Der Aufbau eines umfassenden Exportkontrollsystem stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Von der organisatorischen Zuordnung bis zur Schulung der Mitarbeiter sind zahlreiche Schritte notwendig. Die Erfahrungen des Unternehmens Redknee schilderte der Exportkontrollbeauftragte Burkhard Ballmann während eines Webinars des „ExportManagers“ in Zusammenarbeit mit Amber Road am 18. November 2015.
Von Gunther Schilling, Leitender Redakteur, ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA
Als einer der größten unabhängigen Anbieter von Software für Zahlungssysteme, Kundenbetreuung und -analyse in der Telekommunikation beliefert das kanadische Unternehmen Redknee mehr als 250 Kunden in 100 Staaten. Mit dem Kauf der Sparte Business Support Systems von Nokia Siemens Network (NSN) kam das Unternehmen 2013 nach Deutschland. Die Exportkontrolle musste nun unabhängig von NSN aufgebaut werden. Damit wurde Burkhard Ballmann als Export-Control-Officer betraut.
Aufbau der Exportkontrolle
Zunächst erfolgte die organisatorische Zuordnung der Exportkontrolle zum Supply-Chain-Management, um die Prozesse in Deutschland zu organisieren. Dort wird nämlich das komplette Exportgeschäft der Gruppe abgewickelt. Allerdings erstreckt sich die Exportkontrolle auch auf die Finanz- und Personalabteilungen, den Verkauf sowie Forschung und Entwicklung. Zu prüfen sind insbesondere Zahlungen hinsichtlich sanktionierter Empfänger sowie Lieferungen und Einkäufe hinsichtlich involvierter Personen und gehandelter Waren, Liefer- und Empfängerländer, Güterklassifizierungen, Technologietransfer und Endverwendungen. Auch die eingesetzten Mitarbeiter müssen regelmäßig überprüft werden.
Das Trade-Compliance-Team von Redknee begann, die notwendigen Prozesse in allen Unternehmenseinheiten aufzusetzen und durch regelmäßige Schulungen einzuführen. Als zentraler Ansprechpartner für die zuständigen Behörden wie BAFA und Zoll ist das Team auch für die Überwachung und Kontrolle sowie für die Aktualisierung des Regelwerks und die Güterklassifikation zuständig. Letztlich darf kein Exportgeschäft ohne die Freigabe der Exportkontrollabteilung durchgeführt werden.
Klassifikation von Gütern und Personen
Für die Einstufung eigener und bezogener Güter setzt Redknee zunächst am Entwickler bzw. dem Originalhersteller an. Die dort vorgenommene Klassifikation wird vom Trade-Compliance-Manage-ment final festgelegt und mit der Klassifizierungsnummer (ECCN) in das selbstentwickelte ERP-System eingebucht. Die Lieferanten werden in die Liste der Originalhersteller aufgenommen. Open-Source-Komponenten werden von den zuständigen Softwarespezialisten geprüft und zugeordnet.
Bislang überprüft das Trade-Compliance-Team neue Kunden, Lieferanten und andere Kontakte manuell. Dies soll durch die Einführung einer speziellen Software den Spezialisten in Verkauf, Einkauf und anderen Abteilungen übertragen werden. Redknee hat sich für den Einsatz des Systems „Export on-Demand“ von Amber Road entschieden, das einen automatischen Abgleich mit aktuellen Sanktionslisten vornimmt. Die dort generierten Treffer werden weiterhin einzeln vom Trade-Compliance-Management geprüft. Zur Entscheidung über die Durchführung der angefragten Geschäfte zieht das Team auch externe Rechtsberatung hinzu.
Genehmigungen und Endverbleib
Zwar ist Redknee kein klassischer Produzent von sanktionierten Gütern wie z. B. Waffen, doch der Einsatz von Telekommunikation für terroristische Straftaten kann auch einen Dienstleister der Branche durch eine mittelbare Bereitstellung in einen Exportverstoß verwickeln. Daher erfordert eine genehmigungspflichtige Ausfuhr auch immer eine Endverbleiberklärung des Kunden, die die Nutzung durch geprüfte Anwender sicherstellt. Für Redknee sind insbesondere Allgemeingenehmigungen wie EU001 und AG 16 relevant, die vom Trade-Compliance-Management bei den zuständigen Behörden beantragt werden.
Für die internen Prozesse gibt das Team um Burkhard Ballmann klare zeitliche Vorgaben für die Einholung einer Genehmigung, und die Liefergeschäfte werden erst freigegeben, wenn die Genehmigung vorliegt. Dies kann nach Antragstellung bis zu drei Monate dauern. Falls Komponenten aus den USA verwendet werden, ist auch eine Lizenz der dortigen Behörden erforderlich. In Deutschland erhält das BAFA regelmäßige Berichte über die Exportkontrollaktivitäten von Redknee. Im Intranet sind die wichtigsten Anweisungen, Übersichten, Formulare und Trainings in einem Portal des Trade-Compliance-Managements hinterlegt und die Ansprechpartner genannt.
Rege Diskussion um Detailfragen
In der anschließenden Fragerunde wurden der Umgang mit US-Restriktionen und die Behandlung von Treffern ebenso thematisiert wie der Technologietransfer, die Prüfung von Open-Source-Software und Endverbleib sowie die Liefersperre bis zum Vorliegen einer Genehmigung.
Hinsichtlich der Lockerung des Iran-Embargos warnte Burkhard Ballmann vor frühzeitigen Verkaufsaktivitäten, da der Zeitpunkt der Implementierung noch keineswegs sicher sei.
Kai Schwab vom Veranstaltungspartner Amber Road erläuterte die Funktion des Restricted Party-Screenings im Rahmen der Lösung „Export on-Demand“, die Redknee für die Exportkontrolle einsetzt. Er bestätigte auch, dass das Exportkontrollsystem von Redknee auf andere Branchen, insbesondere die verarbeitende Industrie, ohne Weiteres übertragbar sei.
Kontakt: gunther.schilling@frankfurt-bm.com