Durch die Erschließung immenser Rohstoffvorkommen ist die Mongolei eine der am stärksten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Das Land wandelt sich von einer Agrarwirtschaft zum Rohstofflieferanten. Die Einnahmen aus den Rohstoffexporten werden die umfassende Verbesserung der Lebensverhältnisse ermöglichen. Unternehmen aus Deutschland bietet die Mongolei vor allem beim Absatz von Maschinen und technischen Anlagen viele Möglichkeiten.

Von Dr. Manuel Probst, Strukturierte Außenhandels­finanzierung, BHF-BANK

Mit nur rund 3 Millionen Einwohnern auf einer Fläche, die viereinhalbmal größer ist als die Deutschlands, ist die Mongolei der am dünnsten besiedelte Staat der Erde. Riesige Steppen und Halbwüsten prägen den Charakter des Binnenlandes, das im Norden Russland und im Süden China zum Nachbarn hat. Den Möglichkeiten des Bodens und des extremen Klimas angepasst, lebten die Mongolen seit Jahrhunderten von nomadischer Viehwirtschaft. Doch seit einigen Jahren befindet sich das Land in einem grundlegenden Wandel.

Vor allem dank Investitionen in die Erschließung gewaltiger Rohstoffvorkommen war die Mongolei in den vergangenen Jahren eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt.

2011 erreichte die Wachstumsrate 17,5%; 2012 und 2013 waren es jeweils um die 12%. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) expandierte im Zeitraum 2002 bis 2012 von 1,4 Mrd USD auf 10,3 Mrd USD.

Der Außenhandel boomte bis 2011 – zuletzt wurde allerdings eine Stagnation verzeichnet. Wegen ihrer Abhängigkeit von wenigen Exportgütern und märkten ist die Mongolei hinsichtlich konjunktureller Schwankungen sehr gefährdet. Die Exporte waren nach zuvor extrem starkem Wachstum rückläufig. Bis zu 90% der Ausfuhren sind Rohstoffe, und zwar vor allem Kohle, Kupfer und Eisenerz. Diese wiederum werden zu 90% von China abgenommen. Braucht China weniger Kohle oder sinkt – wie 2013 geschehen – deren Preis, trifft dies die Mongolei hart. Auch die Importe der Mongolei hängen von den Minenprojekten ab. Nach einer zwischenzeitlichen Verdopplung (2011 wegen hoher Investitionen in die Kupfer und Goldmine Oyu Tolgoi) waren auch sie 2013 rückläufig. Die Mongolei bezieht aus dem Ausland vor allem Treibstoffe, Maschinen, elektrische Geräte und Fahrzeuge. China und Russland sind die wichtigsten Lieferanten. Deutschland hat einen Importanteil von etwa 4%. Von 2002 bis 2012 kletterte die Einfuhr von Waren aus Deutschland von rund 30 Mio USD auf rund 250 Mio USD. Maschinen, vor allem für den Bergbau, machen wertmäßig ein Drittel der von deutschen Unternehmen gelieferten Waren aus. Auch Fahrzeuge sowie Nahrungsmittel und chemische Erzeugnisse (Arzneimittel) haben einen großen Anteil.

Mit einem BIP pro Kopf von rund 4.000 USD ist die Mongolei derzeit noch ein armes Land. Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt nach Einschätzung der Weltbank in wirtschaftlicher Not. Eine umfassende Landflucht hat dazu geführt, dass mittlerweile etwa 40% der Mongolen in der Hauptstadt Ulan Bator und ihrer näheren Umgebung leben. Die Energie- und Wasserversorgung ist ebenso wie die medizinische Versorgung unzureichend. Trotz der riesigen Ausdehnung des Landes verfügt die Mongolei nur über 2.600 km asphaltierte Straßen. Die Bahnstrecken verbinden die Hauptstadt mit verschiedenen Unterzentren, wichtige Bergbauregionen sind jedoch nicht an das Schienennetz angebunden. In ihrem Logis­tics Performance Index weist die Weltbank die Mongolei auf Platz 140 von 155 Staaten aus.

Die gewaltigen Rohstoffreserven lassen die Mongolen jedoch auf eine goldene Zukunft hoffen. Im Sommer 2013 wurde der Tagebau in Oyu Tolgoi, einer der ­größten Kupfer- und Goldlagerstätten der Welt, in Betrieb genommen. Die Mine könnte bis 2020 ein Drittel der mongolischen Wirtschaftsleistung erbringen. Zudem steigt die Produktion im riesigen Kohlerevier von Tavan Tolgoi kontinuierlich. Mit der Erschließung dieser beiden Lagerstätten ist der Anfang für den Aufstieg in den Kreis der wichtigsten Rohstofflieferanten der Erde gemacht. Die Mongolei soll über etwa 10% der welt-weit bekannten Kohlevorkommen ver­fügen. Bei Uran steht das Land mit seinen Vorkommen international auf Platz 4. Große Lagerstätten von Kupfererz sind bekannt. Auch Gold und Silber sowie Flussspat, Molybdän, Nickel und Zink ­wurden entdeckt. Weil weite Gebiete des großen Landes noch gar nicht exploriert sind, ist mit weiteren Rohstofffunden zu rechnen.

