Export- bzw. Zollverstöße werden von den zuständigen Behörden mit zunehmender Intensität verfolgt. Dies wird z.B. daran deutlich, dass der Autor zu ca. drei Verstößen pro Monat berät (Tendenz steigend). Dabei bestehen durchaus Handlungsspielräume für eine ­Milderung der Konsequenzen. Es ist daher von großer Bedeutung, dass betroffene Unternehmen sehr rasch reagieren, um ein straf­gerichtliches Verfahren, hohe Sanktionen und den Verlust der exportrechtlichen Zuverlässigkeit zu vermeiden.

Von Dr. Harald Hohmann, Rechtsanwalt, Hohmann & Partner Rechtsanwälte

Im Rahmen einer Außenwirtschaftsprüfung wird Folgendes festgestellt: Eine deutsche Firma hat Güter, die z.T. gelistet sind, ohne Genehmigung in den Iran geliefert, nämlich drei Lieferungen à 100.000 Euro. Diese Güter hatte sie zuvor bei ihrer amerikanischen Muttergesellschaft bezogen. Nach dieser Feststellung bricht der Prüfer die Außenwirtschaftsprüfung ab. Die Firma ist sich nicht sicher, ob sie sich strafbar gemacht hat und welche Sanktionen ihr oder der Muttergesellschaft drohen.

Angenommen wird, dass die rechtliche Begutachtung bzgl. EG-Exportrecht zum Ergebnis kommt, dass es sich um Güter handelt, deren Export nach der EG-Iran-Embargo-VO 423/2007 oder der Dual-Use-Verordnung (DUV) genehmigungspflichtig ist. Dann hätte die deutsche Firma entweder einen Embargoverstoß begangen, für den Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren oder bei Fahrlässigkeit entsprechend hohe Geldstrafen bzw. Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren (§ 34 Abs. 4 und Abs. 7 AWG) drohen, oder eine ungenehmigte Ausfuhr (§ 33 Abs. 4 AWG) getätigt, bei der Geldbußen von bis zu 500.000 Euro je Verstoß vorgesehen sind. Angenommen wird weiter, dass die rechtliche Be­gutachtung bzgl. US-Exportrecht zu dem Ergebnis kommt, dass die amerikanische Mutter gegen das US-Total­embargo nach § 560.204 der Iranian Transaction Regulations (ITR) verstoßen hat, zu welcher die deutsche Tochter Beihilfe geleistet hat.

Für diese US-Straftat drohen Freiheitsstrafen von bis zu 20 Jahren oder Geldstrafen von bis zu 1 Mio US$ je Verstoß oder – bei fahrlässiger Begehung – Geldbußen von bis zu 250.000 US$ je Verstoß. Diese Strafsanktionen drohen nach deutschem Recht sowohl dem Ausfuhrverantwortlichen (AV) als auch dem Exportleiter (EL), nach US-Recht drohen sie im Zweifel dem Unternehmen; meist gelingt es, Sanktionen gegen die Exportsachbearbeiter zu vermeiden.

Unsere Erfahrung zeigt, dass sehr rasch gehandelt werden sollte. Denn wenn die deutsche Firma nicht rasch mittels eines spezialisierten Anwalts deutlich macht, dass sie bereit ist, sofort mit der Staatsanwaltschaft (StA) bzw. mit dem Zollfahndungsamt (ZFA) zu kooperieren, wird die repressive Entwicklung eskalieren: Der Prüfer hat den An-fangsverdacht einer Straftat, welchen er an die StA weiterleiten wird. In letzter Zeit hat dies meist dazu geführt, dass der Staatsanwalt einen gerichtlichen Beschluss über Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen anforderte.

Die Ermittlungen können bis zu zwölf Monate dauern – eine monatelange Ruhe nach dem Abbruch der Außenwirtschaftsprüfung heißt also nicht, dass staatliche Aktivitäten ruhen. Im Gegenteil: Der Ab-bruch der Prüfung sollte eher als Warn­hinweis gesehen werden, dass Zwangsmaßnahmen des Staates drohen, ohne dass die Firma vorher einen Abschlussbericht des Prüfers erhält – wegen der abgebrochenen Prüfung erhält diesen nur das ZFA.

Die deutsche Firma sollte rasch einen spezialisierten Anwalt einschalten, und zwar weniger einen Strafverteidiger – dieser ist im Zweifel ergänzend erforderlich, wenn es wider Erwarten zur Eröffnung des gericht­lichen Strafverfahrens kommt –, sondern eher einen Exportanwalt, da es für die anstehende Kommunikation mit ZFA und StA um dezidierte exportrechtliche Kenntnisse geht. Der Exportanwalt sollte sofort Akteneinsicht beantragen und die Rechtslage analysieren, ob hier tatsächlich Exportverstöße und somit Straftaten nach deutschem und US-Recht begangen wurden.

In einigen Fällen stellte sich dabei heraus, dass die bisherigen Entscheidungsgrund­lagen des ZFA angreifbar waren, weil einige der als gelistet bezeichneten Güter nicht gelistet waren. Dies kann damit zusammenhängen, dass Irrtümer über die technischen Eigenschaften vorliegen oder Besonderheiten der Güter nicht genügend berücksichtigt wurden.

Manchmal konnten ZFA und StA davon überzeugt werden, ihre Einschätzung bzgl. der Listung der Güter zu ändern. Meist kann eine andere als die Listung als Rüstungsmaterial nur für die Zukunft erreicht werden, indem umfassende Belege dafür vorgelegt werden, dass inzwischen zivile Kunden zu den Hauptabnehmern gehören. Für betroffene Geschäftsführer war es bitter, eine Geldbuße für einen solchen Exportverstoß zu zahlen, obwohl später das BAFA bestätigte, dass es dieses Gut nicht mehr als Rüstungsgut ansah. Bei Bejahung einer Rückwirkung wäre die Straftat entfallen.

