Neben dem Bonitätsrisiko des Abnehmers sollten exportierende Unternehmen weitere Risikofaktoren im Blick behalten. Dies gilt vor allem dann, wenn Waren in Länder geliefert werden, die nicht dem Kreis der Industrienationen angehören. So bietet die Landwirtschaft in der Ukraine gute Absatzmöglichkeiten für Agrargerät. Die Exportfinanzierung mit Finetrading ermöglicht es, in solchen Fällen Finanzierung und Risikoabsicherung miteinander zu kombinieren.
Von Dirk Oliver Haller, Vorstandsvorsitzender, DFT Deutsche Finetrading AG
Auslandsgeschäft sicher gestalten
Exportgeschäfte sind mit Risiken verbunden, die im Vergleich zu den Risiken bei Inlandsgeschäften vielfältigere Aspekte aufweisen. Während beim Inlandsgeschäft die Bonität des Kunden im Mittelpunkt steht, kommen bei Exportgeschäften weitere Risikofaktoren hinzu, die oft weder vom Exporteur noch vom Abnehmer beeinflusst werden können. Dazu zählen beispielsweise Devisenkursschwankungen, aber auch politische Risiken in unterschiedlichster Form.
Wenn ein Unternehmen ein Exportgeschäft plant, kann damit ein beträchtlicher Aufwand für Finanzierung und Absicherung verbunden sein. Neben der Prüfung der Kundenbonität gilt es, die Länderrisiken sowie die Entwicklung am Devisenmarkt im Blick zu behalten und sich gegebenenfalls entsprechend abzusichern. Gerade für mittelständische Unternehmen, die über keine umfassende Expertise zum Zielland verfügen, sind diese Aufgaben nicht immer einfach zu bewerkstelligen.
Gerade beim Export in Länder, die mit politischen Unsicherheitsfaktoren behaftet sind, kann es für Unternehmen sinnvoll sein, mit der Nutzung von Finetrading ein Komplettpaket aus Exportfinanzierung und Absicherung zu schnüren. Bei Finetrading handelt es sich um ein bankenunabhängiges Finanzierungsmodell, das auf einem einfachen Handelsgeschäft beruht: Der Finetrader erwirbt die Ware als Zwischenhändler und veräußert sie im selben Augenblick an den Abnehmer weiter. Der Verkäufer stellt die veräußerten Waren dem Finetrader in Rechnung und bekommt sie umgehend bezahlt. Der Finetrader gewährt hingegen dem Abnehmer ein längerfristiges Zahlungsziel, das bei der Finanzierung von Umlaufvermögen bis zu sechs Monate und bei Anlagevermögen bis zu zwölf Monate betragen kann.
Kombination aus Warenlieferung und Finanzierung
Auf diese Weise kann der Exporteur seinem ausländischen Kunden eine Kombination aus Warenlieferung und Finanzierung anbieten. Gerade in Ländern, in denen das Bankensystem weniger gut entwickelt ist als in den Industriestaaten, kann dies für den Abnehmer nicht nur Kosteneinsparungen bringen, sondern unter Umständen das Geschäft überhaupt erst ermöglichen. Für den Exporteur entfällt dabei auch die Bonitätsprüfung: Weil der Finetrader die Ware als Zwischenhändler erwirbt und direkt weiterverkauft, prüft er die Zahlungsfähigkeit des Abnehmers und trägt letztlich das Ausfallrisiko.
Damit wird das Finetrading-Geschäft für den Exporteur in weiten Teilen zum Inlandsgeschäft, wenn der Finetrading-Anbieter seinen Hauptsitz in Deutschland hat. Die Rechnung wird als Inlandsrechnung an den Finetrader versandt, so dass beispielsweise umsatzsteuerrechtliche Unklarheiten gar nicht erst aufkommen. Die Warenlieferung erfolgt direkt durch den Lieferanten an den Kunden im Ausland, wobei je nach Vereinbarung und Zielland die üblichen Begleitpapiere ausgestellt werden.
Devisenkursrisiko entfällt
Darüber hinaus lassen sich mit Finetrading noch weitere Risiken absichern, die vor allem bei Exportgeschäften relevant werden können, bei denen die Abnehmer ihren Sitz nicht in einem der Industriestaaten haben. So stellt sich bei Lieferungen außerhalb des Euro-Währungsraums die Frage, welche der Vertragsparteien das Devisenkursrisiko zu tragen hat.
