Die rechtskonforme Anwendung aller Vorgaben im Zoll- und Außenwirtschaftsrecht setzt voraus, dass die regelmäßigen Änderungen in diesem Rechtsgebiet in der Exportabwicklung Berücksichtigung finden. Dazu müssen u.a. die richtigen Warennummern verwendet, Dual-Use-Listen und Lizenzierungspflichten geprüft und Endverbleibserklärungen beschafft werden. Der nachfolgende Artikel gibt einen Überblick über wichtige aktuelle Änderungen.
Von Corinna Tamminga, Beraterin für Zoll und Außenwirtschaft, dbh Logistics IT AG
Statistische Warennummer – Basis der Ausfuhrgeschäftsprüfung
Waren werden weltweit nach ihrer technischen Beschaffenheit tarifiert und erhalten eine entsprechende Statistische Warennummer (Zolltarifnummer). Anhand dieser Warennummer werden alle Ausfuhrverbote und -beschränkungen und die jeweils erforderlichen nationalen und europäischen Dokumente (z. B. Y901) für eine Ware festgelegt. Somit ist es wesentlich, dass rechtliche Änderungen sofort in der täglichen Unternehmenspraxis Anwendung finden und entsprechende Verfahrensanweisungen geändert werden, um ein rechtskonformes Handeln sicherzustellen. Gerade im elek-tronischen Zollsystem hat eine falsche Warennummer oft weitreichende Folgen.
Zum 01. Januar jeden Jahres ändern sich die Warennummern. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hat die Änderungen des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik im Internet bekanntgegeben. Das Warenverzeichnis 2017 und die Änderungen zum 01. Januar 2017 sind in einer ausführlichen und praktischen Information mit Gegenüberstellung der alten und der geänderten Warennummern HIER dargestellt.
Insbesondere durch die Änderungen im Harmonisierten System (HS), der internationalen Grundlage für das Warenverzeichnis für die Außenhandelsstatistik, ergeben sich viele Anpassungen. Besonders betroffen sind Warennummern aus den Kapiteln 3, 28, 29, 44, 84, 85, 87. Die einzig neue Warenposition im HS 2017 ist 9620 (Stative und Selfiesticks).
Da sich insbesondere in diesem Jahr zahlreiche inhaltliche Änderungen ergeben, ist ein reiner Vergleich der Warennummern leider nicht ausreichend. So kann es durchaus möglich sein, dass die bislang genutzte Warennummer 2017 noch besteht, die Ware aber einer anderen Nummer zugeordnet werden muss.
Anhang I EG-Dual-Use-Verordnung
Die Exportkontrolle richtet sich außer auf Waffen- und Rüstungsgüter auch auf Industriegüter, wenn diese zur Herstellung von Rüstungsgütern verwendet werden können. Durch das Angebot zivil nutzbarer Güter wird der Hersteller von der reinen Lieferung von Rüstungsgütern unabhängig. Doch die parallele Belieferung militärischer und ziviler Kunden stellt langfristig eine wesentlich größere Gefahr dar als die reine Rüstungsproduktion. Daher ist die Kontrolle der Dual-Use-Güter ein wesentlicher Bestandteil des Exportkontrollrechts. Hierbei handelt es sich um Güter die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke eingesetzt werden können. In der Regel werden diese Waren für zivile Zwecke genutzt, wenn sie aber besondere technische Parameter aufweisen oder besonders konstruiert sind, ist auch eine militärische Nutzung möglich.
Zu prüfen sind die deutsche Ausfuhrliste Teil I Abschnitt B und die Dual-Use-VO (EG) Nr. 428/2009 auf die militärische Nutzbarkeit des Artikels aufgrund der aufgeführten technischen Parameter. Die EU aktualisiert in regelmäßigen Abständen Anhang I der EG-Dual-Use-Verordnung. Die letzte Aktualisierung dieses Anhangs ist durch die Delegierte Verordnung (EU) 2016/1969 am 16. November 2016 in Kraft getreten. Die Änderungen resultieren aus Vereinbarungen der internationalen Exportkontrollregime und der sprachlichen Überarbeitung einiger Listennummern.
Exporteure müssen sich mit den Änderungen vertraut machen und ggf. entsprechende Anpassungen im Warenwirtschaftssystem vornehmen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat zur Arbeitserleichterung einen unverbindlichen Überblick über die Änderungen HIER veröffentlicht.
