Die Stütze der deutschen Exporte sind im laufenden Jahr die Länder der Europäischen Union außerhalb der Euro-Zone. Die Ausfuhr nach Rumänien stieg in den ersten acht Monaten 2016 um 13,2%, die nach Ungarn immerhin um 6%. Während Rumänien 2016 das stärkste Wirtschaftswachstum seit der Finanzkrise erlebt, kurbelt die ungarische Regierung die Wirtschaft gerade mit „Orbanomics“ an.

Von Gunther Schilling, Leitender Redakteur ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA, und Jana Braun, Redaktion ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA

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Die südosteuropäischen Staaten Rumänien und Ungarn haben wirtschaftlich viel zu bieten. Der steigende Privatkonsum, die verbesserten Staatshaushalte, die sinkende Arbeitslosigkeit, die niedrige Inflation sowie die Aussicht auf ­weitere EU-Fördergelder sprechen langfristig für gute wirtschaftliche Rahmen­bedingungen in den südosteuropäischen Staaten. Der IWF rechnet da-mit, dass Ungarn 2017 um rund 2,5% wachsen wird. Rumänien soll um 3,8% zu-legen. Auch der Außenhandel ist ein Konjunkturmotor: 2016 konnten sowohl Ungarn als auch Rumänien ihre Exporte im Vergleich zum Vorjahr steigern: Während Ungarn in den ersten acht Monaten ein Plus von 3% aufweisen konnte, erhöhte Rumänien seine Exporte bis einschließlich August um 4%.

Doch die Länder exportieren nicht nur: Sie ziehen auch Investoren an. Und da immer mehr Unternehmen nach Südosteuropa expandieren, steigt dort auch die Nachfrage an Fachkräften. Dies führt bereits zu einem Mangel an Fachkräften. Der Ausbau des Bildungssystems soll diesem Mangel zukünftig entgegenwirken und somit ebenfalls dem Ausbau der Wirtschaft dienen. Von der Nachfrage nach Fachkräften und den geplanten Verbesserungen im Bildungsbereich profitieren die Menschen vor Ort. In der Region ist daher der Privatkonsum neuerdings eine Wachstumsstütze der Wirtschaft. Denn durch eine Steigerung des Realeinkommens, die verbesserte Lage am Arbeitsmarkt, den Rückgang der Arbeitslosigkeit sowie durch die niedrige Inflation wird es der Bevölkerung ermöglicht, private Investitionen zu tätigen.

Rumänien setzt auf IT und Energie

Rumänien ist seit 2007 EU-Mitglied, und unter der Leitung des früheren EU-Agrarkommissars Dacian Ciolos führt eine sogenannte „Technokratenregierung“ die Regierungsgeschäfte bis zur Neuwahl Ende dieses Jahres. Obwohl die Politik an vielen Stellen instabil ist, sind positive Veränderungen im Land festzustellen.

Besonders vielversprechend scheint der verhältnismäßig neue IT-Sektor Rumäniens. Dieser entwickelt sich sehr dynamisch, seit er im Jahr 2001 von der Einkommensteuer befreit wurde und es ein eigenes IT-Ministerium gibt. Junge, kluge Köpfe aus Rumänien machen international Karriere – in den weltweiten Niederlassungen von Microsoft wird nach Englisch am zweithäufigsten Rumänisch gesprochen, berichtete US-Vizehandelsminister Andrews mit Hinweis auf die hervorragenden rumänischen Sicherheitsspezialisten. Doch nicht nur IT-Produkte aus Rumänien sind gefragt – auch an Gütern aus der Automobil-, der Nahrungsmittel- sowie der Papierindustrie besteht Interesse.

Das zweitärmste Land der EU hat eine breite Produktpalette anzubieten, darunter auch Bodenschätze und natürliche Ressourcen. Denn in dem Land am Schwarzen Meer findet man Kohle, Salz und Erdöl. Die geographische Lage komplettiert die Attraktivität des Landes – die Nähe Rumäniens zu weiteren Absatzmärkten wie Bulgarien, der Ukraine oder auch Serbien kann ein Vorteil für ausländische Investoren sein.

