Der chinesische Markt war für deutsche Exporteure 2010 ein wichtiger Wachstumstreiber. Die Ausfuhr dorthin stieg um 44%, damit belegte China unter den deutschen Absatzmärkten – hinter Österreich – den siebten Rang. Doch trotz der reichlich vorhandenen Devisenreserven vor Ort müssen die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die Zahlungsfähigkeit der Kunden vor Ort genau geprüft werden, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.
Von Sven Sartorius, Manager Business Consultants Risk Management und Christian Noack, Blogger auf www.risiken-weltweit.de, D&B Deutschland
China ist zwar nicht der größte Exportmarkt Deutschlands, aber derzeit einer der Märkte mit dem größten Wachstum und damit für deutsche Unternehmen attraktiv. Bei Geschäften mit chinesischen Kunden sind jedoch auch Risiken zu berücksichtigen: Auf der einen Seite gibt es Risiken hinsichtlich der chinesischen Geschäftspartner selbst. Die zentralen Fragen, die sich hier stellen, sind: Wird mein Geschäftspartner seine Rechnung zahlen? Wann kann ich mit dem Eingang des Rechnungsbetrages rechnen? Auf der anderen Seite stellt sich die Frage: Welche Risiken existieren generell bei Geschäften mit China? Gibt es politische, ökonomische oder Handelsrisiken, die ein Unternehmer bei der Geschäftsentscheidung oder Linienvergabe berücksichtigen muss?
Aufgrund der räumlichen Distanz zu China ist die Beurteilung eines neuen Geschäftspartners schwierig. Der Kreditprüfungsprozess beginnt mit der Identifizierung des potentiellen Kunden. Diese fällt schon, bedingt durch die unterschiedlichen Schreibweisen, oftmals schwer. Nicht immer besteht die Möglichkeit, sich vor Ort einen Eindruck vom Kunden zu verschaffen, so kann auf externe Informationsanbieter zurückgegriffen werden.
Beispielsweise arbeitet D&B in China in einem Joint Venture mit dem Marktführer Huxana Credit seit Jahren sehr eng und erfolgreich zusammen. Diese Kooperation ermöglicht jedem D&B-Kunden, potentielle Geschäftspartner eindeutig zu identifizieren. D&B und Huxana Credit bewerten außerdem die Bonität der chinesischen Unternehmen.
Wird dann die Geschäftsverbindung mit dem potentiellen Kunden aufgenommen, so stehen dem deutschen Unternehmen zahlreiche Sicherungsinstrumente zur Verfügung. Die Warenkreditversicherung der am deutschen Markt tätigen Versicherungsunternehmen steht in der Regel im Fokus der Exportunternehmen. Weiter besteht die Möglichkeit, für die Waren eine Bundesdeckung in Zusammenarbeit mit der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG in Anspruch zu nehmen, sogenannte Hermesbürgschaften.
Bei der Liquiditätsplanung sind die jeweiligen Zahlungsweisen in dem Land und der Transfer der Zahlung nach Deutschland zu beachten. Werden diese nicht berücksichtigt, kann es durch verlängerte Transferzeiten zu entsprechenden Liquiditätsengpässen kommen. Laut D&B-Erhebungen sind in China Zahlungsziele von 30 bis 90 Tagen üblich. Bis zum Zahlungstransfer nach Deutschland können dann weitere drei Monate verstreichen. Es kann alles in allem bis zu sechs Monate nach Leistungserbringung dauern, bis die Zahlung in Deutschland eingeht.
Neben dem individuellen Risiko (Bonitätsrisiko) ergeben sich Länderrisiken aus den Geschäften in anderen Volkswirtschaften. Die Risiken werden durch D&B in vier verschiedene Kategorien – Politik, Wirtschaft, Handel und Liquidität – eingeteilt, und das jeweilige Land wird mit einem Rating bewertet.
Positiven Einfluss auf das Länderrating Chinas hat derzeit das anhaltende Wirtschaftswachstum mit erwarteten 8,9% im Jahr 2011. China hat in den vergangenen 15 Jahren viel in eine moderne Infrastruktur investiert, vor allem in den Küstenregionen. Die Binnenprovinzen profitieren in den kommenden Jahren von der Verlagerung der Investitionen ins Landesinnere, die für weiteres Wachstum sorgen. Inzwischen ist die chinesische Volkswirtschaft, in US-Dollar gerechnet, viermal größer als noch im Jahr 2000.
