Am 12. März 2025 traten Zölle in Höhe von 25% auf alle Stahl- und Aluminiumimporte in die USA in Kraft. Zu den wichtigsten Exporteuren von Stahl und Aluminium in die USA gehören Kanada, Mexiko, China, Südkorea, Brasilien und Deutschland. Die Stahlpreise dürften in naher Zukunft niedrig bleiben, v.a. aufgrund des anhaltenden Abschwungs auf dem chinesischen Immobilienmarkt.
Beitrag in der Gesamtausgabe (PDF)
Im Jahr 2018 führte US-Präsident Donald Trump in seiner ersten Amtszeit Zölle in Höhe von 25% auf Stahl- und 10% auf Aluminiumeinfuhren ein und verhandelte anschließend Ausnahmen für bestimmte Länder. Sein Nachfolger Joe Biden behielt diese Zölle nach seinem Amtsantritt 2021 bei, schloss jedoch Vereinbarungen mit der Europäischen Union, Großbritannien und Japan, die es diesen Ländern ermöglichten, bestimmte Mengen Stahl und Aluminium zollfrei in die USA zu exportieren.
Im Februar 2025 kündigte Donald Trump an, dass diese Vereinbarungen aufgehoben würden und ab dem 12. März 2025 ein Zoll von 25% auf alle Stahl- und Aluminiumeinfuhren und Aluminiumeinfuhren erhoben werde. Zu den wichtigsten Stahlexporteuren in die USA gehören Kanada, Mexiko und China, aber auch Südkorea, Brasilien und Deutschland sind betroffen.
Potenzielle Bedrohung für US-Hersteller und Verbraucher
Nach der Ankündigung stiegen die Aktienkurse der großen US-Stahlproduzenten an. Der positive Effekt für die Stahlproduzenten dürfte jedoch durch höhere Preise für Verbraucher und Einkäufer von Industriestahl aufgehoben werden. Zudem könnten die inländischen Produzenten bei verringertem Wettbewerb weniger motiviert sein, ihre Preise zu senken.
Als Nettoimporteur von Stahl sind die USA für etwa 18% ihres Bedarfs auf Einfuhren angewiesen. Obwohl inländische Kapazitäten ausgebaut werden, benötigt das Land weiterhin Importe, um seinen Bedarf zu decken.
Zölle erhöhen Inputkosten für die US-Industrie
Die Einführung von Zöllen auf Zwischenprodukte wie Stahl statt auf Endprodukte wird voraussichtlich die Inputkosten für die US-Industrie erhöhen, u.a. für die Automobilindustrie, die Lebensmittelverarbeitung, das Baugewerbe (Wohnungsbau und Infrastruktur) und möglicherweise auch die Rüstungsindustrie. Im Gegensatz dazu sind diese Industrien in Ländern wie Kanada, Mexiko und Europa nicht mit derartigen Zöllen konfrontiert.
Folglich könnten amerikanische Fertigungsunternehmen aufgrund verteuerter Produktionsfaktoren sowohl im Inland als auch auf den Weltmärkten weniger wettbewerbsfähig werden. Die Zölle dürften sich auch auf die Gewinnmargen kleiner und mittlerer Unternehmen auswirken. Unternehmen werden versuchen, die steigenden Kosten in Form von höheren Preisen an die Verbraucher weiterzugeben. Insgesamt dürfte sich der Inflationsdruck also verstärken – und das zu einem Zeitpunkt, zu dem Märkte und Verbraucher zunehmend sensibel auf Inflationserwartungen reagieren.
2018 führten die Zölle auf Stahl und Aluminium zu Vergeltungsmaßnahmen von Kanada, China, der EU und Mexiko. Diese umfassten Zölle auf US-Agrarlebensmittelexporte wie Spirituosen, Säfte, Butter, Käse und Schweinefleisch und bestraften große Hersteller wie Boeing. Nach der Ankündigung der Zölle schlug Präsident Trump vor, dass nachteilig betroffene Landwirte Unterstützung aus den Zolleinnahmen erhalten könnten.
Hersteller in aller Welt betroffen
Die europäische Stahlindustrie wird von den US-Stahlzöllen erheblich betroffen sein, da die USA das zweitgrößte Zielland für EU-Stahlexporte sind. Schätzungen der Europäischen Kommission zufolge könnten die Einführung der US-Stahl- und Aluminiumzölle bis zu 28 Mrd EUR der EU-Exporte betreffen.
Am 8. Mai 2025 gaben Trump und der britische Premierminister Keir Starmer den Abschluss eines historischen Handelsabkommens bekannt. Im Informationsblatt des Weißen Hauses heißt es, dass die USA die wirtschaftlichen Sicherheitsmaßnahmen Großbritanniens zur Bekämpfung der weltweiten Stahlüberkapazitäten anerkennen und über eine Alternative zu den Zöllen nach Abschnitt 232 für Stahl und Aluminium diskutieren wollen.
Einige Bedingungen dieser Vereinbarung sind noch unklar. Es wird jedoch erwartet, dass die Zölle auf Stahl und Aluminium aus dem Vereinigten Königreich von 25% auf null gesenkt werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Die Basiszölle von 10% auf andere britische Waren bleiben bestehen.