Stellt der Lieferant seine Rechnung in Euro, dann muss bis zum Zeitpunkt der Zahlung der Kunde das Kursrisiko tragen oder sich auf eigene Kosten entsprechend absichern. Umgekehrt liegt der Fall, wenn die Rechnung in der Währung des Ziellandes ausgestellt wird – dann trägt der Exporteur entweder das Kursrisiko oder die Absicherungskosten. Wird ein Finetrader zwischengeschaltet, dann begleicht er die Rechnung des Exporteurs in Euro und entlastet ihn vom Devisenkursrisiko.
Wenn kundenspezifische Produkte auf Bestellung hergestellt werden, ist bei Exportgeschäften die Nichtabnahme für den Lieferanten ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor. Im Rahmen einer Finetrading-Finanzierung können weitere Vereinbarungen zur Absicherung des Geschäfts getroffen werden, die unter anderem auch diesen Bereich abdecken können. So kann beispielsweise über den Finetrader der Schaden abgedeckt werden, der daraus resultiert, dass bei einer Insolvenz des Kunden bereits vorproduzierte Waren zu geringeren Verkaufspreisen verwertet werden müssen.
Politische Unwägbarkeiten absichern
Neben den unternehmensspezifischen Risiken sind unter Umständen auch politische Unwägbarkeiten einzukalkulieren. So können zwischenzeitlich verhängte Sanktionen – sei es in Form von Einfuhrbeschränkungen des Ziellandes oder Exportsanktionen auf deutscher Seite – dazu führen, dass bereits vorproduzierte Ware nicht zu der geplanten Auslieferung gebracht werden kann. Auch solche Fälle können über entsprechende Vereinbarungen mit dem Finetrading-Partner auf unkomplizierte Weise abgesichert werden.
Bestandteil der Absicherung sind aus Sicht des exportierenden Unternehmens Vorauszahlungen, die je nach Verhandlungsposition in unterschiedlichem Umfang durchgesetzt werden können. Hier stellt sich für den Abnehmer die Frage nach der Finanzierung – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass einer Bank zu diesen Zeitpunkt noch keine Ware als Sicherheit abgetreten werden kann. Wird eine Anzahlung vereinbart, kann diese im Rahmen einer Finetrading-Transaktion mitfinanziert werden. Dies stellt für den Abnehmer im Ausland eine attraktive Option dar und erhöht dessen Bereitschaft, dem Lieferanten eine angemessene Anzahlung zu leisten.
Weil das Finanzierungsmodell beim Finetrading eher der Philosophie eines Handelshauses entspricht als der Vorgehensweise einer Bank, steht gerade im Exportgeschäft die individuelle Bonität des Abnehmers im Mittelpunkt. So lange davon auszugehen ist, dass der Käufer aufgrund seiner unternehmerischen Solidität seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann, spielen externe Faktoren wie die politische Stabilität des Ziellandes oder die dort vorzufindende Banken-Infrastruktur eine weniger bedeutsame Rolle.
Lieferung auch in Problemländer finanzierbar
Diese Denkweise macht es möglich, dass deutsche Exportunternehmen auch in Länder liefern können, die derzeit eher als problematisch angesehen werden. Dies trifft beispielsweise auf die Ukraine zu, wo die Konflikte und Unruhen in Teilen des Landes häufig dazu führen, dass es für deutsche Unternehmen schwierig ist, eine Exportfinanzierung für Lieferungen an ukrainische Kunden zu erhalten. Dort ist beispielsweise der landwirtschaftliche Sektor ein vergleichsweise stabiler und ertragreicher Wirtschaftsfaktor, der jedoch ausreichend Liquidität benötigt, um den Einkauf von Saatgut, Nutztieren und Landmaschinen vorzufinanzieren.
In jüngster Vergangenheit hat die DFT Deutsche Finetrading AG einige Exportgeschäfte in die Ukraine als Finanzierungsgeber begleitet. Schwerpunkt waren dabei landwirtschaftliche Exporte wie Nutztiere, Saatgut sowie Landmaschinen und Ersatzteile. Mit solchen Modellen können Unternehmen und Finanzierungsgeber gemeinsam mit dazu beitragen, dass die wirtschaftlichen Aktivitäten in der Ukraine weitergeführt werden können, was letztendlich der Stabilisierung des Landes dienlich ist.
Kontakt: info@dft-ag.de