Die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen beiden Jahre war stark von rechtlicher Unsicherheit belastet, die auch den Ausbau der beiden Flaggschiffprojekte Oyu Tolgoi und Tavan Tolgoi betraf. Verschärfte rechtliche Regelungen für ausländische Investoren wurden von diesen als Willkür empfunden und führten zu einem scharfen Einschnitt bei der Inves­titionstätigkeit besonders im Bergbau­sektor. Mit einem vor wenigen Monaten verabschiedeten neuen Investitionsgesetz soll das Vertrauen zurückgewonnen werden. Ausländische Unternehmen ­dürfen wieder frei im Land investieren, solange nicht mehr als 50% des Unternehmens im Besitz eines anderen Staates sind (um einem verstärktem Einfluss von chinesischen Staatsbetrieben entgegenzuwirken).

Die Weltbank rechnet für die Mongolei mit einer weiterhin hohen wirtschaftlichen Dynamik. Für 2014 und 2015 werden vor allem wegen der Investitionen in die Rohstoffgewinnung und damit zum Teil verbunden in die Infrastruktur (Verkehr, Kraftwerke, Wohnraum) Wachstumsraten um 10% prognostiziert. Auch der Konsum könnte wieder wachsen.

Die verstärkte Nachfrage nach Industriegütern und eine steigende Kaufkraft eröffnen deutschen Unternehmen zunehmend Chancen. Vor allem der Bedarf an hochwertigen Maschinen und Anlagen für die Rohstoffgewinnung und Roh­stoffverarbeitung wird weiter wachsen, denn weit über 100 neue Montanprojekte ­stehen an. Waren „made in Germany“ genießen in der Mongolei einen sehr guten Ruf. Davon werden deutsche Fahrzeug- und Konsumgüterhersteller profitieren. Absatzerfolge erzielten in jüngster Zeit Unternehmen, die Maschinen für die Lebensmittelindustrie herstellen. In diesem Bereich werden sich wie in der Logistik weitere Möglichkeiten bieten.

Chancen eröffnen sich für deutsche Unternehmen auch beim Ausbau der Energieversorgung. Viele Haushalte in der Mongolei sind nicht an eine zentrale Strom- und Energieversorgung angeschlossen. Eine Folge ist, dass Ulan Bator wegen der vielen privaten Kohleöfen unter extremer Luftverschmutzung leidet. Auch der Ausbau der Montanindustrie erfordert zusätzliche Energiekapazitäten. Neben dem Bau neuer Kohlegroßkraftwerke wird erneuerbaren Energien eine große Bedeutung beigemessen. Die ­mongolische Regierung hat ein Gesetz zur Förderung der erneuerbaren Energien erlassen. Das Ziel ist, bis 2020 bis zu einem Viertel des Stroms aus alternativen Energiequellen zu gewinnen.

Bis zum Jahr 2016 sollen in der Mongolei 1.800 km neue Schienenwege gebaut werden, damit haben Lieferanten von Eisenbahntechnik gute Perspektiven. Unter anderem soll zwischen der Kohlelagerstätte Tawan Tolgoi und China eine Verbindung entstehen, um die Transportkosten zu senken und die Wettbewerbsfähigkeit mongolischer Kohle in China zu verbessern. Für die Planung der Strecke hat die Deutsche Bahn den Zuschlag erhalten. Ebenfalls bis 2016 ist der Neubau von 5.000 km Straßen beabsichtigt, die die Hauptstadt mit den Provinzzen­tren verbinden werden. In enger Zusammenarbeit mit japanischen Unternehmen entsteht in Ulan Bator ein neuer Flughafen. Zudem sind eine U-Bahn und ein Schnellbussystem in Planung.

Wer in der Mongolei Geschäfte machen möchte, benötigt Geduld und muss auf den Aufbau persönlicher Vertrauensbeziehungen setzen. Unternehmen, die sich jetzt − wo nach dem Rückgang des Wachstums noch eine gewisse Verunsicherung zu spüren ist − in Position bringen, haben gute Voraussetzungen, von den Möglichkeiten, die der Aufstieg der Mongolei zu einem der führenden Rohstofflieferanten bieten wird, zu profitieren.

Die deutsche Botschaft in Ulan Bator und die Deutsch-Mongolische Wirtschaftskammer sind gute erste Anlaufstellen, zumal sie den Kontakt zu deutschen Unternehmen herstellen können, die Erfahrungen im Markt haben. Die BHF-BANK ist seit vielen Jahren in der Mongolei aktiv und verfügt ebenfalls über gute Kontakte zu lokalen Banken und Unternehmen. Einen Einstieg bieten auch verschiedene Messen wie die Bergbaumesse Discover Mongolia und die Investitionsgütermesse Future Mongolia, an der im vergangenen Jahr 39 deutsche Aussteller teilnahmen.

Textkasten: Weiterführende Links zur Mongolei

Kontakt: corporate-banking[at]bhf-bank.com

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