Ende 2025 geht eines der größten Energieprojekte Europas ans Netz: der Offshore-Windpark „He Dreiht“ der EnBW. Mit seiner Leistung von 960 MW verdoppelt er das Offshore-Portfolio der EnBW nahezu und schafft einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende in Deutschland.

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Der Offshore-Windpark „He Dreiht“ wurde mit einer ECA-gedeckten Finanzierung strukturiert. Die Besonderheit dabei war, dass der Export der Windturbinen nicht – wie bei ECA-Finanzierungen üblich – in Richtung eines Entwicklungs- oder Schwellenlandes erfolgt ist, sondern von Dänemark nach Deutschland. Welche Besonderheit stellt diese Finanzierung dar und lässt sich diese für weitere Projekte der Energiewende nutzen?

Energiewende als Chance für die deutsche Industrie

Ein Anteil von 80% erneuerbaren Energien (EE) an der Stromerzeugung, das ist das ambitionierte Ziel der Bundesregierung bis 2030. Laut dem „Fortschrittsmonitor Investitionen“ sind dafür Investitionen in Höhe von 721 Mrd EUR in den nächsten Jahren nötig. Diese müssen entlang der gesamten Wertschöpfungskette getätigt werden. Neben vielen weiteren Sektoren entfällt der größte Teil der notwendigen Investitionen auf den Ausbau der Stromerzeugung, gefolgt vom Ausbau der Übertragungs- und der Fernwärmenetze. Daraus ergeben sich große Chancen für die deutsche Industrie, da eine erhebliche Wertschöpfung bei deutschen Energieunternehmen generiert wird – dies bedeutet neue Umsatzchancen sowie zukunftsfähige Arbeitsplätze.

Wie sieht der Stand der Energieerzeugung in Deutschland aktuell aus? Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stieg 2023 laut Bundesnetzagentur auf rund 56%. Die Windenergie spielt aufgrund ihres hohen Anteils am Strommix eine elementare Rolle bei der Energiewende. Über die Hälfte der erzeugten erneuerbaren Energien machte die Windenergie aus – 2023 erzeugten Windenergieanlagen mehr Strom als Braun- und Steinkohlekraftwerke zusammen. Neben Wind ist auch die Energiegewinnung aus Photovoltaik mit einer Verdoppelung der Kapazitäten ein wichtiger Baustein der Energiewende. Witterungsbedingt erzeugten Solaranlagen aber trotz des starken Zubaus nur knapp 2% mehr Strom als im Vorjahr.

Insgesamt ist die Vielfalt der Energieträger und Maßnahmen ein zentraler Erfolgsfaktor der Energiewende in Deutschland. Durch die gezielte Förderung erneuerbarer Energien und die Steigerung der Energieeffizienz wird angestrebt, eine nachhaltige und umweltfreundliche Energieversorgung zu gewährleisten. Die ambitionierten Ziele zur Energiewende zu erreichen wird jedoch laut Angaben der Bundesregierung nur zeitverzögert realisierbar sein. In fast allen Bereichen verfehle der Umbau des deutschen Energiesystems die vorgegebenen Ziele, so Bertram Brossardt, der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft.

Innovative Finanzierung des Leuchtturmprojekts „He Dreiht“

Nach installierter Nennleistung ist Deutschland einer der weltweit führenden Produzenten von Windenergie – und hat zahlreiche Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee errichtet. Für einen großen Schritt vorwärts bei der Energiewende sorgt der Offshore-Windpark der EnBW „He Dreiht“, plattdeutsch für „Er dreht“. Er wird rund 90 km nordwestlich der Nordseeinsel Borkum voraussichtlich 2025 ans Netz gehen. Mit einer installierten Gesamtleistung von 960 MW wird „He Dreiht“ rund 1,1 Millionen Haushalte mit Windstrom versorgen – also vergleichsweise mehr als alle Haushalte Hamburgs. Damit ist der Bau derzeit eines der größten derartigen Projekte in Europa.

Bei der Realisierung des rund 2,4 Mrd EUR teuren Großprojekts kommt ein innovatives Finanzierungsmodell zum Einsatz. Unter Federführung der LBBW werden 64 Windturbinen als Konsortialkredit über 500 Mio EUR gemeinsam mit der KfW IPEX-Bank und der Commerzbank finanziert. Der Konsortialkredit wird durch eine Deckung der dänischen Exportkreditagentur EIFO unterstützt. Das Besondere daran: Die übliche Logik der Exportfinanzierung wurde für „He Dreiht“ auf den Kopf gestellt. Normalerweise werden Exporte aus Deutschland heraus in Schwellen- und Entwicklungsländer mit staatlicher Deckung finanziert. In diesem Fall handelt es sich um den Import dänischer Turbinen aus Dänemark nach Deutschland – Exportfinanzierung flexibel gedacht!

