Die Mittelmeeranrainer – insb. die Maghrebstaaten sowie Ägypten – bieten deutschen Exporteuren vielfältige Geschäftschancen. Bei der Wahl der Zahlungsmodalitäten gilt es, die regionsspezifischen Risiken im Blick zu behalten und die Risikoabsicherung anzupassen.
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Der afrikanische Kontinent gewinnt für deutsche Unternehmen als Exportmarkt weiter an Relevanz: Laut Statistischem Bundesamt legten die Exporte in afrikanische Länder im Jahr 2022 um 14,5% zu und erreichten somit ein Volumen von 26,4 Mrd EUR. Mit Lieferungen im Wert von 9,8 Mrd EUR führt Südafrika diese Statistik an, dann folgen schon nordafrikanische Länder. Das hat seine Gründe: Mit Ägypten, Algerien und Marokko liegen drei der fünf größten Volkswirtschaften des Kontinents – gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) – im Norden. Zudem ist die geografische Nähe zu den EU-Ländern ein entscheidender positiver Faktor für die Wirtschaftsbeziehungen.
Die Länder des Maghreb sowie Ägypten gelten als attraktive Zukunftsmärkte – allen voran Ägypten, das im Jahr 2021 ein BIP von 423,1 Mrd USD aufwies und das mit 4,2 Mrd EUR Importvolumen im vergangenen 2022 der größte Abnehmer deutscher Exporte in der Region war. Die Deutsch-Arabische Industrie- und Handelskammer bspw. erwartet vor dem Hintergrund der schieren Größe des Binnenmarkktes (110 Millionen Einwohner) weiteres wirtschaftliches Wachstum in dem Land am Nil.
Kameruns Wirtschaftswachstum nach unten korrigiert
Kameruns Wirtschaftswachstum ist für 2022 auf 3,4% nach unten korrigiert worden. Das spiegelt sowohl die Auswirkungen der Sicherheitskrisen in den dortigen anglophonen Regionen und im äußersten Norden des Landes als auch den Inflationsdruck, die Unterbrechung der globalen Lieferketten sowie die angespannten finanziellen Bedingungen wider. Für 2023 rechnen Ökonomen mit einer leichten Erholung des BIP-Wachstums auf 4,3%, was v.a. auf die steigende Flüssiggas- (LNG) und Bergbauproduktion zurückzuführen ist.
Kamerun ist die größte Volkswirtschaft in der Zentralafrikanischen Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft (CEMAC) und im Vergleich zu anderen, vom Rohöl bestimmten Mitgliedstaaten relativ gut diversifiziert. Dennoch ist das Land stark von Rohstoffexporten im Bereich Erdöl, Gas, Bergbau und Landwirtschaft abhängig, was es anfällig für externe Preisschocks und -schwankungen macht. In Anbetracht der Tatsache, dass Kameruns existierende Ölfelder zunehmend ausgeschöpft sind und die Ölproduktion aller Voraussicht nach auch künftig abnehmen wird, ist eine weitere wirtschaftliche Diversifizierung unabdingbar. Unsicherheit und ein seit 2017 andauernder Konflikt haben die Erschließung neuer Ölfelder verhindert, da sich die Vorkommen Kameruns primär in den anglophonen Gebieten befinden.
Im Jahr 2022 profitierte die Außenhandelsbilanz des Landes von den hohen internationalen Rohstoffpreisen nach der russischen Invasion in die Ukraine. Trotz höherer Inflation und Importpreise haben sich Kameruns Handelsbedingungen verbessert. Das Leistungsbilanzdefizit hat sich dadurch zuletzt verringert. Experten gehen davon aus, dass es sich 2023 auf tragbare 3% des BIP stabilisiert. Ein Finanzierungsengpass, der auf die weltweite Risikoaversion sowie die hohen in- und ausländischen Kreditkosten zurückzuführen ist, hat jedoch zu einem Rückgang der Kapitalzuflüsse geführt. Infolgedessen könnten sich bei der Zahlungsbilanz kleine Finanzierungslücken ergeben.