Auswirkung auf ATLAS-Ausfuhr
Diese Rechtsänderung hat auch Auswirkungen auf die elektronische Abschreibung genehmigungspflichtiger Ausfuhren im IT-Verfahren ATLAS bei der Anmeldung von Ausfuhrgenehmigungen, die vor dieser Rechtsänderung erteilt wurden und die Ausfuhr von Gütern für bestimmte Güterlistennummern gestatten. Die Güterlistennummern können der ATLAS-Info 4458/16 entnommen werden.
Das BAFA verzichtet bei bereits erteilten Genehmigungen auf eine Anpassung an die neue Rechtslage. Ausfuhrgenehmigungen, die Güter der vorgenannten Güterlistennummern des Anhangs I enthalten, behalten ihre Gültigkeit.
Um eine reibungslose Anmeldung der Ausfuhrgenehmigung und Ausfuhrabfertigung zu gewährleisten, wird folgende Übergangsregelung getroffen: Zur Anmeldung und Abschreibung einer nach alter Rechtslage erteilten Ausfuhrgenehmigung in ATLAS-Ausfuhr ist es erforderlich, im Feld „Detail“ die alte, bis zur Rechtsänderung geltende Güterlistennummer einzutragen und im Feld „Zusatz“ die neue, ab der Rechtsänderung geltende Güterlistennummer anzugeben. Diese Regelung gilt nur für in der Ausfuhrgenehmigung genannte Güter, die inhaltlich unverändert nunmehr unter einer anderen Güterlistennummer erfasst sind.Güter, die im Zuge der Rechtsänderung neu in den Anhang I der EG-Dual-Use-VO aufgenommen wurden, unterliegen ab Inkrafttreten der Verordnung einer Genehmigungspflicht.
Anti-Folter-Verordnung
Der Europäische Rat hat eine geänderte Verordnung über Güter, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten, verabschiedet. Damit wird die Verordnung 1236/2005 geändert, die die Aus- und die Einfuhr von Ausrüstungsgegenständen/Gütern verbietet, die ausschließlich zu Folter oder zur Vollstreckung der Todesstrafe verwendet werden können. Diese Güter sind in Anhang II der Verordnung aufgelistet.
Für die Ausfuhr von Ausrüstungsgegenständen/Gütern, die für die genannten Zwecke, aber auch für legitime Zwecke verwendet werden können, sind nach der Verordnung spezielle Lizenzen erforderlich. Diese Güter werden einer Einzelfallprüfung unterzogen und sind in den Anhängen III und IIIa der Verordnung aufgeführt.
Mit der neuen Verordnung werden die geltenden Regeln für Ausfuhrkontrollen geändert und neue Kontrollen für Vermittlungstätigkeiten und technische Hilfe eingeführt; zudem wird Werbung für bestimmte Güter verboten und die Definition des Begriffs „andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe“ angepasst. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Ausfuhren aus der EU zu Menschenrechtsverletzungen in Drittländern beitragen.
Iran: Endverbleibserklärung „EVE Anhang I“ aktualisiert
Das BAFA hat die international abgestimmte Ausfüllanleitung zur Endverbleibserklärung „EVE Anhang I“ für Ausfuhren in den Iran aktualisiert.
Die Endverbleibserklärung „EVE-Anhang I“ ist bei Ausfuhren von Gütern des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 einzureichen. Es ist zu beachten, dass diese Endverbleibserklärung auch bei vorübergehenden Ausfuhren in den Iran (z. B. Messe) abzugeben ist. Die Endverbleibserklärung muss auf dem Briefbogen der zuständigen staatlichen Stelle im Iran abgegeben werden und sowohl von dem Endverwender der Güter in Section E als auch in Section F von der zuständigen Stelle im Iran unterzeichnet werden.
Welche staatliche Stelle im Iran zuständig ist, hängt von der beabsichtigten Endverwendung des Guts ab. Bei einer Verwendung im iranischen Nuklearprogramm ist die Endverbleibserklärung von der Atomic Energy Organization of Iran (AEOI) zu unterzeichnen. Bei sonstigen Endverwendungen ist die Endverbleibserklärung vom Ministry of Industry, Mine and Trade of Iran zu unterzeichnen.