Die deutsch-ukrainischen Wirtschaftsbeziehungen haben sich von der schweren Krise im Jahr 2009 wieder erholt und entwickeln sich zurzeit positiv. Auf dem deutsch-ukrainischen Wirtschaftsforum, das am 5. April im Rahmen der HANNOVER MESSE 2011 stattfand, begrüßten deutsche Unternehmensvertreter die Reformen, die die ukrainische Regierung auf den Weg gebracht hat. Allerdings wiesen sie auch auf viele Bereiche hin, in denen es noch Verbesserungsbedarf gibt.

Von Sylvia Röhrig, Redakteurin ExportManager, F.A.Z.-Institut

Das deutsch-ukrainische Wirtschaftsforum wurde vom Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft in Zusammenarbeit mit der Botschaft der Ukraine und der Deutsche Messe AG veranstaltet. Ukrainische Referenten waren Vilaliy Nemilostewij, stellvertretender Minister für Industrie­politik, Natalia Zarudna, Botschafterin der Ukraine in Deutschland, sowie Regierungsvertreter der Regionen Dnipropetrowsk und Luhansk. Unter den deutschen Referenten waren u.a. Karin Rau, Delegierte der Deutschen Wirtschaft in der Ukraine, Uwe Lamann, Mitglied des Vorstands der LEONI AG, und Stefan Kresse, Geschäfts­führer der Remondis Ukraine GmbH, sowie Dr. Dagmar Lindner, Deutsche Bank AG.

Industrieminister Nemilostewij erläuterte die Reform der Unternehmensregistrierung, die nun eine Firmengründung in der Ukraine deutlich erleichtere. Botschafterin Zarudna begrüßte die Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Ukraine mit Chancen auf Vertragsunterzeichnung noch in diesem Jahr.
Frau Dr. Lindner hob hervor, dass sich die Wirtschaft weitgehend stabilisiert habe mit einem wieder fest notierenden Wechselkurs und gesunkenen Anleihespreads. Die Ukraine habe wieder Zugang zu den Kapitalmärkten. Das Bankensystem sei liquide mit Zinsen unter dem Vorkrisenniveau. Die deutschen Referenten waren sich darüber einig, dass es der ukrainischen Regierung gelungen sei, im Rahmen ihres Wirtschaftsreformprogramms einige wichtige Reformen auf den Weg zu bringen. Genannt wurden das neue PPP-Gesetz und der neue Steuerkodex. Im Außenhandel würde die Mehrwertsteuerrückerstattung besser funktionieren; bei der Zollabwicklung habe sich die Problematik in Verbindung mit der Festsetzung des Zollwertes entschärft. Insgesamt würden jedoch noch viele Regeln und Praktiken den Außenhandel erschweren.

Lamann wies auf den immer noch großen Reformbedarf des ukrainischen Zollrechts hin. Lohnveredelungsbetriebe in der Westukraine wie z.B. die deutsche Tochter von LEONI müssten Tausende von Teilen mit hohem bürokratischem Aufwand ein- und ausführen. Insbesondere die strengen Zertifizierungsvorschriften – jede Maschine, auch vom selben Typ und Hersteller, müsse immer wieder neu genehmigt werden – seien sehr aufwendig. Auch das neue Arbeitsrecht sei im Detail noch komplizierter als zuvor und von daher eher rückwärtsgewandt. Forderungen nach mehr Rechts­sicherheit, zuverlässigen Rahmenbedingungen und einer höheren Transparenz bei Ausschreibungen blieben nicht aus.

Wo locken die Aufträge für deutsche Unternehmen? Karin Rau sieht große Chancen in Verbindung mit der Modernisierung des ukrainischen Gastransportsystems. Im Rahmen der Fußballeuropameisterschaft sind noch viele Aufträge zu vergeben. Auch die energetische Modernisierung, d.h. Projekte zur Erhöhung der Energieeffizienz bzw. zur Entwicklung alternativer Energien, der Ausbau der Infrastruktur, Projekte in der Kommunalwirtschaft sowie in der Landwirtschaft gewinnen an Bedeutung in der deutsch-ukrainischen Zusammenarbeit.

Kontakt: s.roehrig[at]faz-institut.de

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