Ob Straßen, Stromleitungen oder Kraftwerke: Der Investitionsbedarf afrikanischer Staaten ist riesig, das Interesse an Technik und Know-how „made in Germany“ groß. Doch viele deutsche Unternehmen scheuen das Risiko. Vor allem mittelständische Export­unternehmen haben Sorge, auf unbezahlten Rechnungen sitzenzubleiben. Einen Ausweg bieten staatliche Exportkreditgarantien (sogenannte Hermesdeckungen). Sie helfen dabei, dieses Risiko abzufedern.

Von Edna Schöne, Vorstandsmitglied, Euler Hermes Aktiengesellschaft

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Hermesdeckungen sind seit mehr als 65 Jahren ein bewährtes Instrument der Außenwirtschaftsförderung. Sie bieten Exporteuren die Möglichkeit, sich gegen wirtschaftliche und politische Unwägbarkeiten abzusichern, indem große Teile des Risikos auf den Bund übertragen werden. Die Absicherungsmöglichkeiten erstrecken sich dabei über die gesamte Wertschöpfungskette und reichen von der Produktionsphase bis zur Bezahlung der letzten Tilgungsrate des finanzierten Geschäftes. Hermesdeckungen helfen nicht nur, bestehende Kundenbeziehungen in schwierigen Zeiten aufrechtzu- erhalten. Sie unterstützen Exportunternehmen auch dabei, nur schwer zugängliche Märkte zu erschließen. Dies gilt insbesondere für Afrika.

Hermesdeckungen helfen, neue Märkte zu erschließen

Ein gutes Beispiel dafür, wie Hermesdeckungen Unternehmen dabei helfen, neue Märkte und Geschäftsfelder zu erschließen, ist das Projekt „Vila Residencial Maquis“. Die angolanische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, mittelfristig eine Million neue Wohneinheiten zu errichten, um so zum einen der Wohnungsnot zu begegnen und zum anderen der massiven Preisspekulation in diesem Sektor entgegenzutreten. CCC Machinery aus Hamburg liefert die für die Produktion von Hausbauelementen notwendigen Fertigungsstraßen. Lieferungen und Leistungen haben einen Auftragswert von 52,7 Mio EUR, den der Bund mit einer Exportkreditgarantie abgesichert hat.

Ein anderes positives Beispiel ist das Ingenierunternehmen Julius Berger, das technische Anlagen und Maschinen auf dem Seeweg nach Nigeria exportiert. Eine isolierte Finanzkreditdeckung des Bundes sicherte die Finanzierung der Lieferung ab.

Differenzierte Länderbeschlusslage

Die Deckungspolitik für die einzelnen Länder legt der Interministerielle Ausschuss unter Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie fest (siehe Infokasten Seite 16). Die Länderbeschlusslagen für die nordafrikanischen Staaten sowie Südafrika sehen vor, dass Geschäfte in diese Länder – vorausgesetzt, sie sind risikomäßig vertretbar und förderungswürdig – mit staatlichen Exportkreditgarantien abgesichert werden können.

Differenzierter stellt sich die Situation in Subsahara-Afrika (SSA) dar: Hier galt lange Zeit der Grundsatz, dass Geschäfte in der Regel nur mit privaten Bestellern und zu kurzfristigen Zahlungsbedingungen mit Hermesdeckungen abgesichert werden können. Geschäfte mit Staats­risiken auf Kreditbasis waren dagegen nur in Ausnahmefällen möglich. Ein ­Problem für die deutsche Exportwirtschaft – schließlich ist die Wirtschaftsstruktur in Subsahara-Afrika sehr stark staatlich geprägt.

Exportkreditgarantien für Lieferungen an öffentliche Besteller möglich

Die restriktive Subsahara-Deckungspolitik hatte ihre Ursachen in der Vergangenheit. Viele afrikanische Länder sind im Rahmen der 1996 begonnenen Initiative zur Reduzierung der Schuldenlast der hochverschuldeten armen Länder (Heavily Indebted Poor Countries) entschuldet worden (HIPC-Initiative). In diesem Zusammenhang wurden SSA-Ländern Handelsforderungen in Höhe von mehreren Milliarden Euro erlassen.

Ende des vergangenen Jahres hat die Bundesregierung nun die Deckungsmöglichkeiten für ausgewählte Länder der Subsahara-Region erweitert. Ab sofort können Lieferungen und Leistungen auch zu mittel- und langfristigen Zahlungsbedingungen an öffentliche Besteller in den Ländern Äthiopien, Ghana, Mosambik, Nigeria und Tansania durch staatliche Exportkreditgarantien (sogenannte Hermesdeckungen) abgesichert werden. Sollte sich der Bedarf ergeben, ist der Bund bereit, die Deckungspolitik auch für weitere Subsahara-Länder zu überprüfen.

Entscheidungen auf Einzelfallbasis

Auch in anderen afrikanischen Ländern hat der Bund seine Deckungspolitik gelockert. Ab sofort können Kreditgeschäfte jeder Größenordnung mit dem öffentlichen und privaten Sektor in Kenia abgesichert werden. Inwieweit eine staatliche Exportkreditgarantie für ein konkretes Projekt übernommen wird, hängt vom Einzelfall ab. Bis dato war die Absicherung im Kreditbereich auf kleinere, devisenbringende Projekte beschränkt. Für Angola hat der Interministerielle Ausschuss die bestehende Plafondbegrenzung in Höhe von 300 Mio EUR aufgehoben. Die sehr guten Zahlungserfahrungen aus hermesgedecktem Geschäft in den vergangenen Jahren und das verbesserte Länderrisiko legten die Basis für diese Entscheidung.

Direktinvestitionen

Neben den staatlichen Exportkreditgarantien sind die Investitionsgarantien des Bundes ein weiteres wichtiges Förderinstrument der Außenwirtschaftspolitik. Im Bereich der Direktinvestitionen liegt der Schwerpunkt in Afrika in der Absicherung von großvolumigen Öl- und Gasprojekten in Nordafrika sowie in der verarbeitenden Industrie in Südafrika. Darüber hinaus ist ein wachsendes Interesse an Projekten aus den Bereichen der erneuerbaren Energien zu verzeichnen. Dies betrifft sowohl Windkraft- als auch Photovoltaikprojekte. Hinzu kommen verstärkt Anfragen zu land- und forstwirtschaftlichen Vorhaben in Subsahara-Afrika.

Fazit

Die afrikanischen Märkte entwickeln sich dynamisch und werden – über die Rohstoffwirtschaft hinaus – für die deutsche Wirtschaft zunehmend interessanter. Auch unter den derzeit schwierigen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden für Afrika weiterhin überdurchschnittliche Wachstumsraten erwartet. Die Voraussetzungen sind gut, dass dieser positive Trend auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten anhält. Deutsche Qualitätsprodukte und technische Expertise „made in Germany“ sind in Afrika besonders gefragt. Von dieser Entwicklung kann insbesondere der deutsche Mittelstand profitieren. Mit der Erweiterung der Deckungspolitik im Bereich der Exportkreditgarantien ist der Weg geebnet.

Eine Aufstellung der aktuellen Länderbeschlusslage für alle afrikanischen Staaten finden Sie unter www.agaportal.de.

Kontakt: info[at]exportkreditgarantien.de

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