Nachdem die Wirtschaftsdynamik im Jahr 2023 deutlich geringer ausfiel als im Rekordjahr 2022, zieht die malaysische Wirtschaft wieder etwas stärker an. Eine stabile Geldpolitik und steigende Tourismus-einnahmen tragen dazu bei. Während das Land von den Spannungen zwischen China und den USA profitiert, bleibt das Verhältnis zur Europäischen Union schwierig.

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Nachdem sich das Wirtschaftswachstum im Jahr 2023 auf 3,7% gegenüber dem Vorjahr verlangsamt hatte, zog die malaysische Wirtschaft Anfang dieses Jahres wieder etwas stärker an. Coface erwartet daher ein Wirtschaftswachstum von 4,3% zum Vorjahr, was jedoch weiterhin unterhalb der durchschnittlichen Konjunkturdynamik des Vor-Pandemie-Niveaus von um die 5% liegt. Vor allem der private Konsum (58% des BIP) bleibt eine robuste Wachstumsstütze – flankiert von einer stabilen, niedrigen Arbeitslosenquote von 3,3% zwischen November 2023 und Mai 2024. Hinzu kommen staatliche Maßnahmen, die die Auswirkungen der erhöhten Inflation auf Verbraucher mit niedrigem und mittlerem Einkommen ausgleichen. Nach einer Jahresinflation von 2,5% 2023 prognostiziert Coface eine Inflationsrate von 2,8% für das Jahr 2024.

Keine weiteren Zinsanhebungen zu erwarten

Die privaten Haushalte profitieren zudem von einer stabilen Geldpolitik. Experten erwarten, dass die Bank Negara Malaysia (BNM) keine weiteren Zinsanhebungen durchführt und ihren Leitzins bei 3% hält – ein Niveau, das nahe am Vor-Pandemie-Durchschnitt von 2015 bis 2019 liegt. Gegen weitere Zinsanhebungen spricht, dass die exportabhängige malaysische Wirtschaft immer noch mit einer fragilen ausländischen Nachfrage konfrontiert ist. Zinsanhebungen würden die heimische Währung Ringgit weiter aufwerten lassen und damit malaysische Produkte für das Ausland verteuern. Hinzu kommt, dass die Lockerung der Geldpolitik in den wichtigsten fortgeschrittenen Volkswirtschaften die Wechselkurse bereits in diese Richtung gedrückt hat.

Die anziehende Inflation wiederum könnte die BNM daran hindern, ihren Leitzins ebenfalls zu senken. Stabiler privater Konsum, der geplante Übergang von pauschalen zu zielgerichteteren staatlichen Subventionen (insb. bei Kraftstoffen) sowie die Erhöhung des Dienstleistungssteuersatzes von 6% auf 8% seit März 2024 sollten die Inflation antreiben. Das Ausmaß des Preisanstiegs ist angesichts der Unsicherheiten rund um diese fiskalischen Maßnahmen, allen voran der zielgerichteten Kraftstoffsubventionen, jedoch schwer abzuschätzen. Gleichzeitig dürfte auch das private Investitionsniveau robust bleiben, wie der Anstieg der genehmigten Investitionen im privaten Sektor im Jahr 2023 nahelegt (+23% gegenüber 2022).

Außenhandel leidet unter Chinas schwachem Wirtschaftswachstum

Die Warenexporte, die 2023 um 8% zurückgingen, könnten in diesem Jahr von einer Erholung des Technologiesektors profitieren. Auf ihn entfallen 40% aller Ausfuhren. Der Außenhandel dürfte jedoch weiterhin unter dem behäbigen Wirtschaftswachstum in China leiden, das mit einem Anteil von 14% nach Singapur die zweitwichtigste Exportdestination Malaysias ist. Die Dienstleistungsexporte, zu denen auch der Tourismus zählt, dürften sich dank der anhaltend steigenden ausländischen Besucherzahlen besser entwickeln als die Warenexporte.

Malaysia bietet seit Ende 2023 die visafreie Einreise für verschiedene Nationalitäten an, u.a. für Gäste aus China und Indien. Chinesische Staatsbürger machten vor Corona immerhin rund 12% der internationalen Touristen in Malaysia aus – die drittgrößte Gruppe nach Besuchern aus Singapur und Indonesien. Besucher aus ASEAN-Ländern brauchen kein Touristenvisum. Neben dem Tourismus dürften staatliche Investitionen die Wirtschaftstätigkeit weiter stützen. So profitiert bspw. der Transportsektor davon, dass die Ausgaben für die Verkehrsinfrastruktur, einschließlich des laufenden Baus des „Pan Borneo Highway“ und der Eisenbahnlinie „East Coast Rail Link“, steigen.