Ferner verfügt Rumänien über eigene Öl- und Gasvorkommen und ist von der Energielieferung Russlands unabhängig. Das Land könnte in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung der EU spielen. Dies würde sich auf die rumänische Wirtschaft positiv auswirken und das Land zukünftig noch attraktiver machen. Die EU hofft, dass in naher Zukunft die Energieversorgung unter anderem durch rumänische Offshorevorkommen im Schwarzen Meer gesichert werden kann.

Für 2019 erhofft sich Rumänien ebenfalls die Einführung des Euro, um zukünftig als Mitglied der Währungsgemeinschaft die eigene Wirtschaft noch intensiver zu stärken. Bislang profitierte das Land vor allem von den EU-Fördergeldern, die es laut Berechnungen der IHK auch effizient nutzte. All diese Faktoren sprechen für eine positive Zukunft der rumänischen Wirtschaft. Gerade für deutsche Unternehmen dürfte dies interessant sein, da Deutschland Handelspartner Nummer 1 von Rumänien ist.

Ungarn fördert Zukunftssektoren

Die aktuelle Situation in Ungarn wird laut der 22. Konjunkturumfrage der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer (DUIHK) vom Frühjahr 2016 recht gut bewertet. Die befragten Unternehmen, ausländische Investoren und DUIHK-Mitglieder, beurteilten die ungarische Volkswirtschaft und ihre eigene Geschäftssituation deutlich besser als im Vorjahr. Und Ungarn scheint tatsächlich auf einem stabilen Weg zu sein. Denn nur acht Jahre, nachdem die EU Ungarn durch einen Milliardenkredit vor dem Staatsbankrott bewahren musste, konnte Ungarn im April 2016 die letzte Rate des Kredits zurückzahlen.

Vor zwei Jahren begann eine neue, siebenjährige EU-Finanzperiode. Da es normalerweise viel Zeit in Anspruch nimmt, bis die Länder tatsächlich auf das Geld zugreifen können, flossen in den vergangenen Monaten nur wenige EU-Mittel – auch, weil Ungarn selbst zu wenig beisteuerte. Doch ab 2017 sollte Ungarn wieder liquide sein – dann kann mit um 4% steigenden Investitionen gerechnet werden.

Fachleute beklagten allerdings, dass Investitionen der ungarischen Regierung zu sehr an die EU-Gelder gekoppelt seien. Die Regierung will deswegen nun in den kommenden Jahren die Industrieparks ausbauen. In dieses Projekt sollen bis 2018 etwa 150 Mrd HUF fließen. Ungarn will sein Exportpotential und seine Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, indem die Förderung von sieben Industriezweigen intensiviert wird. Dazu zählen die Gesundheitswirtschaft sowie der Gesundheitstourismus, der Spezialmaschinenbau, die Lebensmittelbranche, die „grüne Wirtschaft“, die Kommunikations- und die Informationstechnologien, die Verteidigungsindustrie und die Automobilindustrie.

Letztere ist der wichtigste Industriezweig des Landes, in welchem momentan ein Umbruch stattfindet. Die Hersteller Suzuki und Audi nehmen Änderungen an ihrem Produktangebot vor, so dass insgesamt weniger Autos produziert und verkauft werden konnten. Doch diese Änderung spricht dafür, dass die genannten großen Automobilkonzerne weiterhin Interesse an ihren Standorten in Ungarn haben. Es wird erwartet, dass die Automobilproduktion wieder zunimmt.

Ebenfalls wachsen sollen die Konsumausgaben der ungarischen Bevölkerung und die ausländische Nachfrage. Die EU-Kommission prognostizierte, dass die ungarischen Exporte in den Jahren 2016 und 2017 um bis zu 6,4% zulegen werden. Die ungarische Exportwirtschaft sowie der private Konsum werden sich daher aller Voraussicht nach positiv auf das Wirtschaftswachstum auswirken.

Kontakt: gunther.schilling@frankfurt-bm.com

 

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