China hat Besorgnis über das Handelsabkommen geäußert und gewarnt, dass es möglicherweise dazu dienen könnte, chinesische Produkte aus den britischen Lieferketten auszuschließen. Ngozi Okonjo-Iweala, Generaldirektorin der Welthandelsorganisation (WTO), betonte zudem, dass bilaterale Zollabkommen zwischen den USA und anderen Ländern das Grundprinzip der Gleichbehandlung im Welthandel untergraben könnten.
Schwieriger Zeitpunkt für südkoreanische Stahlhersteller
Für die südkoreanischen Stahlhersteller kommen die neuen Zölle zu einem schwierigen Zeitpunkt, da sie bereits mit einer schwachen Nachfrage und einem Überangebot aus China zu kämpfen haben. Die Zölle stellen eine zusätzliche Hürde für ihre Erholung dar, zumal sie im Vergleich zu regionalen Wettbewerbern stärker auf dem US-Markt vertreten sind. Hinzu kommt, dass südkoreanische Stahlexporte in Länder wie Mexiko häufig in den USA enden, was bedeutet, dass diese indirekten Exporte ebenfalls betroffen sein werden.
Kanada ist aufgrund seiner geografischen Nähe und seiner soliden Handelsbeziehungen seit Langem ein wichtiger Stahllieferant für die USA, insb. von Flachwalzprodukten. Kanadische Stahlproduzenten haben aufgrund ihrer hochwertigen Produkte und ihrer Kostenvorteile einen Wettbewerbsvorteil. Die Einführung neuer Zölle wird jedoch erhebliche Auswirkungen auf die kanadische Stahlindustrie haben, da fast alle Stahlexporte in die USA gehen.
Kanada und Mexiko auf der Suche nach alternativen Absatzmärkten
Als einer der größten Stahlexporteure in die USA wird auch Mexikos Stahlindustrie von den Zöllen erheblich betroffen sein. Als Reaktion darauf müssen sowohl Kanada als auch Mexiko möglicherweise nach alternativen Märkten für ihre Stahlexporte außerhalb der USA suchen, um die Auswirkungen der Zölle abzumildern. Es ist wichtig zu wissen, dass Stahl- und Aluminiumprodukte, die dem Abkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada (USMCA) entsprechen und in die USA eingeführt werden, von den mit einer „nationalen Notlage“ begründeten Zöllen (National Emergency Tariffs) ausgenommen sind.
In China wird befürchtet, dass die Zölle der neuen US-Regierung negative Auswirkungen auf die chinesische Fertigungsindustrie haben werden, die zuletzt ein wichtiger Motor für die Wirtschaft war. Am 12. Mai 2025 haben die USA und China einen Durchbruch in ihrem seit Jahren schwelenden Handelsstreit erzielt. Im Rahmen dieser Vereinbarung haben die USA beschlossen, die Zölle auf chinesische Waren für einen Zeitraum von 90 Tagen von 145% auf 30% zu senken.
Anhaltende Immobilienkrise in China sorgt für Flachstahlflaute
Aufgrund der anhaltenden Immobilienkrise in China hatten sich die Stahlunternehmen verstärkt auf die Produktion von hochwertigem Flachstahl für die verarbeitende Industrie statt auf die Herstellung von Langstahlprodukten für den Bausektor konzentriert, was zu Überkapazitäten und einem Anstieg der Exporte führte. In diesem Jahr könnte sich der anhaltende Abschwung im Immobiliensektor dank staatlicher Unterstützung stabilisieren, wobei die potenziellen Auswirkungen ausländischer Politik einen deutlichen Anstieg der Stahlpreise deckeln dürften.
Die US-Zölle könnten einen weltweiten Dominoeffekt auslösen, da Länder wie China voraussichtlich mit Vergeltungsmaßnahmen reagieren und ihre Exporte auf andere Märkte umleiten. Dies könnte zu einem verstärkten Wettbewerb, Druck auf die Stahlpreise und Handelsspannungen in anderen Regionen führen und die Bilanzen der Stahlproduzenten trüben. Die Unberechenbarkeit der Trump-Administration und der anhaltende Handelskonflikt dürften sich somit negativ auf die Weltwirtschaft und damit auch auf die Nachfrage nach Stahl auswirken.
Schlussfolgerung
Die Stahlpreise werden in naher Zukunft weiter niedrig bleiben, v.a. aufgrund des anhaltenden Abschwungs auf dem chinesischen Immobilienmarkt. Die Handelsbarrieren und politischen Maßnahmen der Trump-Administration belasten die globalen Aussichten des Sektors zusätzlich. Die verhängten Zölle könnten zu einer erheblichen Umstrukturierung der Lieferketten auf dem Stahlmarkt führen und den Druck auf einen Markt erhöhen, der bereits durch ein Überangebot gekennzeichnet ist. Andere Länder könnten im Gegenzug ebenfalls Handelsbarrieren errichten, um ihre Industrien zu schützen, was das Überangebot und den Preisdruck weiter erhöhen würde.
Sollte sich die chinesische Wirtschaft weiter abschwächen, dürften die Stahlpreise noch stärker sinken. Eine gewisse Erholung des chinesischen Immobiliensektors würde hingegen die Nachfrage ankurbeln und einen Anstieg der Stahlpreise begünstigen. Von diesen Schlüsselfaktoren hängt die Zukunft des Stahlmarktes ab.
Hinweis: Dieser Artikel wurde zuletzt am 19. Mai 2025 aktualisiert. Ausführliche Länderberichte finden Sie auf der Seite
www.credendo.com
j.schnorrenberger[at]credendo.com