Am 6. August 2012 wurde die New York Tochter der Standard Chartered Bank vom New York State Department of Financial Services (DFS) angeklagt, gegen das US-Iran-Embargo verstoßen zu haben. Vorher gab es schon ähnliche Anklagen von US-Behörden gegen europäische Banken wie ABN Amro, Lloyds TSB, Credit Suisse. In allen Fällen kam es zu umfassenden Strafzahlungen der Banken. Jetzt soll u. U. auch gegen die Deutsche Bank ermittelt werden. Welche Anforderungen bestehen nach dem US-Iran-Embargo für Banken?
Von PD Dr. Harald Hohmann, Rechtsanwalt, Hohmann Rechtsanwälte
Die deutsche Bank B hat eine Tochtergesellschaft in New York City (B-NY). Die B-NY wickelt die Finanzierung für folgenden Iran-Export ab: Die deutsche D liefert Güter made in Germany, die 11% US-Komponenten enthalten, von einem Lager in den USA an den I im Iran. Darf die B-NY bzw. die B diese Exportfinanzierung durchführen, ohne gegen das US-Iran-Embargo zu verstoßen?
Nach heutiger Rechtslage ist die Durchführung von Überweisungen in den Iran für US-Personen oder aus dem Gebiet der USA in der Regel untersagt. Denn die Durchführung von Überweisungen stellt einen Export von Dienstleistungen in den Iran dar, der nach § 560.204 ITR (Iranian Transactions Regulations) aus den USA bzw. für US-Personen verboten ist. Die B-NY ist eine US-Gesellschaft und damit eine US-Person, so dass sie das Verbot des § 560.204 ITR beachten muss. Bis zum 10. November 2008 durften Zahlungen für oder von iranischen Banken durch das US-Finanzsystem „durchgeschleust“ werden, sofern es sich bei der auftraggebenden und empfangenden Bank um ausländische Banken handelte (sog. U-Turn Transfers). Da aber die US-Behörden befürchteten, dass es hierdurch zu Finanzierungen für Proliferationszwecke kam, wurde dies im November 2008 verboten.
Seit November 2008 ist es US-Banken in der Regel nicht länger erlaubt, solche Iran-Transfers zu bearbeiteten. Demnach dürfen europäische Banken in der Regel keine US-Banken am Überweisungsver-kehr für Iran beteiligen. Aus § 560.516 (a) ITR folgt aber, dass es hierfür einzelne Ausnahmen gibt. Etwas Anderes würde vor allem dann gelten, wenn die Transaktion ausnahmsweise genehmigt worden ist oder wenn es sich um einen nicht-kommerziellen Vorgang bzw. einen vom US-Iran-Embargo ausgenommenen Vorgang handelt. Sofern es sich bei diesen Gütern z.B. um medizinische Güter handelt, ist nicht ausgeschlossen, dass das OFAC (Office of Foreign Assets Control) hierfür eine Ausnahmegenehmigung nach dem TSRA (Trade Sanctions Reform and Export Enhancement Act) erteilt.
Die B-NY muss daher die D fragen, ob sie eine solche Ausnahmegenehmigung nach dem TSRA hat und sich eine Kopie hiervon geben lassen. Sofern sich die B-NY vergewissert hat, dass eine solche Genehmigung vorliegt (vgl. § 560.516 © ITR) und dass keine Kreditierung gegenüber einem iranischen Konto stattfindet und auch keine gelistete Terrorismus-Unterstützer-Bank in dieses Geschäft involviert ist, darf die B-NY diese Iran-Finanzierung durchführen. Sollte hingegen eine solche Genehmigung fehlen, darf die B-NY diese Finanzierung eines Iran-Geschäfts nicht durchführen.
Es fragt sich, ob die deutsche B diese Exportfinanzierung durchführen darf. Da die Güter der D US-Komponenten mit einem Wertanteil von 11% enthalten, unterfällt ihr Re-Export in den Iran nach § 560.205 ITR dem US-Totalembargo; dies ist auch für Nicht-US-Personen verbindlich. Daher ist dieser Iran-Export für die D verboten. Zusätzlich folgt dies daraus, dass die Güter vom Territorium der USA geliefert werden. Entsprechendes dürfte auch für die B gelten, weil sie sich sonst wegen Beihilfe zum Exportverstoß strafbar machen könnte. Zusätzlich ist auch das Umgehungsverbot nach § 560.516 (d) ITR zu beachten, nach dem Iran-Geschäfte nicht von der US-Bank auf eine von ihr kontrollierte ausländische Bank übertragen werden dürfen, sofern diese Transaktion durch eine US-Person verboten wäre. Im Zweifel würde eine solche Weiterleitung der Transaktion von der B-NY an die B auch gegen dieses Umgehungsverbot verstoßen, selbst wenn die B-NY nicht die B kontrolliert. Die B darf daher diese Finanzierung eines Iran-Geschäfts nicht durchführen. Etwas anderes gilt, wenn die Transaktion von den US-Behörden genehmigt würde.
