Die makroökonomische Lage des südamerikanischen Landes hat sich seit 2020 deutlich verbessert, v.a. aufgrund höherer Ölpreise. Doch Ecuador steht auch vor großen Herausforderungen, wie einer angespannten Sicherheitslage, niedrigen Devisenreserven und wiederkehrenden Dürren.

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Nach einem Jahrzehnt mit moderaten Leistungsbilanzdefiziten (durchschnittlich 1% des BIP zwischen 2010 und 2020) verzeichnete Ecuador in den vergangenen vier Jahren kleine Leistungsbilanzüberschüsse (durchschnittlich rund 3% des BIP). In der Folge sanken die Auslandsverschuldungs- und die Schuldendienstquote, was die Zahlungsfähigkeit merklich stärkte. Auch die Staatsverschuldung ist zurückgegangen, sie lag Ende 2024 jedoch mit 54% des BIP weiterhin auf einem hohen Niveau, was für ein Land mit geringer Schuldentoleranz zwar handhabbar, aber dennoch hoch ist.

Die wirtschaftlichen Aussichten bleiben insgesamt positiv. Trotz sinkender Ölpreise wird erwartet, dass Ecuador leichte Leistungsbilanzüberschüsse von etwa 3% des BIP halten kann. Die Auslandsverschuldungs- und die Schuldendienstquote werden voraussichtlich unter dem kritischen Niveau von 2020 bleiben, während die öffentliche Schuldenquote allmählich weiter sinkt.

Strukturelle Schwachstellen

Ecuador steht weiterhin vor erheblichen strukturellen Herausforderungen, wie die Rezession in Höhe von 2% im vergangenen Jahr verdeutlicht. Die Regierung hat die Verbesserung der Sicherheitslage zur obersten Priorität erklärt. Das Sicherheitsprogramm von Präsident Daniel Noboa erinnert jedoch stark an das harte Vorgehen gegen die Kriminalität in El Salvador und könnte die ohnehin schon schwache institutionelle Verfasstheit Ecuadors zusätzlich belasten. Zudem führen wiederkehrende Dürren – verstärkt durch den Klimawandel – zu anhaltenden Stromengpässen, da rund drei Viertel des Stroms aus Wasserkraftwerken stammen. Dies hemmt das Wirtschaftswachstum. Hinzu kommt die ausgeprägte Abhängigkeit Ecuadors vom Öl, die die Wirtschaft anfällig für Preisschocks macht. Ein solcher Schock könnte eine Rezession auslösen und die Leistungsbilanzerträge schmälern, was die Zahlungsfähigkeit untergraben würde.

Auch die Devisenreserven bleiben niedrig und deckten im April 2025 lediglich 1,5 Monatsimporte ab. In einer vollständig dollarisierten Wirtschaft könnte dieses Niveau unzureichend sein, um bei externen Schocks den Finanz- oder den öffentlichen Sektor zu stabilisieren, was zu einer Liquiditätskrise führen könnte. Vor diesem Hintergrund ist die laufende Vereinbarung Ecuadors mit dem Internationalen Währungsfonds (2024–2028), zu der sich Ecuador im vergangenen Jahr bekannt hat, entscheidend, um die Rückzahlung der Auslandsschulden sicherzustellen, da das Land nach wie vor keinen Zugang zu den internationalen Finanzmärkten hat.

Wachsender US-Protektionismus als potenzielle Gefahr

Der wachsende Protektionismus in den USA stellt für Ecuador eine potenzielle Gefahr dar. Zum einen stammen rund 15% der Leistungsbilanzerträge aus Transferzahlungen, mehrheitlich aus den USA. Jede wirtschaftliche Abschwächung in den USA oder eine Massenabschiebung könnte diese Einnahmen empfindlich verringern. Zum anderen verzeichnen die USA ein kleines bilaterales Handelsdefizit mit Ecuador. Dadurch ist auch Ecuador bei Donald Trump in den Fokus von Zöllen gerückt. Die aktuell geltenden pauschalen Zölle in Höhe von 15% könnten die Leistungsbilanzerträge merklich beeinträchtigen, da fast ein Fünftel der ecuadorianischen Warenexporte in die USA geht. Öl – fast die Hälfte dieser Exporte – dürfte jedoch ausgenommen sein, was die Auswirkungen der Zölle begrenzt. Besonders betroffen sind dagegen sehr preissensible Güterausfuhren wie Lebensmittelexporte. Eine gewisse Absicherung bieten Noboas persönliche Kontakte zu Trump sowie die laufenden Verhandlungen über ein neues Freihandelsabkommen, was die Handelsrisiken abmildern könnte.

Wiederwahl sorgt für Stabilität

Im April 2025 sicherte sich Amtsinhaber Noboa mit deutlichem Vorsprung die Wiederwahl und damit seine erste volle vierjährige Amtszeit. Wie bereits 2023 setzte er sich gegen Luisa González von der linksgerichteten Partei „Revolución Ciudadana” (RC) durch, die von Ex-Präsident Rafael Correa (2007–2017) geführt wird. Noboa ist damit nach Correa erst der zweite Präsident seit der Einführung der Demokratie im Jahr 1979, der wiedergewählt wurde.

Obwohl die RC mit 67 Sitzen zunächst leicht vor seiner Partei Acción Nacional Democrática (66 Sitze) lag, konnte Noboa anschließend die Position seiner Partei in der Nationalversammlung deutlich ausbauen, indem er eine funktionierende legislative Mehrheit sichern konnte. Dies stärkt die politische und auch fiskalische Stabilität des Landes und verbessert seine Chancen, die politische Agenda effektiver umzusetzen als in seiner ersten Amtszeit, als er lediglich über 10% der Sitze verfügte. Das Wahlergebnis verhindert eine Rückkehr zum staatszentrierten Wirtschaftsmodell der Correa-Ära. Stattdessen setzt Präsident Noboa auf eine vorsichtige Finanzpolitik, eine Stärkung der Dollarisierung, investorenfreundliche Maßnahmen sowie eine konsequente Umsetzung des IWF-Programms. Zwar wurde die Haushaltsdisziplin im Vorfeld der Wahlen etwas gelockert, dennoch bleibt der Kurs makroökonomisch orthodox.

Auf Grundlage der verbesserten Fundamentaldaten und der klaren Ausrichtung hin zu einer orthodoxen Wirtschaftspolitik hat Credendo das Rating für das mittel- und langfristige politische Risiko Ecuadors von Kategorie 6/7 auf 5/7 angehoben.

Hinweis: Ausführliche Länderberichte finden Sie auf der Seite www.credendo.com

j.schnorrenberger[at]credendo.com

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