränkt ausgeführt werden. Lediglich der Kauf von marokkanischem Agrarland ist Ausländern verwehrt, was sich jedoch durch langfristige Pachtverträge kompensieren lässt.

Um in Marokko künftig auch Privatinitiativen zu fördern, wurde der Sektor für die Produktion, Vermarktung und den Export geöffnet. Betreiber haben die Möglichkeit erhalten, entweder im Auftrag eines Verbrauchers, der an das nationale Mittelspannungs-, Hochspannungs- und Höchstspannungsnetz angeschlossen ist, oder durch einen Kaufvertrag direkt mit dem Office National de l’Électricité et de l’Eau potable (ONEE) Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu erzeugen und ggf. einzuspeisen.

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