Nachteilig auf die weitere Entwicklung könnte sich die starke Exportabhängigkeit des chinesischen Wachstums auswirken, obwohl die Nettoexporte weniger als 10% der Wirtschaftsleistung ausmachen und China weit weniger stark in die internationalen Lieferketten eingebunden ist als zum Beispiel Indien oder Indonesien. Die Auswirkungen eines mehrjährigen Einbruchs der Exporte auf die Inlandsbeschäftigung wären deutlich spürbar. Sie könnten zu ethnischen und anderen inneren Spannungen führen. Dies hätte signifikante Auswirkungen auf die Inlandsnachfrage. Eine Gefahr geht auch von der akuten Dürre in einigen Regionen Chinas aus. Landwirtschaftliche Nutzflächen und Wasser werden dort knapp.
Aus diesem Grund stuft D&B das Land China bei Geschäften in der Volksrepublik mit DB3d (auf einer Skala von 1 bis 7; DB1a geringstes Risiko) ein. Geschäfte in diesem Land werden mit einem geringen Risiko gesehen, jedoch gilt es weiterhin, die Geschäfte dort zu überwachen.
Schon aufgrund der Entfernung zu China und der großen kulturellen Unterschiede zu Deutschland ist es für Kreditmanager in Exportunternehmen unerlässlich, die Geschäftsbeziehungen abzusichern. Um Geschäftspartner und Kunden in China richtig einschätzen zu können, sind folgende Punkte zu beachten:
- Transparenz schafft Entscheidungsspielräume. Unternehmen benötigen Transparenz hinsichtlich ihres Kunden oder Partners. Hierbei ist es geboten, die eigenen Informationen um externe Daten, z.B. von Auskunfteien, anzureichern. Anhand dieser Daten und mit Hilfe von Regelwerken können nun Kreditmanager Entscheidungen zur Absicherung treffen. Ergänzt werden die unternehmensspezifischen Daten um Länderrisikodaten. Sie tragen zur Markttransparenz bei. Länderratings wie das von D&B geben eine Einschätzung des Risikos, als Unternehmer in China aktiv zu sein, und das anhand von vier Bewertungskriterien: Ökonomie, Politik, Handel und externe Liquidität. Die eingehende Betrachtung von Unternehmen und Markt schafft Entscheidungsspielräume und macht Risiken kalkulierbar.
- Überwachung der Debitoren. Das einmalige Einholen und Bewerten unterstützt die Entscheidung am Anfang einer Kundenbeziehung. Doch auch der zukünftigen Entwicklung müssen die Exporteure Rechnung tragen. Hier ist eine regelmäßige Überwachung des Debitorenportfolios zwingend notwendig. Im Zuge der Weiterentwicklung des Dienstleistungsangebots ist es den Kreditmanagern möglich, automatisierte Überwachungsservices für von ihnen definierte Firmen einzustellen und somit vom System auf Veränderungen frühzeitig hingewiesen zu werden. Gleiches gilt für die Überwachung von Ländern über die Länderratings. Die Überwachungen können auch für Teilportfolios zu definierten Zeitpunkten erfolgen und nicht nur über die Online-Plattform eingesehen, sondern auch direkt in kundenspezifische Systeme eingespielt werden. Die direkte Systemintegration kann enorme weitere Vorteile bieten: Die Mehrzahl der Kreditmanager kombiniert eingehende Frühwarnmeldungen zu gravierenden Verschlechterungen automatisch mit ihren Warenwirtschaftssystemen. Auf diese Weise kann der Kreditmanager ein weiteres Instrument unmittelbar nutzen: die Limitsperre.
Die Entscheidung für oder gegen ein Geschäft kann auch eine Auskunftei dem Kreditmanager nicht abnehmen, sie kann ihm jedoch die notwendigen Daten dafür schnell und umfassend zur Verfügung stellen. Sicher ist in jedem Falle eins: Die wirtschaftlichen Verflechtungen haben in den letzten zehn Jahren massiv zugenommen, und China ist für Deutschland einer der wichtigsten Märkte geworden. Die Wachstumschancen auf dem chinesischen Markt sind langfristig nach wie vor gegeben, und so wird auch in Zukunft dieser Wirtschaftsraum eine immer wichtigere Rolle für das deutsche Exportgeschäft spielen. Die deutschen Unternehmen müssen sich darauf einstellen.
Kontakt: sartorius[at]dnbgermany.de ; noack[at]dnbgermany.de