Die Blütezeit des Welthandels scheint erst einmal vorbei zu sein. Von der Entscheidung der USA, das transpazifische Handels­abkommen TPP aufzukündigen, bis hin zu den aktuellen Verhandlungen über die künftigen Beziehungen Großbritanniens zur EU – der Handel ist derzeit ein zentrales Thema, an dem sich die Geister scheiden. Doch die positiven Beispiele steigenden Wohlstands durch intensiveren Warenaustausch bleiben ein wichtiges Argument für freien Handel.

Von Alexander Mutter, Head of Global Trade & Receivable Finance, HSBC Deutschland

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Auf den ersten Blick ist im Außenhandel die Welt in Ordnung. Nach dem großen Schock der Finanzkrise verzeichnen die weltweiten Schifffahrtsrouten wieder ein kontinuierlich steigendes Containeraufkommen. Allerdings sinkt der Wert der transportierten Güter infolge der anfälligen Rohstoffpreise. Und: Das Handelsvolumen wächst nicht mehr schneller als das BIP – so wie es vor der Krise der Fall war. Letzteres liegt auch an den sich aufbauenden wirtschaftlichen und politischen Hürden, die die Entwicklung bremsen.

Protektionismus führt nicht zu mehr Gleichheit und Wohlstand

Gegner des freien Handels argumentieren, dass der Welthandel durch globale Eliten gesteuert wird und damit nationale Interessen außer Acht gelassen werden. Somit sei er die Ursache der wachsenden Ungleichheit. Als Verfechter des freien Handels halte ich diese Darstellung selbstverständlich für grundlegend falsch. Dennoch müssen wir uns diesen – manchmal auch unterschwelligen – Vorwürfen stellen, um den freien Handel zu verteidigen. Schließlich gilt der Handel als Quelle für Frieden und weltweit zunehmenden Wohlstand. Deshalb müssen wir politische Entscheidungsträger davon überzeugen, dass Protektionismus eine Sackgasse ist.

Meines Erachtens sind folgende drei Argumente hierfür besonders geeignet:

Zuallererst müssen wir klarstellen, dass die Menschen freiwillig in Handelsbeziehungen eingetreten sind und dass sie Handel aus eigenem Interesse heraus betreiben. Der Handel ist von wesentlicher Bedeutung für den Wohlstand, die Stabilität und die Sicherheit. Nach Angaben der OECD verdienen Produktionsarbeiter in Ländern, die relativ offen für den Handel sind, drei- bis neunmal mehr als ihre Kollegen in abgeschotteten Volkswirtschaften. Vor einem halben Jahrhundert war Südostasien eine zerrissene Region. In diesem Jahr nun feiert die Vereinigung südostasiatischer Staaten (ASEAN) ihr 50-jähriges Bestehen. Durch Kooperation und Handel haben die Mitgliedstaaten gemeinsam den siebtgrößten Wirtschaftsraum der Welt geschaffen. ASEAN dürfte bis zum Jahr 2030 bereits an dritter Stelle rangieren. Eine Erfolgsgeschichte!

Beteiligung an den Vorteilen des freien Handels erhöht Akzeptanz

Zweitens müssen wir anerkennen, dass die Vorteile des Handels in unterschiedlichen Volkswirtschaften in der Vergangenheit nicht immer gerecht verteilt worden sind. Unternehmen müssen auch hier eine stärkere Verantwortung für Menschen übernehmen, die Vermögensverteilung unterstützen und schwächere Marktteilnehmer schützen. Gerade hinsichtlich der weiteren technischen Entwicklung und der zunehmenden industriellen Automatisierung ist dies wichtig. Steuern zu zahlen allein ist nicht genug; die Unternehmen müssen mit den Regierungen zusammenarbeiten, um Bildungs- und Arbeitsmärkte zu entwickeln, die den Arbeitern die Fähigkeit und den Schutz bieten, den sie benötigen – damit sie auch in Zukunft erfolgreich tätig sein können.

Einfache und faire Rahmenbedingungen erleichtern den Handel

Drittens muss sichergestellt werden, dass die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um den Handelszugang optimal zu gestalten. Wir benötigen vereinfachte und harmonisierte Verfahren, Standards und Abkommen, damit wir Unternehmen die grenzüberschreitende Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit erleichtern. Das bedeutet auch, sicherzustellen, dass die Kapitalmarktregulierung Handelsfinanzierungen unterstützt, indem sie ihnen ein niedriges Risikoprofil bescheinigt. So wären Finanzinstitute in der Lage den Nachfrageüberhang bei Handelsfinanzierungen, der auf 1,7 Mrd USD beziffert wird, adäquater zu stillen.

Der Handel ist kein Wundermittel gegen die Probleme der Welt, aber seine Möglichkeiten, Wohlstand zu schaffen, sind enorm. Von Asien geleitete Initiativen – zum Beispiel Chinas „neue Seidenstraße“, die „One Belt, one Road“-Initiative, durch die sich die Zeit für den Schienentransport von Gütern zwischen Großbritannien und China halbiert hat – schaffen eine besser integrierte Weltwirtschaft. Erfolgreiche Beispiele wie diese sind ein wesentlicher Grund, warum ich optimistisch in die Zukunft blicke.

Nur indem wir das Vertrauen in den Handel wiederherstellen und ein besseres und gerechteres System schaffen, können wir von diesen Entwicklungen profitieren und die sich bietenden Gelegenheiten nutzen. Wir haben heute die Chance, eine neue Ära für den Handel einzuleiten – in der negative Auffassungen zerstreut, Gewinne gerechter verteilt werden und der Handelszugang in einer bisher einmaligen Größenordnung erleichtert wird. Mit tatkräftigen Argumenten können wir die Legitimität des Handels als Motor menschlichen Fortschritts erfolgreich verteidigen und gemeinsam ein Plädoyer für den Außenhandel halten.

info-gtrf@hsbc.de

 

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