Wie behalten Sie bei allen Komponenten, Lieferanten und Abnehmern aus Sicht der Exportkontrolle den Überblick? Wie stellen Sie sicher, dass jede Lieferung geprüft und die Lieferkette sicher ist?
Eine lückenlose Exportkontrolle durch alle Teile der Lieferkette kann nur durch ein gutes Zusammenspiel der einzelnen Abteilungen erfolgen. Eine sinnvolle, durchgehende Supply-Chain aus Einkauf, Entwicklung, Vertrieb und Versand funktioniert nur, wenn jede Abteilung ihre Arbeit macht, aber auch die Schnittstellen zu den anderen Abteilungen kennt. Die Exportkontrolle koordiniert die Prozesskette, schult die Mitarbeiter, kontrolliert und unterstützt bei Fragen und Problemen. Gleichzeitig müssen ständig das Außenwirtschafts- und Exportkontrollrecht überwacht und die Abläufe sofort angepasst werden. Wenn jeder versteht, was der andere macht und warum es alle machen müssen, dann funktioniert die Kontrolle. Natürlich ist es mit einer Systemunterstützung oder einem unterstützenden Stammdatenmanagement einfacher.
Die Europäische Union und die USA haben gegen einige Länder Sanktionen verhängt, die die Ausfuhr erschweren. Wie gehen Sie z.B. mit Lieferungen in den Iran um?
Wir haben für unser Iran-Geschäft einen guten Spediteur. Unser Zollamt spielt super mit, wir vermeiden US-Recht und haben eine lückenlose Exportkontrolldokumentation. Wir prüfen unsere Endkunden und die Endverwendung, haben aber auch keine in Anhang 4 der Embargoverordnung gelisteten Produkte.
Verkauf und Logistik sind ja eher bemüht, eine Lieferung durchzuführen. Die Exportkontrolle muss im Zweifelsfall eine Sendung stoppen. Wie gehen Sie mit den unterschiedlichen Interessen um?
Ich versuche, jeden zu verstehen, und nehme die unterschiedlichen Belange ernst. Dazu gehört auch zu erklären, warum ein Auftrag nicht angenommen werden darf. Wichtig ist, dass man Verständnis zeigt, die Belange anderer ernst nimmt und gemeinsam eine Lösung sucht, aber auch konsequent bleibt. Wenn es gar nicht anders geht, muss der Ausfuhrverantwortliche auch mal ein paar rückenstärkende Worte verlieren.
Was reizt Sie an dieser Tätigkeit? Was macht aus Ihrer Sicht einen guten Exportkontrolleur aus? Und was sollte eine Exportkontrollbeauftragte können?
Exportkontrolle und Zoll sind meine absolute Leidenschaft. Sie machen Spaß, sind vielseitig, es passiert immer etwas anderes, man muss den Überblick behalten und immer bedenken, dass sich Prozesse gegenseitig beeinflussen, wenn man an einer Stellschraube dreht. Für mich gibt es keinen anderen oder besseren Job. Man muss verrückt sein, wenn man soviel Spaß daran hat, aber in mir schlägt wirklich ein Herz für das Außenwirtschaftsrecht – und das macht auch einen guten Exportkontrollbeauftragten aus: immer den Überblick zu haben, das große Ganze zu sehen, zu beobachten und zu erkennen, wo etwas schiefgeht und wie man Prozesse und die Organisation ändern kann, zu wissen, was es jetzt gerade braucht, um es morgen besser zu machen.
Die Themen sind sehr komplex, und oft tun sich Kollegen schwer, das zu verstehen. Im Detail helfen nur Erklärungen und Verfahrensanweisungen in einfachen Worten. Viele Fragen werden zweimal oder dreimal beantwortet, und da darf man nicht resignieren – auch wenn das im Eifer des Gefechts des Arbeitsalltags leichter gesagt als getan ist. Aber es gibt natürlich auch Situationen, in denen es zunächst nicht weitergeht, denn nicht alles kann spontan beantwortet werden. Wenn etwas gestern ging und heute nicht mehr, hilft nur eine offene und vor allem ehrliche Kommunikation. Fehler dürfen auf allen Seiten passieren und sollten auch offen eingestanden werden. Man muss sich selbst reflektieren und dazu stehen, wenn man merkt, dass man etwas zu kompliziert gemacht hat.
Welche Weiterbildungsangebote sollte man im Bereich Exportkontrolle nutzen? Reicht das jährliche Update des BAFA oder der IHK? Sollte man einige Themen wie die US-Exportkontrolle in speziellen Seminaren vertiefen?
Ich wünsche mir mehr spezielle Seminare, die aber auch irgendwie bezahlbar sind. Was mir völlig fehlt, sind Angebote zum US-Recht. Gerade als der CAATSA kam, war es unglaublich schwierig, Informationen zu bekommen. Das ging für mich nur über den VDMA, die AmCham und verschiedene andere Stellen. Aber da wünsche ich mir eine gute, strukturierte Information und Schulung. Mir fällt oft auf, dass es für Anfänger tolle Schulungen gibt, aber darüber hinaus nicht mehr. Mich interessiert die Praxis von anderen, trotzdem möchte ich nicht den ganzen Tag mit Reden und Zuhören verbringen. Was ich auch sehr gerne mag, sind Webinare, wenn sie gut gemacht sind. Dann aber kurz und knackig.
Die Digitalisierung hat in den vergangenen Jahren auch den Zoll und die Exportkontrolle verändert. Hat sich die Einführung elektronischer Verfahren aus Ihrer Sicht bewährt? Wo gibt es weiterhin Schwachstellen, und wohin wird die Entwicklung gehen?
Die Digitalisierung macht uns aus Sicht der Exportkontrolle gerade beim Thema Cloud-Computing, Datentransfer und Technologie zu schaffen. Das ist auch leider sehr schwer greifbar und komplex. Hier habe ich mich nicht gescheut, Hilfe von Experten zu holen.
Zum Thema elektronische Verfahren muss man sagen, dass der Zoll noch lange nicht so weit ist, diese Verfahren durchgängig anzuwenden. Aber auch beim BAFA gibt es Probleme: Ich finde es erschreckend, dass es Mitarbeiter gibt, die keine Kenntnis von der elektronischen Schnittstelle ELAN-K2 haben. Es gibt noch keine Einheitlichkeit, und das macht es unglaublich schwierig, da jedes Zollamt anders agiert. Formulare sind immer noch nicht an den UZK angepasst, und das ist nur ein ganz kleiner Ausschnitt aus allen Schwierigkeiten. Wichtig ist für mich – das muss ich bekräftigen – der einfache und persönliche Kontakt zum zuständigen Zollamt. Das hat mir schon oft geholfen und ist einfach immer unkompliziert. Ich hoffe, das bleibt so. Ich kann jedem nur raten, aktiv auf das Zollamt zuzugehen und gemeinsam zu arbeiten.
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