Ob es um Märkte, deren Potentiale und Risiken, aktuelle Entwicklungen im Außenwirtschaftsrecht oder Finanzierungsfragen geht – Exportverantwortliche müssen sich permanent auf dem Laufenden halten. Zwei herausragende Außenwirtschaftsveranstaltungen konnten in diesem Herbst diesen großen Informations- und Austauschbedarf decken: der 4. Thementag Außenwirtschaft in Köln und die GlobalConnect in Stuttgart. Im Fokus der Diskussionen standen die EU-Russland-Sanktionen und die TTIP.

Von Sylvia Röhrig, Redakteurin ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag

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Außenwirtschaftrecht im Fokus

Fast 500 Unternehmensvertreter kamen am 28. Oktober 2014 nach Köln zum Thementag Außenwirtschaft, den der Bundesanzeiger Verlag jährlich unter dem Motto „Experten referieren, Praktiker diskutieren“ veranstaltet. Mit Prof. Dr. Christoph Graf von Bernstorff, Rechtsanwalt aus Bremen, Dr. Klaus Pottmeyer, Rechtsanwalt aus Düsseldorf, sowie Prof. Dr. Peter Witte von der Fachhochschule des Bundes in Münster eröffneten ausgewiesene Experten das Fachforum mit den wichtigsten Neuigkeiten im Außenhandels-, Exportkontroll- und Zollrecht.
Danach gab es die Möglichkeit, sich in sechs Praxisworkshops intensiv mit Themen wie u.a. der Organisation von „Internal Compliance Programmes“ (ICP), dem Umgang mit Zollwertproblemen, der Handhabung von Ursprungserzeugnissen und Lieferantenerklärungen, dem Bewilligungsverfahren des Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO) sowie der Problematik der Mehrwertsteuerberechnung bei Reihengeschäften zu beschäftigen.

Europäisches Kaufrecht in Sicht

Graf von Bernstorff erläuterte das Gemeinsame Europäische Kaufrecht (GEKR), das voraussichtlich 2015 in Kraft treten wird. Das EU-Parlament habe dem Entwurf am 26. Februar 2014 zugestimmt; nun stehe der Verabschiedung einer EU-weiten Verordnung nichts mehr im Wege.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen in der EU zeichneten sich gegenwärtig durch ein Nebeneinander vieler unterschiedlicher nationaler Vertragsrechtssysteme aus. Hierdurch entstünden insbesondere den KMUs, die ihre Produkte in mehrere EU-Mitgliedstaaten lieferten, zusätzliche Schwierigkeiten und Kosten. Graf von Bernstorff würdigte einzelne Merkmale des neuen EU-Kaufrechts, gab jedoch zu bedenken, dass die Verwendung des GEKR freiwillig sei. Hiermit verschärfe sich die Problematik der Auswahl weiter: Zu den Kaufrechtsregeln des BGB und des UN-Kaufrechts komme eine weitere kodifizierte Basis für Kaufverträge hinzu. Es werde sich erneut die Frage stellen, was denn nun eigentlich gelte bzw. was vertraglich vereinbart und genutzt werden sollte. Verwirrung und Beratungsbedarf dürften steigen, warnte Graf von Bernstorff.

Russland-Sanktionen:
eine Lose-lose-Situation

Dr. Klaus Pottmeyer benötigte über 50 Folien, um die Eskalationsstufen der EU-Sanktionspolitik gegenüber Russland anhand der zahlreichen EU-Verordnungen und Ratsbeschlüsse der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) darzustellen. Mit den jüngsten Sanktionen seit Sommer 2014 seien Geschäfte mit Rüstungstechnologie und Dual-Use-Gütern sowie die Lieferung von Technologien für die Erdölexploration und -förderung so gut wie nicht mehr möglich. Die Finanzsanktionen gegenüber bestimmten russischen Banken erschwerten das Geschäft zusätzlich. Pottmeyer äußerte sich sehr kritisch zur EU-Sanktionspolitik und ihren Wirkungen. „Wir haben eine Lose-lose-Situation – die Lage ist sowohl für Russland als auch für die EU sehr schlecht.“

Der Gesetzgeber erwarte von den Unternehmen, dass diese die Sanktionsregeln kennten und beachteten, gab Dr. Ulrich Möllenhoff, Rechtsanwalt von Möllenhoff Rechtsanwälte, Münster, im Praxisworkshop über ICP in der Exportkontrolle zu bedenken. Andreas Forstner, Leiter EU-Zollrecht der AUDI AG, stellte dar, wie Audi die innerbetriebliche Exportkontrolle organisiert, um die Risiken zu minimieren. Die Herausforderung bestehe darin, die sensiblen Stellen im Unternehmen zu finden und in den verschiedenen Abteilungen des Unternehmens die richtigen Personen abzustellen, die die Exportkontrolle im Blick haben und der Exportkontrollabteilung berichten.

Außenwirtschaftsmesse wirbt für transatlantischen Freihandel

Über 2.000 Unternehmensvertreter informierten sich am 4. und 5. November auf der GlobalConnect in zahlreichen Fachvorträgen und Expertengesprächen über ein breites Spektrum an außenwirtschaftlichen Themen. Das nach Angaben der Veranstalter größte Forum für Export und Internationalisierung in Deutschland wird auf dem Gelände der Messe Stuttgart im Zweijahresrhythmus unter der Schirmherrschaft des Wirtschaftsministeriums von Baden-Württemberg veranstaltet. Es bietet auch die Möglichkeit, sich im Ausstellungsraum mit Dienstleistern der Außenwirtschaft auszutauschen.

Brigitte Zypries, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, wies in ihrer Eröffnungsrede auf die Chancen hin, die die TTIP Europa und den USA böte. Sollte es der EU und den USA nicht gelingen, sich auf gemeinsame Standards zu einigen, würden am Ende andere Länder oder Wirtschaftsräume die Standards bestimmen. Um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen und die Diskussion auf eine sachliche Ebene zu bringen, habe die EU-Kommission Maßnahmen ergriffen, wie z.B. die Bildung eines Gremiums (TTIP-Beirat), in dem Vertreter der Zivilgesellschaft miteinbezogen seien. Auch der US-Botschafter in Deutschland, John B. Emerson, warb für die TTIP und bemühte sich, mit einem Hinweis auf die hohen Standards in den USA die Befürchtung zu zerstreuen, dass der europäische Verbraucherschutz untergraben werden könnte.

Newcomer, Hidden Champions und Global Player

Ein weiterer Höhepunkt der Veranstaltung war die Verleihung des GlobalConnect-Award 2014 durch Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Dr. Nils Schmid. Eine siebenköpfige Jury aus Verbands- und Medienvertretern wählte in der Kategorie Newcomer mit Wellness Factory ein junges und innovatives Unternehmen, das sich auf den hochwertigen und individuellen Poolbau spezialisiert hat. In der Kategorie Hidden Champions trug die Lewa GmbH, ein stark exportorientierter Dosier- und Prozesspumpenhersteller, den ersten Preis davon. Das prämierte Unternehmen in der Kategorie Global Player ist die Ziehl-Abegg SE, ein Hersteller von Fahrstuhlmotoren, Ventilatorenantrieb und Regelungssystemen. Und schließlich erhielt die G. LUFFT GmbH, ein Spezialanbieter von Klima- und Umwelttechnik, den erstmals vergebenen Publikumspreis.

Kontakt: max.wolf[at]kfw.de

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