Zahlreiche Länder haben ihre Sicherheitsvorkehrungen für die Ein- und Ausfuhr von Waren verschärft. Aus diesem Grund werden Zollpartnerschaftsprogramme, die einen schnellen und reibungslosen internationalen Handelsverkehr ermöglichen, immer wich­tiger. Ab dem 1. Juli 2012 gilt nun neben bereits bestehenden Vereinbarungen mit der Schweiz, Norwegen und Japan die unein­geschränkte wechselseitige Anerkennung der „vertrauenswürdigen Handelspartner“ mit den USA.

Von Dr. Lothar Harings, Rechtsanwalt und Partner, Graf von Westphalen

Ein wichtiger Schritt zur Vereinfachung des Welthandels ist das zwischen der EU und den USA vereinbarte Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von AEO und C-TPAT. Danach erkennen die europäischen sowie die US-amerikanischen Zollverwaltungen die von der jeweils anderen Seite zugelassenen vertrauenswürdigen Händler als den eigenen gleichwertig an (vgl. Pressemitteilung IP/12/449 der Europäischen Kommission vom 4. Mai 2005).

Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten der EU (Authorized Economic Operator – AEO) werden so ab dem 1. Juli 2012 Vergünstigungen beim Export in die USA gewährt. Gleichzeitig vereinfacht sich die Einfuhr von Waren in die EU für alle zertifizierten Mitglieder der US-Customs-Trade Partnership Against Terrorism (C-TPAT) – nach Aussage von EU-Kommissar Semeta ein bedeutender Schritt für die transatlantischen Handelsbeziehungen. Immerhin sind am C-TPAT-Programm mehr als 10.000 Unternehmen beteiligt, die schätzungsweise die Hälfte aller Importe in die USA abwickeln.

Seit 1. Januar 2008 können Unternehmen, die in der EU ansässig und am Zollgeschehen beteiligt sind, den Status des AEO mit dem Ziel der Absicherung der durchgängigen internationalen Lieferkette beantragen. Unternehmen, denen der AEO-Status verliehen wurde, werden von den Zollverwaltungen als risikoarm und damit als sichere Handelspartner eingestuft.

Der Weg zur Erlangung des AEO-Zertifikats ist durchaus aufwendig. Gem. Art. 5a des Zollkodexes (ZK) sowie den entsprechenden Durchführungsvorschriften muss ein Unternehmen detailliert nachweisen, dass u.a. (a) in den letzten drei Jahren die Zollvorschriften angemessen eingehalten wurden, (b) ein zufriedenstellendes System, Geschäftsbücher zu führen, vorhanden ist und © die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens besteht.

Derzeit haben mehr als 5.000 europäische Unternehmen den Status als zuverlässiger Handelspartner erlangt – Tendenz steigend. Denn mit dem Ausbau der wechselseitigen Anerkennung der „Trusted Traders“ steigen sowohl die Akzeptanz als auch die Attraktivität des AEO-Status, für den die Antragstellungen bislang weit hinter den Erwartungen zurücklagen, weil zugelassene Wirtschaftsbeteiligte in der EU bisher keine nennenswerten Erleichterungen zu spüren bekommen haben. Kosten und Nutzen stehen daher aus Sicht vieler Unternehmer in keinem Verhältnis, zumal die Gewährung von Zollvereinfachungen nicht förmlich an den AEO-Status geknüpft ist.

Der Weg zu multi- oder bilateralen Partnerschaftssicherheitsprogrammen ist langwierig und aufwendig. Allen bisher abgeschlossenen Vereinbarungen gingen langjährige Verhandlungen der EU-Kommission mit den zuständigen nationalen Einrichtungen (z.B. dem US-Department of Homeland Security – DHS) voraus, in denen eine Vielzahl technischer und praktischer Probleme überwunden werden musste. Voraussetzung für die wechselseitige Anerkennung ist nämlich die Feststellung, dass die Handelspartner gleichwertige Systeme haben und gleichwertige Kontrollen durchführen („Joint Audits“, „Joint AEO Monitoring“).

Die europäischen zollrechtlichen Vorgaben allein ermöglichen aber keine umfassende gegenseitige Anerkennung von Wirtschaftsteilnehmern aus Drittstaaten als AEO. Solche Vereinbarungen werden auf völkerrechtlicher Ebene entweder durch Abkommen bzw. die Änderung bereits bestehender Abkommen oder durch Beschlüsse getroffen.

