Als erstes Instrument zur Zahlungssicherung auf Basis eines digitalen Datenaustausches ist die Bank-Payment-Obligation (BPO) bereits Trendsetter im digitalen Wandel des Auslandsgeschäfts. Durch die Finanzierbarkeit der BPO öffnen sich weitere Horizonte zur Working-Capital-Optimierung, für eine effizientere Bereitstellung von Liquidität und flexiblere Geschäftsabsprachen im Welthandel.
Von Angela Koll, Spezialistin Trade & Supply Chain Finance, Commerzbank AG, Frankfurt am Main
Der steigende Welthandel lässt auch die Anzahl der auf offene Rechnung abgewickelten Handelstransaktionen in die Höhe schnellen – mit den bekannten Nachteilen dieser Zahlungsmethode wie einer fehlenden Absicherung und Finanzierbarkeit. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach digitalen Lösungen für eine flexiblere und effizientere Abwicklung von Handelsgeschäften. Die Bank-Payment-Obligation folgt diesem Trend und bietet neue Möglichkeiten.
Automatischer Datenabgleich zur Absicherung von Zahlungen
Als digitales Instrument zur Absicherung von Zahlungen im Auslandsgeschäft verwendet die BPO elektronische Handelsdaten. Ein erfolgreicher automatischer Datenabgleich auf einer von SWIFT angebotenen Plattform (SWIFT TSU) setzt ein unwiderrufliches Zahlungsversprechen der Käuferbank an die Verkäuferbank in Kraft. Papierhafte Dokumente und die entsprechend aufwendigen Bearbeitungsprozesse sind für eine BPO nicht mehr erforderlich.
Finanzierungen entlang der Wertschöpfungskette
Durch das unwiderrufliche Zahlungsversprechen der Käuferbank bietet die BPO über die Absicherung hinaus einen flexiblen Rahmen für Finanzierungen entlang der Lieferkette von Handelsunternehmen. Nachdem die Waren verschifft wurden und die BPO wirksam geworden ist – also nach dem erfolgreichen Datenabgleich, ist eine Finanzierung zugunsten des Lieferanten möglich.
Diese kann entweder vom Käufer bei dessen Bank in Auftrag gegeben werden (Finanzierung der Import-BPO), oder der Verkäufer beauftragt seine Bank mit der Finanzierung des Zahlungsversprechens (Finanzierung der Export-BPO). Hierbei stellt der Käufer dem Lieferanten seine Kreditbonität zur Verfügung, die Kreditlinie des Lieferanten bleibt für die Finanzierung unberührt. Bei der Entscheidung, wer die Finanzierung der BPO bei seiner Bank beauftragt, sollten die Handelspartner unbedingt das unterschiedliche Zinsniveau der jeweiligen Länder im Blick haben.
Vorteile für beide: Exporteur und Importeur
Durch die Finanzierung der BPO kann der Verkäufer seinem Kunden ganz unkompliziert verlängerte Zahlungsziele einräumen und im Gegenzug kurzfristig Liquidität erhalten – ohne eigene Kreditfazilitäten in Anspruch zu nehmen.
Gleichzeitig verbessert der Käufer durch das spätere Zahlungsziel seine Working-Capital-Situation, ohne dass sein Vertragspartner dadurch Nachteile in Kauf nehmen muss. Damit festigt er die Geschäftsbeziehung zu seinem Lieferanten und stabilisiert so seine Supply-Chain.
Gelungene Premiere in der Praxis
Diese neue Finanzierungsmöglichkeit setzte die Commerzbank vor wenigen Monaten erstmals erfolgreich in der Praxis um – mit einem Exporteur aus Rheinland-Pfalz. Das mittelständische Unternehmen wickelt die Ausfuhren mit seinem Vertragspartner in der Türkei bereits seit längerem über BPOs ab. Die entsprechenden Export-BPOs eröffnete die türkische Bank zugunsten der deutschen Bank.
Um Aufträge von seinem türkischen Importpartner zu erhalten, hatte der deutsche Mittelständler längere Zahlungsziele von neun Monaten akzeptiert – dennoch wollte er frühzeitig sein Geld bekommen. Die Lösung war bereits in der BPO enthalten: Er musste nur noch seine Bank beauftragen, erstmalig seine BPOs zu seinen Gunsten zu finanzieren. Was bei klassischen Akkreditiven ganz selbstverständlich zum Tagesgeschäft gehört, war bei BPOs eine Premiere – und sie ging reibungslos über die Bühne.
