Coface hat seine Risikoeinschätzung für insgesamt 15 Länder angepasst. Im aktuellen Risiko-Barometer wurden mit Nigeria, Niger, Tansania und den Kapverden vier afrikanische Staaten heraufgestuft. Demgegenüber steht die Herabstufung von Kenia. Das Länderrisiko spiegelt die theoretische Wahrscheinlichkeit von Zahlungsausfällen bei Exportkrediten in einem Land in den kommenden sechs Monaten wider.

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Mit großem Enthusiasmus startete die Weltwirtschaft in das Jahr 2023, doch zur Jahreshälfte fällt die Bilanz nüchtern aus. Denn die Inflation in den Industrieländern wird nicht ohne Weiteres zum 2%-Ziel zurückkehren, die Zentralbanken werden die Leitzinsen bis zum Jahresende eher anheben als senken und die bloße Aufhebung der Covid-Beschränkungen hat China bislang nicht in die Lage versetzt, die Weltwirtschaft entscheidend anzukurbeln.

Die Wachstumszahlen für die wichtigsten Volkswirtschaften zeigten zu Beginn des Jahres zunächst, dass das Rezessionsgespenst – mit Ausnahme von Deutschland – vorerst seinen Schrecken verloren hat. Zum einen ist es Europa gelungen, eine Unterbrechung seiner Energieversorgung zu vermeiden. Zum anderen sorgt ein steigendes Konsumverhalten in Nordamerika und China für Stabilität. Und nicht zuletzt haben auch die Schwellenländer ihre Widerstandsfähigkeit bestätigt.

All dies hat Coface veranlasst, die Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft im Jahr 2023 auf 2,2% nach oben zu korrigieren. Im Jahr 2024 bleibt das Wirtschaftswachstum in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften auf einem niedrigeren Niveau, schwächere Zahlen aus den USA werden von einer leichten Erholung im Euro-Raum ausgeglichen. Die Schwellenländer hingegen dürften ihr Wachstum beschleunigen und mit 3,9% den stärksten Anstieg seit 2018 verzeichnen. Zusammengenommen sollte die Wirtschaft global um 2,3% wachsen. Wichtigster Faktor hierbei wird die allmähliche Erholung der chinesischen Wirtschaft sein, von der Rohstoffexporteure profitieren.

Niger und Nigeria im Aufwind

Diese Faktoren spiegeln sich auch in den aktualisierten Länderrisiko-Einschätzungen wider: Coface hat insgesamt 13 Hochstufungen vorgenommen, die hauptsächlich Schwellenländer betreffen. Demgegenüber stehen zwei Herabstufungen. So wurden die Bewertungen von Kasachstan und Usbekistan (beide nun B) aufgrund höherer Öl- bzw. Goldexporte angehoben. Die großen Aufträge für Gaslieferungen nach Europa haben Katar (jetzt A3) Aufwind beschert, und Saudi-Arabien (nun A4) bemüht sich, mittels hoher Investitionen in „Giga-Projekte“ für nachhaltige Technologien zunehmend unabhängiger vom Ölgeschäft zu werden. Mit in dieser Riege stehen auch Niger und Nigeria (jeweils nun in C). Beide afrikanischen Länder profitieren von neuen Energieinfrastrukturprojekten: Im Niger wird in der zweiten Jahreshälfte 2023 voraussichtlich eine Ölpipeline nach Benin fertiggestellt, in Nigeria wird aktuell an einer der größten Ölraffinerien der Welt gebaut, die neben einer neu eröffneten Düngerfabrik stehen wird.

Auf dem afrikanischen Kontinent gab es einige Veränderungen in der Länderrisikokarte von Coface (Stand: Juli 2023).

Auf dem afrikanischen Kontinent gab es einige Veränderungen in der Länderrisikokarte von Coface (Stand: Juli 2023).

Tansania profitiert von einer vergleichsweise niedrigen Inflation, einer stabilen Währung und seinem Potenzial beim Gold- sowie Kupferabbau und wird in puncto Länderrisiko jetzt mit B bewertet. Malaysia (A3) und die Philippinen (A4), die vom Zustrom chinesischer Touristen profitieren werden, kehren zu ihren Bewertungen von vor der Pandemie zurück. Ein deutlich stärkerer Tourismus hat auch das Länderrisiko der Kapverden (jetzt B) verbessert.

Der Trend zeigt jedoch nicht überall nach oben. Die Verschärfung der globalen Finanzierungsbedingungen hat v.a. Entwicklungsländer in die Gefahr eines Zahlungsausfalls gebracht, immer mehr Länder kämpfen mit Währungskrisen. Die ausländischen Devisenreserven reichen nur wenige Monate zur Begleichung der Importe aus dem Ausland aus. Im aktuellen Barometer stuft Coface Kenia auf C und somit in hohes sowie Bolivien auf D in sehr hohes Ausfallrisiko herab.

Inflation als Hauptrisiko

Auf der Liste der Hauptrisiken für die kommenden Monate steht nach wie vor die Inflation. Der Rückgang der Inflation in diesem Frühjahr war zwar schon aus rechnerischen Gründen absehbar, da die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Energiepreise in den meisten Volkswirtschaften abklingen und somit der hohe Preisdruck des vergangenen Jahres nicht anhalten wird. Jedoch sind die Preise anderer Produkte im Aufwärtstrend, wodurch sich die Kerninflation – die Inflation ohne die volatileren Energie- und Nahrungsmittelpreise – im Euro-Raum, im Vereinigten Königreich und in den USA auf hohem Niveau stabilisiert hat. Ein erneuter Anstieg der Inflationsraten ist nach wie vor möglich.

Der Aufschwung in China hat noch nicht sein volles Potenzial erreicht und wird wahrscheinlich Druck auf den globalen Energiemarkt ausüben. Hinzu kommt ein etwas angespannterer Ölmarkt nach den von der OPEC+ angekündigten Produktionskürzungen.

Neben Energie lohnt sich ein Blick auf die Preise für Agrarrohstoffe: Während ihr Rückgang in den vergangenen Monaten nicht unbedingt auf die Verbraucherpreise durchgeschlagen hat, zeichnen sich bereits neue Aufwärtsrisiken ab. Neben dem Krieg in der Ukraine, der weiter die Inflationsrate treiben wird, rechnen Experten ab der zweiten Jahreshälfte 2023 mit dem Klimaphänomen El Niño. Es könnte aufgrund von wärmeren Temperaturen und starken Wasserdefiziten in einigen Teilen der Welt sowohl die Produktion als auch die Preise in den Jahren 2023 und 2024 beeinflussen.

Auswirkungen der Geldpolitik unklar

Die Auswirkungen der beispiellosen Straffung der Geldpolitik in den vergangenen Monaten auf die Inflation sind noch weitgehend unklar, insb. was Dienstleistungspreise betrifft. Letztere steigen immer noch auf einem Niveau, das kaum mit dem Inflationsziel von 2% vereinbar ist. Dennoch haben einige der wichtigsten Zentralbanken beschlossen, die Zinserhöhungen auszusetzen – angefangen bei der Bank of Canada oder der Reserve Bank of Australia. Die amerikanische Federal Reserve macht zwar eine kurzzeitige Pause, hat aber weitere Schritte für die zweite Jahreshälfte angekündigt. Die Bank of England wie auch die Europäische Zentralbank haben in diesem Juni zuletzt die Zinsen weiter angehoben, wobei bei der EZB noch ein weiterer Schritt im Juli in Aussicht steht.

christiane.von-berg@coface.com

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