Devisenreserven wieder auf Vor-Corona-Niveau
Durch die verbesserten Handelsbedingungen haben die Devisenreserven des Landes wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht. Sie decken die Importe von rund fünf Monaten. Tatsächlich ist Kamerun der größte Beitragszahler zu den Reserven der CEMAC – einer Währungsgemeinschaft, die größtenteils aus Erdöl exportierenden Ländern besteht, deren Liquidität noch überwiegend von den Einnahmen aus dem Öl- und Gassektor abhängt.
Kamerun nimmt seit Juli 2021 an einem dreijährigen Programm der Erweiterten Kreditfazilität des Internationalen Währungsfonds (IWF) teil, um die unmittelbaren finanziellen Folgen der Covid-19-Krise und die schwache öffentliche Zahlungsmoral des Landes zu bewältigen. Obwohl es an Strukturreformen mangelt und die allgemeine Haushaltsentwicklung uneinheitlich ist, wird das IWF-Programm weiterhin planmäßig umgesetzt. Unter der Annahme, dass die Steuerreformen strikt umgesetzt werden, dürfte der öffentliche Schuldenstand bis Ende 2023 auf 43% des BIP sinken, nachdem er in den vergangenen zehn Jahren stetig auf 47% (2021) bzw. 46% (2022) des BIP angestiegen war.
Glaubwürdigkeit des Landes leidet
Trotz der tragbaren Staatsverschuldung stehen die öffentlichen Finanzen ernsthaft unter Druck, und die schwierige Liquiditätslage Kameruns – v.a. aufgrund dysfunktionaler Staatsbetriebe – hat in den vergangenen Jahren zu erheblichen Zahlungsrückständen gegenüber dem In- und Ausland geführt. Die Überschuldung der staatlichen Ölgesellschaft Sonara und die schlechte Zahlungsmoral anderer staatlicher Unternehmen haben der finanziellen Glaubwürdigkeit des Landes großen Schaden zugefügt. Außerdem schätzt der IWF Kameruns Überschuldungsrisiko als sehr hoch ein, obwohl die Staatsverschuldung nicht allzu hoch ausfällt. Ein Staatsbankrott ist daher nicht zu erwarten. Die steigende LNG-Herstellung und der wachsende Bergbausektor werden Kameruns Steuereinnahmen in naher Zukunft ansteigen lassen, auch wenn die Ölproduktion weiter zurückgehen wird.
Trotz der umfangreichen inländischen Nahrungsmittelproduktion und der strafferen Geldpolitik der BEAC (einer regionalen Zentralbank für die CEMAC-Mitgliedstaaten) erreichte die Inflation in Kamerun 2022 immer noch 6% und wird voraussichtlich auch 2023 bei 5,7% liegen. Die Lebenshaltungskosten sind v.a. wegen der höheren Preise für Lebensmittel gestiegen, die sich aufgrund ungünstiger Wetterbedingungen im Land, hoher Importpreise und wegen Sicherheitsproblemen verteuert haben. In Kombination mit Düngemittelknappheiten kurbeln hohe Lebensmittelpreise nicht nur die Inflation an, sondern erhöhen auch das Risiko der Ernährungsunsicherheit.
Was passiert, falls Biya regierungsunfähig wird?
Credendo hat Kameruns mittel- bis langfristiges politisches Risiko im Mai 2020 während der Covid-19-Krise von 5/7 auf 6/7 herabgestuft. Seitdem ist es stabil geblieben. Die durch Separatisten verursachte Gewalt in den anglophonen Regionen und die auf Boko Haram zurückzuführende Unsicherheit im Norden stellen bedeutende Abwärtsrisiken dar. Ein weiteres Risiko ergibt sich aus dem vom 90-jährigen Präsidenten Paul Biya dominierten innenpolitischen Umfeld. Biya gewann 2018 bei einer fragwürdigen Wahl eine siebte Amtszeit und ist Gerüchten zufolge gesundheitlich angeschlagen. Es ist schwer abzusehen, wie sich die Situation entwickelt, wenn Biya regierungsunfähig wird, aber dies würde mit einem großen Risiko für die politische Stabilität einhergehen.