Vorgeworfen wurde der SCB ein neun Jahre währender, 60.000-facher Verstoß gegen § 560.516 ITR (mit einem Umfang von ca. 250 Mrd USD), der vor allem dadurch zustande gekommen sei, dass die Bank keine adäquaten Informationen über den Iran-Kontext erteilt habe, stattdessen hätte sie die Namen der iranischen Kunden bewusst verschleiert. Dadurch habe OFAC auch nicht das machen können, was es sonst immer machte, wenn keine adäquaten Informationen über den Iran-Kontext zur Verfügung stehen: Einfrieren solcher Geldbeträge bis zu dem Zeitpunkt, an dem diese Informationen nachgereicht werden können. Die Bank habe gemeinsame Sache mit ihren iranischen Kunden gemacht und deren Namen bewusst verschleiert, um Zeitverluste zu vermeiden. Es seien Anweisungen gefunden worden, nach denen vorsätzlich Geschäftsunterlagen gefälscht worden seien, es würden adäquate Dokumente über alle Iran-Transaktionen fehlen, es sei Fehlverhalten nach dem BSA (Bank Secrecy Act) bzw. nach Geldwäscheregelungen zu spät dem DFS (Department of Financial Services) gemeldet worden, und insgesamt sei damit das US-Iran-Embargo und der BSA umgangen worden.
Im Jahr 2009 waren die Vorwürfe gegen die Lloyds Bank (LB) weitgehend gleich: Die LB habe mindestens 4.200-mal gegen die ITR und die Sudanese Sanctions Regulations verstoßen, indem sie vorsätzlich die Namen der iranischen und sudanesischen Kunden verschleiert bzw. entsprechende Unterlagen manipuliert habe, und spätere Analysen des OFAC hätten gezeigt, dass die meisten der Transaktionen nicht genehmigt waren oder nicht unter eine entsprechende Ausnahme fielen. 2009 zahlte die LB einen Betrag von 217 Mio USD, um diese Anklage außergerichtlich beizulegen. Jetzt hat die SCB einen Betrag von 340 Mio USD akzeptiert, um diese Anklage rasch zu beenden. Für vergleichbare Verschleierungen bei ihren Iran-, Kuba-, Sudan- und Libyen-Geschäften zahlten die übrigen europäischen Banken ähnliche Summen: Credit Suisse 536 Mio USD (Dezember 2009), ABN Amro 500 Mio USD (Mai 2010), Barclays 298 Mio USD (August 2010) und ING 619 Mio USD (Juni 2012).
Zusätzliche Anforderungen ergeben sich für Banken aus dem CISADA (Comprehensive Iran Sanctions, Accountability and Divestment Act) und den zu seiner Umsetzung ergangenen IFSR (Iranian Financial Sanctions Regulations): Nach den IFSR sind für europäische Banken bedeutende Finanzdienstleistungen dann verboten, wenn diese gegenüber einem Finanzdienstleister erbracht werden, der im Zusammenhang mit der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen oder wegen der Unterstützung des internationalen Terrorismus gelistet wurde.
Wichtig ist vor allem, dass Finanzdienstleistungen für US-Banken nur dann erlaubt sind, wenn sie sich davon überzeugt haben, dass das zugrundeliegende Exportgeschäft genehmigt worden ist; falls dies nicht der Fall ist, darf die Finanzierung nicht einfach auf eine mit der US-Bank verbundene europäische Bank weitergeleitet werden (Umgehungsverbot!). Damit die US-Behörden prüfen können, ob diese Voraussetzungen eingehalten werden, darf der Iran-Kontext nicht verschleiert werden. Verstöße müssen rechtzeitig gemeldet werden.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob diese Regulations von den USA gelegentlich etwas überzogen angewendet werden. Diese Frage drängt sich gerade für die Standard Chartered Bank (SCB) auf. Denn die SCB hat nachgewiesen, dass sie schon früher mit der Überprüfung ihrer Transaktionen für 2001 bis 2007 begonnen und hierzu mit den US-Behörden kooperiert habe, so dass jetzt die Anklage für sie völlig überraschend gekommen sei. Nach Angaben der SCB ist dies auch deswegen überraschend, weil ihre Überprüfung zu dem Ergebnis gekommen sei, dass 99,9% ihrer U-Turn-Aktivitäten dem US-Iran-Embargo entsprochen hätten und es keinen Fall gegeben habe, in dem eine wegen Terrors gelistete Bank in ihre Transaktionen involviert gewesen sei.
Eine weitere offene Frage ist, ob die betroffenen europäischen Banken gerade gegen unverhältnismäßige OFAC-Maßnahmen einen Rechtsschutz durch die EG-Antiboykott-Verordnung 2271/96 erreichen können. U.E. ist dies selbst für Maßnahmen nach dem CISADA möglich, auch wenn nur sein Vorgänger ILSA im Anhang zu dieser Verordnung genannt ist.
Betroffene europäische Banken, die unverhältnismäßige Sanktionen nach den OFAC-Regulations bzw. nach dem CISADA befürchten, sollten sich mittels eines Exportanwaltes an die EU-Kommission wenden, um Schutz vor diesen grenzüberschreitenden Sanktionen zu erhalten. Dem Autor wurde versichert, dass die EU-Kommission gern bereit ist, entsprechende Anträge zu prüfen und daraufhin gegebenenfalls diplomatische Schritte zur Beilegung des Konflikts zu ergreifen.
Kontakt: harald.hohmann[at]hohmann-rechtsanwaelte.com