Konsolidierung der Fiskalpolitik

Die 2023 begonnene fiskalische Konsolidierung wird sich 2024 fortsetzen. In ihrem Haushaltsplan erwartet die Regierung, dass sich das Haushaltsdefizit verringert. Trotz eines schnelleren Wirtschaftswachstums, Steuererhöhungen (u.a. auf zuckerhaltige Getränke) sowie der Einführung neuer Steuern, einschließlich solcher auf Luxusgüter und Kapitalgewinne, werden die staatlichen Einnahmen nur geringfügig ansteigen. Ein Grund hierfür sind niedrigere Dividendenerträge des nationalen Erdölunternehmens Petronas, die das Gesamtergebnis drücken.

Gleichzeitig werden marginale Kürzungen der öffentlichen Ausgaben von 0,8% im Vergleich zu 2023 erwartet. So verringern sich die Subventionsausgaben aufgrund der Umstellung von pauschalen auf nun zielgerichtete Subventionen. Zudem fallen in diesem Jahr keine höheren Rückzahlungen durch Schuldverpflichtungen im Zusammenhang mit dem Staatsfonds „1Malaysia Development Berhad“ (1MDB) an.

Private Verschuldung mit Grund zur Sorge

Die fiskalische Konsolidierung dürfte die öffentliche Schuldenlast stabilisieren (Coface-Prognose für 2024: 66% des BIP). Sie ist mit 97% fast ausschließlich in lokaler Währung und langfristiger Natur. Mehr Grund zur Sorge bereitet dagegen die private Verschuldung von 131% am BIP im Jahr 2022. Sie umfasst die Verschuldung von Unternehmen wie auch der privaten Haushalte. Dennoch scheinen die Risiken im Bankensektor begrenzt zu sein. Die Kreditinstitute des Landes weisen ausreichende Liquiditätspuffer und Kapitalisierungsraten auf, um vor ausfallenden Krediten geschützt zu sein. Zudem sank der Anteil der Haushaltskredite mit verschlechtertem Kreditrisiko von 6,7% im Dezember 2022 auf 4,6% im Juni 2023.

Nach einem Allzeithoch im Jahr 2022 verringerte sich der Leistungsbilanzüberschuss 2023 aufgrund eines reduzierten Warenbilanzüberschusses. Malaysias Überschuss in der Leistungsbilanz wird 2024 voraussichtlich nur leicht zulegen. Die Warenbilanz dürfte sich mit der Erholung der Güterexporte – wenn auch in begrenztem Maße – verbessern.

Steigendes Handelsdefizit im Dienstleistungssektor

Doch trotz einer höheren Anzahl ausländischer Besucher, die 2023 zu einem Überschuss in der Reiseverkehrsbilanz (0,9% des BIP) führten, könnte das Gesamthandelsdefizit im Dienstleistungsbereich steigen. So werden hohe Touristeneinnahmen durch höhere Transportkosten, u.a. aufgrund der gestiegenen Seefrachtkosten, mehr als ausgeglichen.

Darüber hinaus wird ein größeres Defizit in der Bilanz der Primäreinkommen (Einkommen aus Arbeit und internationalen Investitionen) durch Gewinnrückführungen ausländischer Investitionszuflüsse auch künftig den Leistungsbilanzüberschuss belasten. Dieser wird zusammen mit ausländischen Direktinvestitionen zu weiter steigenden internationalen Reserven führen. Aktuell decken diese rund fünf Monate an Importen ab. Obwohl die Auslandsschuld, die überwiegend privat ist, von einem bereits hohen Niveau von 63,9% des BIP im Jahr 2022 auf 68,2% 2023 gestiegen ist, bleibt sie aufgrund ihrer überwiegenden Denominierung in malaysischen Ringgit weiter beherrschbar.

Abkühlende Beziehung zur Europäischen Union

Auf außenpolitischer Ebene vertritt Malaysia – angesichts der Bedeutung beider Länder für seine eigene Wirtschaft – im Konflikt zwischen China und den USA eine neutrale Position. Malaysia gehört zu den Ländern, die von den Spannungen profitieren, da man v.a. im Technologiesektor Investitionen aus China und dem Westen anzieht.

