Am 28. Juli wurde der Linkspopulist und gewählte Präsident Pedro Castillo offiziell als neuer Präsident Perus vereidigt. Erst sechs Wochen nach der Stichwahl vom 6. Juni war er zum Sieger erklärt worden.

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Pedro Castillo hatte die Stichwahl mit 50,13% der Stimmen knapp gewonnen, auf seine konservative Gegenkandidatin Keiko Fujimori entfielen 49,87%. Betrugsvorwürfe seitens Fujimoris hatten die Bekanntgabe des End-ergebnisses der Präsidentschaftswahl verzögert. Nie zuvor musste sich ein Präsidentschaftskandidat in Peru so knapp geschlagen geben. Internationale Beobachter widersprachen Fujimoris Aussagen und bewerteten die Wahlen als frei und fair. Obwohl Fujimori das Ergebnis mittlerweile anerkannt hat, nimmt die Polarisierung in dem politisch tief gespaltenen Land drastisch zu. Anleger zeigen sich zunehmend verunsichert, da Castillo zu Beginn seiner Kampagne radikale Reformen angekündigt hatte. In den vergangenen Monaten nahm die Kapitalflucht daher weiter zu und der peruanische Sol verzeichnete am 26. August 2021 einen Wertverlust von 15% gegenüber dem Vorjahr.

Castillos Wahlprogramm sieht mehr staatliche Einflussnahme vor. Zu Beginn des Wahlkampfes warb er mit einer Verstaatlichung der Bergbaustätten (Peru ist nach Chile der weltweit größte Kupferproduzent und verfügt darüber hinaus über weitere Bodenschätze). In den vergangenen Monaten gab er sich jedoch moderater. Bei seiner Antrittsrede kündigte er an, dass es keine Enteignungen, Verstaatlichungen, Devisen- oder Preiskontrollen geben würde. Wahrscheinlich möchte Castillo nun deutlich höhere Steuern auf die Gewinne der Bergbauunternehmen erheben. Solche Vertragsanpassungen erfordern eine Verfassungsänderung, für deren Durchführung Castillo jedoch nicht über die notwendige Anzahl an Sitzen im Parlament verfügt. Er hat nicht einmal eine einfache Mehrheit. Außerdem befürworten weite Teile der Opposition den bisherigen wirtschaftsfreundlichen Ansatz, was Castillos Handlungsspielraum für Reformen begrenzt. Daher ist eine radikale Abkehr vom bestehenden Wirtschaftsmodell eher unwahrscheinlich.

Trotzdem ist in Peru nach jahrelangen politischen Auseinandersetzungen nun mit ernsthaften politischen Turbulenzen zu rechnen. Castillo mag moderatere Töne anschlagen, doch in seinem Kabinett sitzen auch einige linke Hardliner. Radikale Pläne können also noch nicht vollständig ausgeschlossen werden. Für den Präsidenten steigt damit das Risiko eines Amtsenthebungsverfahrens (das auch schon gegen einige seiner Vorgänger eingeleitet wurde). Unter bestimmten Bedingungen könnte Castillo allerdings das Parlament auflösen, was ihm einen größeren Handlungsspielraum verschaffen würde. Des Weiteren ist mit sozialen Unruhen zu rechnen, die wiederum zu politischer Instabilität führen könnten. Erst am 17. August trat Perus Außenminister nach landesweiten Protesten von seinem Amt zurück.

Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese politischen Turbulenzen die Wirtschaft beeinflussen. Für dieses Jahr wird eine Erholung der Konjunktur erwartet. Grund dafür sind der hohe Kupferpreis und die globale wirtschaftliche Erholung aufgrund des Abflauens der Covid-19-Pandemie in einigen Teilen der Welt. Daher wird für Peru ein Wirtschaftswachstum von 8,5% erwartet, nachdem die Wirtschaft (aufgrund der Covid-19-Pandemie) 2020 um 11,1% in eine tiefe Rezession stürzte. Anhaltende Kapitalflucht und der Abwärtsdruck auf den Wechselkurs könnten jedoch zu einer unveränderten Einstufung des Geschäftsumfeldrisikos in die höchste Kategorie (G/G) führen. Unruhen und ein erschwerter Zugang zu den Finanzmärkten (z.B. aufgrund einer angespannten globalen Finanzlage) könnten sich negativ auf die Bewertung des kurzfristigen politischen Risikos (derzeit in der besten Kategorie 1/7) sowie des mittel- bis langfristigen politischen Risikos (derzeit 3/7) auswirken.

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