Marcel Münch, SVP Finanzen, M&A und Investor Relations bei der EnBW, unterstreicht die Relevanz des Projekts: „Seit mehr als einem Jahrzehnt stellt die EnBW ihre Offshore-Windkompetenz unter Beweis. Rund 1 GW installierte Leistung haben wir in dieser Zeit bereits in Betrieb genommen. Das 500-Millionen-Darlehen der LBBW, KfW IPEX-Bank und Commerzbank, gedeckt durch EIFO, für unseren neuen bereits im Bau befindlichen 960-MW-Windpark `He Dreiht´ ist ein zentraler Baustein einer sicheren, langfristigen Finanzierung der EnBW AG. Das Darlehen unterstreicht das Vertrauen der drei Banken und der EIFO in unsere nachhaltige Unternehmensstrategie mit einem klaren Dekarbonisierungspfad.“

Diversifikation der Lieferketten

Die Finanzierung ist aus mehreren Gründen interessant. Zum einen bietet die ECA-Finanzierung neben der Schonung vorhandener Kreditlinien eine Diversifikation der Finanzierungsquelle und erzielt zudem vergleichbare Konditionen zum Kapitalmarkt. Zum anderen sind unter dem neuen OECD-Rahmenwerk, das für alle Exportkreditfinanzierungen anzuwenden ist, lange Laufzeiten bis zu 22 Jahre für nachhaltige Projekte möglich. Mit diesen Laufzeitoptionen können Investitionen auf ein vertretbares Maß an Belastung durch Zins und Tilgung gebracht werden. Ein großer Vorteil ist zudem die maßgeschneiderte Finanzierungsstruktur – die Auszahlungen sind an die Notwendigkeiten im Projekt angepasst und werden flexibel je nach Baufortschritt vorgenommen.

Unternehmen spielen mit ihren Investitionsentscheidungen eine zentrale Rolle für eine erfolgreiche Energiewende in Deutschland. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist zudem essenziell für eine verlässliche, nachhaltige und bezahlbare Energieversorgung. Den Import von EE-Technologien aus Nachbarländern nach Deutschland zu finanzieren – und das Ganze mit staatlicher Deckung – stellt die Wandlungsfähigkeit der klassischen Exportfinanzierung dar.

Auch für die deutschen Unternehmen in der Energiebranche kann durch diese Weiterentwicklung der Exportfinanzierung ein Mehrwert und mehr Wettbewerbsfähigkeit geschaffen werden. Ebenso wird die nachhaltige Transformation der Wirtschaft vorangetrieben – und das auch bei komplexen Projektstrukturen.

Skalierbare Option für Unternehmen

Diese Finanzierungslösung stellt nicht nur für Utilities und Stadtwerke, sondern auch für weitere Unternehmen eine skalierbare Option dar. Auch energieintensive Unternehmen können bspw. davon profitieren: Eine eigene Energieversorgung schafft Unabhängigkeit vom Strompreis am Markt. So kann ein kleiner Windpark auf eigenem Grund attraktiv werden. Voraussetzung der ECA-gedeckten Finanzierung ist, dass sie als Bilanzposition beim Kreditnehmer eingehen darf – anders als bei Projektfinanzierungen, bei denen die Finanzierung Cashflow-basiert u.a. über sog. Special Purpose Vehicle erfolgt. Die Exportfinanzierung de facto als Finanzierung von Importen darzustellen ist also definitiv auch für andere Kunden interessant.

Für eine erfolgreiche Energiewende sind wie bereits beschrieben Investitionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette notwendig. Der Ausbau der Erzeugungskapazitäten, Stromnetze und Speicher betrifft in Deutschland eine Vielzahl von Unternehmen. Neben den Investitionen bedarf es auch der Finanzierung durch Finanzinstitute, Kapitalmärkte und private Investoren. Die Option der Finanzierung mit staatlicher Absicherung minimiert nicht nur die Risiken für Importeur und Exporteur.

Im Einklang mit den bestehenden Unternehmensfinanzierungen profitiert der Kreditnehmer zudem von der klaren Struktur und Planbarkeit bei gleichzeitiger Flexibilität der Finanzierung. Die Finanzierungslösung des EnBW-Windparks kann dafür als Blaupause dienen. Damit ist die Exportfinanzierung eine wichtige Diversifizierung zum Kapitalmarkt mit attraktiven Konditionen – auch für weitere Unternehmen in Deutschland.

anna.orrico[at]lbbw.de

sophia.wienicke[at]lbbw.de

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