EU-Personen und Unternehmen ist es verboten, Forderungen iranischer Unternehmen nachzukommen, wenn ein Vertrag oder Geschäft, z. B. eine Lieferung von Waren, aufgrund der Sanktionen nicht durchgeführt werden darf. Erfasst das Embargo-Erfüllungsverbot auch die freiwillige Rückzahlung der Anzahlung eines Vor-Embargo-Geschäftes? Was ändert sich an der Fragestellung, wenn es durch das Embargo zur Listung des Kunden kommt?
Von PD Dr. Harald Hohmann, Rechtsanwalt, Hohmann Rechtsanwälte
Ausgangsfall
D in Deutschland hat mit I im Iran einen Vertrag zur Lieferung einer Maschine geschlossen; für diesen Kauf war eine Anzahlung von 1 Mio EUR vorgesehen. Dieser Vertrag wurde Ende 2015 abgeschlossen, und die Lieferung der Maschine war damals rechtlich zulässig; sie war von keinem der Iran-Anhänge gelistet. Daher leistete I Ende 2015 die Anzahlung. Kurz darauf wurde diese Maschine vom neuen Anhang III der Iran-Embargo-VO gelistet, so dass D diese Maschine nicht mehr in den Iran liefern darf. Darf D nun die Anzahlung an I zurückgeben? Oder wird er durch das Erfüllungsverbot daran gehindert?
Alternative zum Ausgangsfall: Angenommen, I wäre kurz nach der Anzahlung an D auf Anhang IX gelistet worden. Darf D nun die Anzahlung an I zurückzahlen? Falls nicht, was kann er stattdessen machen?
Der Wortlaut von Art. 38 Iran-Embargo-VO 267/2012 ist wie folgt: „Ansprüche im Zusammenhang mit Verträgen und Transaktionen, deren Erfüllung bzw. Durchführung von den mit dieser Verordnung verhängten Maßnahmen unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise betroffen ist, einschließlich Schadenersatzansprüchen und ähnlichen Ansprüchen, wie etwa Entschädigungsansprüche oder Garantieansprüche, vor allem Ansprüche auf Verlängerung oder Zahlung einer insbesondere finanziellen Garantie oder Gegengarantie in jeglicher Form, werden nicht erfüllt, sofern sie von einer der folgenden Personen geltend gemacht werden: u.a. iranische Personen.“
Dieser Wortlaut ist viel zu weit geraten. Allein nach diesem weiten Wortlaut kann die Auffassung vertreten werden, dass auch die freiwillige Rückzahlung der Anzahlung eines Vor-Embargo-Geschäftes verboten ist. In der Literatur gibt es nur eine einzige Stimme, die (ohne Nachweise) davon ausgeht, dass dies die richtige Auslegung ist. Die übrige Literatur tendiert eher in eine andere Richtung.
Auslegung des Erfüllungsverbotes nach Sinn und Zweck
Nach Sinn und Zweck geht es darum, dass weder embargowidrige Verträge noch Ersatzansprüche hierfür (insbesondere Schadenersatz- und Garantieansprüche), die an die Stelle der embargowidrigen Lieferung treten, erfüllt werden dürfen. Es geht also nur darum, keine Sekundäransprüche aus dem Vertrag zu erfüllen, die an die Stelle des unzulässigen Lieferanspruchs treten. Bei der freiwilligen Rückzahlung der Anzahlung für ein Vor-Embargo-Geschäft geht es gerade nicht darum, den embargowidrigen Vertrag oder Sekundäransprüche hieraus zu erfüllen, sondern es geht einzig und allein darum, die vorvertragliche Situation wieder herzustellen. Daher spricht eine Auslegung nach Sinn und Zweck dafür, dass die freiwillige Rückzahlung der Anzahlung für ein Vor-Embargo-Geschäft im Zweifel nicht unter das Erfüllungsverbot fällt. Auch Bundesbank und BMWi tendieren zu dieser Auslegung.
Lösung Ausgangsfall
Nur nach dem zu weiten Wortlaut kann die Auffassung vertreten werden, dass die freiwillige Rückzahlung der Anzahlung für ein Vor-Embargo-Geschäft nach der Erfüllungsverbot-Vorschrift verboten ist. Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen aber eine deutlich andere Sprache. Außerdem wird D zwingende Gründe dafür anführen müssen, warum er eine Anzahlung behalten darf, ohne irgendeine Gegenleistung erfüllen zu müssen. Hier besteht das hohe Risiko, dass I Strafanzeige einlegen wird wegen Unterschlagung (§ 246 StGB) oder Untreue (§ 266 StGB) seitens D. Angesichts dieses Dilemmas, möglicherweise entweder unter das Erfüllungsverbot oder unter eine Strafvorschrift zu fallen, sollte sich D gut beraten lassen. D wird eine sehr gut abgesicherte Rechtsposition brauchen, unabhängig davon, wie D sich entscheidet.
Lösung Abwandlung
Bisher ging es um ein güterbezogenes Lieferverbot aufgrund des Embargos. Die Rechtslage ändert sich sofort, wenn es im Rahmen des Embargos zu einer personenbezogenen Listung kommt: Aus dem Bereitstellungsverbot (Art. 23 Abs. 3 VO 267/2012) folgt klar, dass D – aufgrund der Listung seines Kunden I – nun nicht mehr die Anzahlung an I zurücküberweisen darf. Die wohl einzige Möglichkeit, die D hat, ist nun die Anzahlung aus dem Altvertrag auf ein eingefrorenes Konto in der EU zugunsten von I einzuzahlen, mit dem klaren Auftrag, dass dies erst dann an I ausgezahlt werden darf, wenn dessen De-Listung eindeutig nachgewiesen ist.
Resümee
Der Gesetzgeber wird aufgefordert, sehr bald die Erfüllungsverbot-Vorschriften, deren Wortlaut in praktisch allen EU-Embargos gleich bzw. identisch ist, so abzuändern, damit klarer wird, dass die freiwillige Rückzahlung der Anzahlung aus dem Vor-Embargo-Geschäft nicht darunter fällt (abgesehen vom Sonderfall einer Personen-Listung des Kunden aufgrund des Embargos). Exporteure, die jetzt (güterbezogen) aufgrund des Embargos den Lieferanspruch nicht mehr erfüllen können, müssen überlegen, ob es ihnen verboten ist, die erhaltene Anzahlung wieder zurückzuzahlen. Sinn und Zweck sprechen gegen ein solches Verbot. Hierfür sollten die Exporteure ihre Rechtsposition gut absichern, damit sie weder gegen das Erfüllungsverbot noch gegen eine Strafvorschrift verstoßen. Eine andere Frage ist, ob die Exporteure einen Abzug für ihre Administrativ-Kosten etc. von der Anzahlung machen dürfen.
Wegen aktueller Hinweise zum IranEmbargo vgl. auch http://hohmann-rechtsanwaelte.de/rechtstexte-iranembargo.html. Das kostenlose Sonderheft des „Export-Managers“ zum 15-jährigen Bestehen der Kanzlei Hohmann Rechtsanwälte ist erhältlich über eine E-Mail an: info@hohmann-rechtsanwaelte.com
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