Eintritt in die Supply-Chain-Finance-Welt
Die erfolgreiche Finanzierungspremiere ist ein wichtiger Meilenstein bei der Etablierung der BPO – nicht nur als effizientes Trade-Finance-Instrument zur Zahlungssicherung, sondern auch als neue Option in der Supply-Chain-Finance. Zu den Einsatzfeldern der BPO in diesem Bereich zählen sowohl die Optimierung des Working Capitals als auch die Finanzierung entlang der Lieferkette. Zukünftig wird die BPO darüber hinaus als digitale Alternative zur Vorauskasse und zur Finanzierung avalierter Wechsel zur Verfügung stehen.
Die „Standard Definitions for the Techniques of Supply Chain Finance“ – vom Global Supply Chain Finance Forum erstellt und im März 2016 erstmals veröffentlicht – definieren die BPO als „enabling framework for supply chain finance“: Damit erfolgte der Eintritt der BPO in die Supply-Chain-Finance-Welt.
In mehr und mehr Ländern verfügbar
Als eine der ersten Banken in Deutschland ging die Commerzbank bereits 2014 mit BPOs an den Start. Seitdem wachsen das Geschäftsvolumen und die Anzahl der Kunden aus Mittelstand, Großkunden und Multinationals kontinuierlich – sowohl innerhalb Europas als auch im Handel mit Asien.
2016 wurde in Großbritannien eine BPO-Transaktion mit einem italienischen Partner durchgeführt. Wenig später folgte die erste Transaktion mit der Industrial and Commercial Bank of China (ICBC), der Nr. 1 in der Volksrepublik. Und erst vor wenigen Wochen ging die BPO in Österreich live.
Die Bank profitiert dabei von ihrem weltweiten Netzwerk an Partnerbanken sowie ihrer ausgewiesenen Expertise im Außenhandel: So wickelt das Institut zurzeit 30% des deutschen Außenhandelsvolumens ab. Als einer der Marktführer für BPOs weitet die Bank dieses innovative Angebot Zug um Zug auf weitere internationale Standorte aus.
Die Erfolgsstory geht weiter
Denn sowohl die Globalisierung als auch die Digitalisierung dürften auf absehbare Zeit zwei entscheidende Treiber der Wirtschaft bleiben. Gleichzeitig erhöhen zunehmend politische Risiken den Bedarf an mehr Sicherheit bei Handelsgeschäften. Die BPO setzt bei diesen Megatrends an.
Mit der BPO steht den Unternehmen eine attraktive Alternative zum Akkreditiv und vor allem zur offenen Rechnung zur Verfügung, die von der einfachen Absicherung der Zahlung über die effiziente automatisierte Abwicklung bis hin zur Möglichkeit der Finanzierung alle Anforderungen abdeckt. Damit ist die Bank-Payment-Obligation ein echtes Multitalent, dessen Erfolgsstory gerade erst beginnt.
Die BPO ist ein erster und wichtiger Schritt der digitalen Evolution im Außenhandel. Ein nächster Schritt könnte die Weiterentwicklung des automatischen Datenaustauschs mit neuen Technologien wie Blockchain und Distributed-Ledger-Technology (DLT) sein. Die BPO selbst ist als Ergebnis dieses Datenaustausches zukunftssicher und wird sich als innovatives Instrument zur Zahlungsabsicherung und Finanzierung weiter am Markt etablieren.
Die BPO in Kürze
Mit der BPO gibt es jetzt eine im Vergleich zum klassischen Akkreditiv wesentlich schlankere Möglichkeit, um die Nachteile der Lieferung auf offene Rechnung zu umgehen. Die BPO ist, ähnlich wie ein Akkreditiv, ein unwiderrufliches abstraktes Versprechen der Bank des Käufers an die Bank des Verkäufers, bei Fälligkeit der Rechnung die entsprechende Zahlung zu leisten.
Die Details der BPO-Abwicklung sind – wie bei Akkreditiven – genau geregelt: Dazu hat die Internationale Handelskammer (ICC) zusammen mit Vertretern aus der Industrie, internationalem Bankwesen und SWIFT ein Regelwerk für eine einheitliche Marktpraxis sowie einen Industriestandard erstellt und verabschiedet. Die „Einheitlichen Richtlinien für Bank Payment Obligations“ (URBPO) traten im Juli 2013 in Kraft und sorgen seitdem weltweit für Klarheit bei Detailfragen sowie reibungslose Abläufe.
BPO-Erklärvideo auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=61uWbradQVU
Siehe auch: „Die Bank Payment Obligation (BPO) im Außenhandel“, ExportManager, Ausgabe10, 2013, HIER.