Der Exportanwalt sollte als Nächstes umfassend prüfen, welche Milderungsgründe bejaht werden können und ob sich eine freiwillige Selbstanzeige (fSA) empfiehlt. Während diese Punkte umfassend im US-Exportrecht geregelt sind, fehlen entsprechende Regelungen im deutschen Recht. Die Milderungsgründe sind ansatzweise geregelt in § 46 Strafgesetzbuch (StGB) und § 17 Ordnungwidrigkeitengesetz (OWiG) – es spricht nichts dagegen, zusätzlich Regelungen des US-Exportrechts entsprechend anzuwenden, sofern diese § 46 StGB entsprechen.

Als wichtig zeigen sich dabei u.a. folgende Punkte:

  • Fahrlässigkeit/Tatbestandsirrtum (v.a. nachvollziehbare Irrtümer bzgl. der Listung von Gütern),
  • Nachweis der Genehmigungsfähigkeit (Exportgenehmigung wäre bei Antrag erteilt worden),
  • Verhindern eines Verstoßes für die Zukunft (u.a. durch Vorlage einer neuen Organisationsanweisung für Exportkontrolle/Zollabwicklung),
  • hohe Kooperation mit ZFA/StA, inkl. fSA.

Im deutschen Exportrecht fehlt zwar eine gesetzliche Kodifizierung der fSA, sie ist aber in der Praxis anerkannt. Die Rechtsfolge ist Strafmilderung, wobei die Höhe der Milderung unterschiedlich ausfällt. Im US-Exportrecht ist sie detailliert geregelt, inklusive erforderlicher Prozedur und Rechts­folge (vgl. § 764.5 der EAR = Export Administration Regulations und 31 CFR 501 Appendix A): Um die Rechtsfolge der 50%-Minderung der Sanktionen zu erreichen, muss sie eingereicht werden, bevor eine US-Behörde Ermittlungen wegen dieses Verstoßes aufgenommen hat. Sehr rasch muss deswegen bei US-Behörden der Erstbericht eingereicht werden; danach hat man mindestens drei Monate Zeit für den nachfolgenden Bericht über Exportaktivitäten der letzten fünf Jahre.

Der Exportanwalt sollte auf die rasche außergerichtliche Einstellung der Ermittlungen hinarbeiten. In Deutschland geht dies bei Straftaten vor allem über § 153a Strafprozessordnung (StPO) – also gegen Zahlung einer angemessenen Geldauflage an gemeinnützige Einrichtungen – und bei Ordnungswidrigkeiten nach § 47 OWiG, also gegen Zahlung einer Geldbuße an den Staat, in den USA durch Abschluss eines Settlement Agreement, dessen Inhalt ins Internet gestellt wird. StA bzw. das Hauptzollamt (HZA) wird dies nur mitmachen, wenn es eine Win-win-Situation darstellt: Es muss umfassende Kooperation bestehen, und die Geldauflage bzw. Geldbuße muss in einem angemessenen Verhältnis zu der zu erwartenden Strafe einer gerichtlichen Verurteilung stehen, unter Abzug von Prozessrisiken. Bisher sind uns solche Einstellungen in allen vertretenen Fällen gelungen.

Nicht immer ist es für die Betroffenen – den Ausfuhrverantwortlichen und den Exportleiter – einfach zu akzeptieren, dass sie die Geldauflage/Geldbuße aus eigener Tasche zahlen müssen, um strafrechtliche und steuerliche Risiken für die Firma und für deren exportrechtliche Reputation zu vermeiden. Hier gibt es aber Lösungen dergestalt, dass die Firma dies später teilweise refinanziert. Lösungen, bei denen die Firma alleine die Geldbuße zahlt (vgl. § 29a und § 30 OWiG), haben gewisse Risiken, u.a. weil nach § 30 OWiG gewerberechtliche Nachteile drohen und nach § 29a OWiG die Geldsumme für den Verfall meist sehr hoch ist.

Bei der zuständigen US-Behörde (Office of Foreign Assets Control, OFAC) sollte der Exportanwalt sofort eine fSA einreichen und sich anschließend an ZFA und StA wenden, um Kooperation zuzusichern. Nur sofern er nachweisen kann, dass sämtliche möglichen Milderungsgründe greifen, sind – wegen geringer Schuld – Geldauflagen/ Geldbußen denkbar, die sich am Transaktionswert der Lieferungen bzw. dem daraus gezogenen Gewinn sowie an der Leistungsfähigkeit der Betroffenen orientieren.

Durch solche Nachweise und Verhandlungen könnte – so unsere Erfahrungen – erreicht werden, dass der Staatsanwalt eine Geldauflage zwischen vollem und hälftigem Gewinn aus dieser Exportlieferung (hier zwischen 45.000 und 90.000 Euro) akzeptiert – bei nicht sensitiven Ländern sind auch schon Geldauflagen in der Größenordnung zwischen 1 und 25% des erzielten Gewinns akzeptiert worden, je nach Anzahl/Wert der Lieferungen, Verschulden, Leistungsfähigkeit etc. Auch unter den neuen Economic Sanctions Enforcement Guidelines des OFAC scheint es möglich, wegen vieler Milderungsgründe Civil Penalties in dieser ­Größenordnung zu erreichen, wie unsere Erfahrungen zeigen.

Kontakt: harald.hohmann[at]hohmann-partner.com

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