Geld schießt keine Tore. Trotzdem kann Qatar vor allem dank seines milliardenschweren Staatsfonds entspannt auf die Fußballweltmeisterschaft 2022 blicken. Die Blockade seiner Nachbarn hat das Emirat gut überstanden.

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Der Machtwechsel in Washington hat auch offenbar die Annäherung der Golfstaaten beflügelt. Kuwait und die USA konnten Qatar und Saudi-Arabien zu einer Vereinbarung bewegen, die das dreieinhalb Jahre währende Zerwürfnis zwischen beiden Ländern beenden dürfte. Am Vorabend des Treffens des Golfkooperationsrats gipfelte die Annäherung in einer Umarmung zwischen dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman und dem Emir von Qatar, Scheich Tamim bin Hamad al-Thani. Es ist zu erwarten, dass sich auch die drei anderen am Boykott beteiligten Staaten anschließen.

Hintergrund der Blockade

Mitte 2017 brachen Saudi-Arabien, die VAE, Bahrain und Ägypten ihre diplomatischen Beziehungen zu Qatar ab und blockierten sämtliche Land-, See- und Luftverbindungen mit dem Emirat. Sie bezichtigten Qatar der Terrorismusfinanzierung und der Gefährdung der Sicherheit in den Nachbarländern. Hauptauslöser war die unabhängige Außenpolitik Qatars, die sich in der Unterstützung von Hamas, Hisbollah und der Muslimbruderschaft sowie in freundschaftlichen Beziehungen zum Iran äußerte. Die jetzige Wiederherstellung der saudisch-qatarischen Beziehungen geht indes ohne nennenswerte Änderungen dieser Außenpolitik einher.

Robuste Wirtschaft

Grundsätzlich hat die qatarische Wirtschaft, in erster Linie dank umfangreicher Hilfsmaßnahmen der Regierung, den Boykott gut überstanden. So hat die Regierung etwa Schritte zur Unterstützung des lokalen Bankensektors unternommen, der sich mit Abhebungen durch Einleger aus den Blockadestaaten konfrontiert sah. Weitere Maßnahmen wurden zugunsten der qatarischen Fluggesellschaft getroffen, deren Kosten aufgrund der Schließung des Luftraums der Blockadestaaten angestiegen waren. Der Boykott beeinflusste insbesondere das Geschäftsrisiko und zeigte zu Beginn der Blockade die stärksten Auswirkungen. So ging das reale BIP 2017 um 1,5% zurück und blieb in den Folgejahren gedämpft.

Aktuelle Krise belastet

Diese Konsequenzen bleiben jedoch weit hinter den Folgen der Covid-19-Krise und Nach der Blockade dürften sich die Märkte in Doha wieder füllen. dem daraus resultierenden Ölpreisverfall, der 2020 zu einem BIP-Rückgang von 4,5% führte, zurück. Die Bewertung des mittel- bis langfristigen politischen Risikos wurde jedoch auch vom Anstieg der Auslandskredite beeinflusst (2019 schwoll die Auslandsverschuldung gegenüber dem BIP auf über 125% an).

Günstiger Ausblick

Das Ende der Blockade wird erhebliche positive Auswirkungen auf die längerfristigen Entwicklungspläne Qatars haben, da das Land in den Jahren vor und während des Boykotts hohe Investitionen in einige von der Blockade schwer beeinträchtigte Sektoren getätigt hat. Dies betraf zum einen den Bankensektor, der in der Region expandiert hatte und plötzlich von seinen Kunden abgeschnitten war. Zum anderen hat das Emirat seine Häfen und Flughäfen ausgebaut, um das Land zu einem regionalen Drehkreuz zu entwickeln. Durch die Blockade der vier Staaten, die qatarischen Schiffen das Anlegen in ihren Häfen verwehrt und ihren Luftraum für die qatarische Fluggesellschaft gesperrt hatten, kam es zu erheblichen Mehrkosten bei gleichzeitig erheblichen Mindereinnahmen. Hinzu kommt, dass auch sämtliche Sektoren mit Importabhängigkeit, wie etwa die Bau- und die Lebensmittelbranche, mit Mehrkosten zu kämpfen haben. Nach der Aufhebung des Boykotts ist mit einer allmählichen Normalisierung zu rechnen, die die Wirtschaft positiv beeinflussen wird.

Absatzmöglichkeiten für deutsche Exporteure

Die Annäherung zwischen Qatar und Saudi-Arabien wird auch einen Rückgang regionaler Spannungen bewirken. Doch die grundlegenden Differenzen zwischen den Ländern dürften bestehen bleiben, da Qatar seinen eigenständigen Weg fortsetzt. Der weltweit größte Exporteur von Flüssiggas verfügt über umfangreiche Finanzmittel und diversifizierte während der Blockade seine Wirtschaft und seine Lieferanten. Das bietet auch deutschen Unternehmen Exportchancen. Insbesondere im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft 2022 baut das Emirat seine Infrastruktur z.B. im Transport und Tourismus aus.

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