Unterdessen haben sich die Beziehungen zur Europäischen Union weiter abgekühlt, seit 2023 die EU-Verordnung zur Bekämpfung von Entwaldung und Waldschädigung eingeführt wurde. Sie zielt darauf ab, Lieferketten frei von Entwaldung zu machen und keine Waren einzuführen, die aus Abholzung stammen. Diese Regelung betrachtet Malaysia als diskriminierend, da sie die Ausfuhren von Palmöl bedroht – dem wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnis Malaysias, für das die EU der zweitwichtigste Exportmarkt ist. Bereits 2021 reichte Malaysia bei der Welthandelsorganisation WTO eine Beschwerde gegen die EU wegen verschiedener Maßnahmen im Zusammenhang mit Palmöl und palmölbasierten Biokraftstoffen ein. Während das internationale Handelsgremium Fehler in den EU-Regularien feststellte, unterstützte es dennoch die Entscheidung der EU, aufgrund von Emissionsrisiken Vorschriften gegen die Verwendung von Palmöl als Biokraftstoff zu erlassen.

Da mehr als 60% seiner Bevölkerung Muslime sind, unterhält Malaysia keine diplomatischen Beziehungen zu Israel und befürwortet eine Zweistaatenlösung im israelisch-palästinensischen Konflikt. Als Reaktion auf den Krieg in Gaza kündigte Malaysia im Dezember 2023 an, dass Frachtschiffe unter israelischer Flagge nicht mehr in seinen Häfen anlegen dürfen.

Stark zersplittertes Parlament

Nach den Wahlen 2022, die zu einem stark zersplitterten Parlament führten, einigten sich die beiden Wahlbündnisse Pakatan Harapan (PH; „Allianz der Hoffnung“) und Barisan Nasional (BN; „Nationale Front“) auf Drängen des vorherigen Königs darauf, eine Regierung zu bilden. Der Anführer der PH und langjährige Oppositionsführer, Anwar Ibrahim, wurde dabei zum Premierminister ernannt. Diese Allianz ermöglichte es ihm, die Hälfte der Sitze im Unterhaus des Parlaments (111 von 222) zu sichern. Andere kleinere Wahlbündnisse und Parteien traten der Koalition später bei, sodass die Regierung die Anzahl der Sitze auf 153 ausbauen konnte. Dadurch war es Anwar möglich, im Dezember 2022 erfolgreich die Vertrauensfrage zu stellen und damit seine Unterstützung im Parlament gegenüber der Opposition zu verdeutlichen.

Die Opposition besteht aus der islamischen Partei PAS und einigen Mitgliedern der nationalistischen Partei BERSATU, bleibt aber mit 68 Sitzen relativ klein.

Mehr Gefahr für Premierminister Anwar kommt aus der Innenpolitik. So wurde sein Engagement im Kampf gegen Korruption nach zwei gerichtlichen Verfahren infrage gestellt. Diese beziehen sich auf Korruptionsverurteilungen von zwei prominenten Mitgliedern der UMNO, der Hauptpartei der BN-Koalition, mit der Anwar regiert. So wurde die Gefängnisstrafe des ehemaligen Premierministers Najib Razak (verurteilt im Rahmen des 1MDB-Skandals) halbiert, während das Oberste Gericht im September 2023 eine „Freilassung ohne Freispruch“ für den ehemaligen stellvertretenden Premier Ahmad Zahid Hamidi erließ. Ein Jahr nach seinem Amtsantritt sank Anwars Zustimmungsrate im November 2023 auf 50% – von 68% im Dezember des Vorjahres.

Coface-Studie zur Zahlungsmoral in Asien-Pazifik

Der „Asia Corporate Payment Survey“ gibt Einblicke in die Entwicklung des Zahlungsverhaltens und die Praktiken des Forderungsmanagements von rund 2.400 Unternehmen in der Asien-Pazifik-Region. Die befragten Unternehmen sind in neun Märkten (Australien, China, Hongkong, Indien, Japan, Malaysia, Singapur, Taiwan und Thailand) und 13 Branchen tätig. Die gesamte Studie gibt es HIER zum Download. Coface

eve.barre[at]coface.com

www.coface.de

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