Mit der Schweiz, Norwegen und Japan bestehen bereits seit einiger Zeit derartige Vereinbarungen über die Anerkennung der EU-Zertifizierung. Ein Vergleich der Vereinbarungen zeigt, dass zum einen die umfassende wechselseitige Anerkennung des AEO-Status mit dem Ziel der Angleichung der Zollsicherheitsstandards verfolgt wird (Schweiz/Norwegen). Zum anderen wird – deutlich weniger weitgehend – die gegenseitige Anerkennung als bloßer risikomindernder Faktor bei der Risikoanalyse der Zollbehörden, die aus oft langwierigen, mehrstufigen Sicherheitsmaßnahmen besteht, berücksichtigt (Japan).

Die nun getroffene formale Vereinbarung zwischen den USA und der EU ist Teil des Abkommens über Zusammenarbeit und gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich (AZGA), in dem sich die Zollbehörden verpflichten, die Zusammenarbeit im Zollbereich so weit wie möglich auszubauen und die Erleichterung des Warenverkehrs anzustreben (Art. 6 f. AZGA). Gleichzeitig ist sie Ausdruck des Bestrebens, den von der Weltzollorganisation (WZO) im Juni 2011 aufgestellten SAFE-Standards (Framework of Standards to Secure and Facilitate Trade) Rechnung zu tragen.

Seit 2006 besteht zudem ein erster Schritt zu einer verstärkten Zusammenarbeit der EU mit China im Rahmen eines Pilotprojektes mit dem Ziel, intelligente und sichere Handelswege zwischen den beiden Staaten zu schaffen. Beteiligt sind zunächst die Häfen Rotterdam (Niederlande), Felixstowe (Vereinigtes Königreich) und Shenzhen (China). Bei erfolgreichem Verlauf kann die Zusammenarbeit schrittweise auf die gesamte EU ausgedehnt werden.

Die Entwicklung von vergleichbaren Vereinbarungen mit afrikanischen Staaten steht noch ganz am Anfang; noch scheint in Afrika vor allem die Steuererhebung im Fokus der Behörden zu liegen.

Die Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas (SADC) mit zurzeit 15 Staaten hat mit der Entwicklung eines AEO-Programms für die Region begonnen. Insbesondere Botswana, Namibia und Südafrika arbeiten gemeinsam an den Fragestellungen und Entwürfen zur Umsetzung von zukünftigen Handelspartnerschaftsabkommen. Südafrika als Staat mit einem vergleichsweise weit entwickelten Zolldienst kommt dabei eine Vorreiterrolle zu. Das Land ist derzeit in Gesprächen mit der EU über die gegenseitige Anerkennung des AEO-Status.

Auch die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC) der Länder Burundi, Kenia, Ruanda, Tansania und Uganda ist bestrebt, ein regionales AEO-Programm einzuführen. Bis Ende dieses Jahres sind hier durchaus weitere Fortschritte zu erwarten.

Sind einmal alle politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Hürden genommen, bieten Handelspartnerschaftsprogramme zahlreiche Vorteile. Für vertrauenswürdige Wirtschaftsbeteiligte gelten Vereinfachungen bei den Zollverfahren oder Erleichterungen bei den sicherheitsrelevanten Kontrollen. Die Zahl der Sicherheitsüberprüfungen in der Lieferkette kann reduziert werden, womit auch die finanziellen Belastungen (Beförderungskosten u.a.) verringert werden können. Gleichzeitig können sich die nationalen Zollbehörden künftig stärker auf die Kontrolle unbekannter und hochriskanter Transaktionen konzentrieren.

Textkasten: AmCham begrüßt Abkommen

Die American Chamber of Commerce in Germany begrüßt das am 4. Mai 2012 unterzeichnete Abkommen zwischen USA und EU zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Sicherheitsinitiativen AEO und C-TPAT. Es sei „ein wichtiger Schritt, um ­verbleibende Handelsbarrieren abzubauen und den transatlantischen Warenhandel weiter zu vereinfachen.“ Die AmCham wertet das Abkommen außerdem als einen „Erfolg der Arbeit des Transatlantischen Wirtschaftsrates (TEC), der die Verhandlungen politisch unterstützt hat“. Das F.A.Z.-Institut veranstaltet gemeinsam mit der AmCham und dem BDI am 14. und 15.11. 2012 die 6. Transatlan­tische Jahreswirtschaftskonferenz in Frankfurt am Main.

Kontakt: l.harings[at]gvw.com

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