Akkreditivfinanzierungen haben in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Dabei sind häufig kreative Lösungen erforderlich, um alle Parteien zufriedenzustellen.

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Das Dokumentenakkreditiv dient im Trade-Finance-Geschäft seit vielen Jahrzehnten in erster Linie dem Exporteur dazu, die Zahlung nach erfolgtem Vertragsabschluss abzusichern. Aber auch dem Importeur verschafft dieses Akkreditiv Sicherheit, da seine Zahlungspflicht erst durch den Nachweis der erfolgten Lieferung eintritt.

Während der Exporteur unter einem klassischen Sicht-Akkreditiv die Zahlung sofort nach der Vorlage der akkreditivkonformen Verschiffungsdokumente erhält, kann er in der Nachsicht-Variante für den Importeur ein Zahlungsziel einräumen (üblicherweise 90, 180 oder 360 Tage nach Verschiffung). Die verschobene Zahlung spielt oft eine wichtige Rolle für das Zustandekommen der Verträge und stellt einen sehr wichtigen Wettbewerbsfaktor für den Exporteur dar. Der Käufer kann sich ggf. für die Ware eines anderen Mitbewerbers entscheiden, falls dieser ihm eine bessere Finanzierungsoption gewährt (vgl. Kasten, Seite 12).

Infolgedessen haben sich inzwischen kombinierte Varianten zur Finanzierung des Importeurs etabliert. Bei den sogenannten Discounted-Deferred-Payment-Akkreditiven (Nachsicht-Akkreditive mit einer vorzeitigen Auszahlung) erhält der Exporteur die Zahlung wie bei einem Sicht-Akkreditiv, also unmittelbar nach erfolgter Lieferung bei Dokumentenvorlage von der bestätigenden Bank. Die Rückzahlung an diese Bank erfolgt üblicherweise mit variabler Verzinsung auf Basis zuvor im Akkreditiv festgelegter Modalitäten (Referenzzinssatz, Zinsmarge, Rückzahlungszeitpunkt, evtl. Ratenzahlung). Damit ist diese Variante für den Exporteur quasi ein Sicht-, für den Importeur jedoch ein Nachsicht-Akkreditiv.

Kreativität in der Lösungsfindung

Was aber, wenn die Bedürfnisse der Parteien außerhalb dieser standardisierten Klärungsbedarfe liegen, die das Dokumentengeschäft löst? In einem aktuellen Fall stellte sich für die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) folgende Herausforderung dar:

Der Importeur hatte den Bedarf nach einer mehrjährigen Finanzierung mit fixem Rückzahlungstermin und festem Zinsbetrag. Er wünschte sich eine Gesamttilgung und Gesamtzinszahlung in einer Summe am Fälligkeitstag. Der Exporteur hingegen strebte nach variablen Lieferzeiträumen für die geplanten Teillieferungen mit sofortigem Teilzahlungserhalt ohne weitere Verpflichtungen.

Die besondere Herausforderung lag also darin, eine attraktive Finanzierungsstruktur zu gestalten, die die auf den ersten Blick konträr erscheinenden Bedarfe vereint, gleichzeitig aber auch den Struktur-, Ertrags- und Risikoanforderungen der Helaba entspricht. In intensiven Dialogen mit allen Beteiligten wurde mit hoher Kreativität die Finanzierungskonstruktion basierend auf den Anforderungen beider Vertragsparteien vielfach angepasst, bis schließlich der Durchbruch gelang.

In der finalen Ausgestaltung des Akkreditivs konnte dem Importeur zum vereinbarten Zahlungstermin ein endfälliger, fester Betrag als Kalkulationssicherheit angeboten werden. Der Exporteur konnte hingegen variabel in der Lieferung und variabel in der Ausnutzung seiner Ziehungen bei Teillieferung gestellt werden. „Eine außergewöhnliche, innovative und immer angepasste Lösung passend zum Verhandlungsstand“, kommentierte der Exporteuer den Verlauf der Verhandlungen.

Reinhard Wüst, Abteilungsleiter Vertrieb Süd für Sparkassen und Mittelstand, bei der Helaba resümierte: „Interessanterweise haben wir dabei festgestellt, dass Lösungen durchaus in der kreativen Kombination bestehender Produkte liegen, statt in der zeit- und kostenaufwendigen Entwicklung von komplexen, modernen Schöpfungen.“

iuri.petraroia@helaba.de

www.helaba.de

Günstige Konditionen als Anreiz für den Importeur

In bestimmten Märkten wie bspw. in der Türkei, Russland und Bangladesch werden Akkreditive für langlebige Güter überwiegend in Kombination mit einer Finanzierung eröffnet. Der Importeur kommt dabei – aufgrund geringerer Ausfallrisiken im Akkreditivgeschäft und höherer lokaler Marktpreisen für Betriebsmittelkredite – in den Genuss von sehr günstigen Konditionen. In Ländern wie Bangladesch tritt der Faktor Devisenknappheit hinzu. Mit einer Akkreditivfinanzierung verschafft sich der Importeur Zeit, um mit den erworbenen Gütern Exporterlöse zu generieren, aus denen die Rückzahlung gespeist wird.

 

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