Die jährliche Veranstaltung zu den Neuerungen im Zoll- und Außenwirtschaftsrecht stand unter dem Eindruck der aktuellen Änderungen im Handel mit Großbritannien. Eva-Maria Stolte vom Zollreferat der IHK Frankfurt am Main warnte die Teilnehmer der Online-Veranstaltung Anfang Februar vor einigen Fallstricken des Brexits.
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Zur Einstimmung ging Stolte noch einmal die Basics des Warenhandels durch. Das Management der Stammdaten beginnt bei der korrekten Erfassung und Pflege der Warennummern und reicht bis zur richtigen Präferenzkalkulation. Doch auch hier schimmert der Brexit bereits durch. Denn auch im Handel mit dem Vereinigten Königreich spielen diese Themen nun eine Rolle.
Im Bereich der Exportkontrolle klärt sich gerade die neue EG-Dual-Use-Verordnung. Nach der Einigung im Trilog von Kommission, Rat und Parlament müssen die Gremien des Rates und das Europäische Parlament dem vorliegenden Entwurf zustimmen. Änderungen betreffen die schärfere Kontrolle der Ausfuhr von Abhör- und Überwachungstechnologie, neue Allgemeine Genehmigungen (AGG) und die erweiterte Listenregel. Letztere verpflichtet z.B. deutsche Unternehmen zur Beachtung italienischer Listungen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Auch das Vereinigte Königreich gilt (mit Ausnahme Nordirlands) aus Exportkontrollsicht nun als Drittland. Zur Abwicklung von Altverträgen kann die AGG 15 genutzt werden. Näheres erläutert ein aktuelles Merkblatt des BAFA.
Digitalisierung der Zollabwicklung kommt voran
Der 2013 verabschiedete Unionszollkodex (UZK) wird zunehmend in digitalen Anwendungen verwirklicht. Stolte berichtete von einer planmäßigen Umsetzung der vorgesehenen Etappen. So steht mit dem Modul ZELOS im elektronischen Zollsystem ATLAS eine Möglichkeit zum Austausch von Unterlagen zur Verfügung. Ab 2022 können über das Modul IMPOST Zollanmeldungen erfolgen. Das ist auch für kleinere Sendungen relevant, denn zum 1. Juli 2021 wird die Meldeschwelle von 22 EUR abgeschafft. Dann müssen auch Sendungen mit geringerem Warenwert angemeldet werden.
Handelsstreitigkeiten dauern an
In den USA bestehen auch nach der Abwahl von Donald Trump die in seiner Amtszeit eingeführten Zölle fort. So werden weiterhin Lieferungen von Stahl und Aluminium sowie deren Produkten mit Sonderzöllen belegt. Hinzu kommen Strafzölle aus dem Subventionsstreit um Boeing und Airbus, die verschiedene und wechselnde europäische Produkte (Karussellverfahren) im Gesamtwert von ca. 7 Mrd EUR betreffen. Auch der Handelskonflikt zwischen den USA und China dauert an. Zwar gab es vor einem Jahr eine Einigung, auf weitere Strafzölle zu verzichten und stattdessen den Handel auszubauen. Insbesondere China sollte höhere Importe aus den USA aufnehmen. Doch eine grundlegende Einigung steht aus und die Hoffnungen der Marktteilnehmer richten sich nun auf das Jahr 2021.
Knifflige Entscheidungen im Handel mit Großbritannien
Einen breiten Raum nahm die Diskussion über die Auswirkungen des Brexits und des vorläufig anzuwendenden Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ein. Zu beachten ist, dass EORI-Nummern im jeweils anderen Zollgebiet ihre Gültigkeit verlieren. Das erschwert die Verzollung von Importen. Zur Zollabwicklung in Großbritannien muss also dort eine EORI-Nummer neu beantragt werden. Die dortige Umsatzsteuer kann in der EU nicht geltend gemacht werden.
Stolte berichtete von britischen Unternehmen, die in Lieferverträgen den Incoterm DDP (Delivered Duty Paid) vereinbaren wollen. Exporteure aus der EU bleiben in diesem Fall jedoch auf den Zusatzkosten sitzen. Auch ein Kauf ab Werk empfiehlt sich nicht. Der Exporteur wird vom Spediteur nach seiner EORI-Nummer gefragt und gilt als Ausführer. Möglich sind Versandverfahren (NCTS) mit unverzollter Ware von Binnenland zu Binnenland. Die Zollanmeldung muss dann innerhalb von sechs Monaten erfolgen. Der britische Zolltarif ist übrigens bis Mitte 2021 identisch mit dem in der EU gültigen TARIC.
Warenursprung nachweisen
Ein Schwerpunkt der Online-Veranstaltung waren die Ausführungen zu Warenursprung und Präferenzen. Eine wichtige Quelle dazu sind die Website www.wup.zoll.de sowie das Tool zur Eigenprüfung der Ursprungsregeln ROSA und die EU-Datenbank Access2Markets. Prinzipiell gibt es drei Arten des Warenursprungsnachweises: die Warenmarkierung „Made in …“, die im Zweifel gerichtlich geklärt werden muss, den nichtpräferenziellen Ursprung, der durch das Ursprungszeugnis der IHKs nachgewiesen wird, und den präferenziellen Ursprung, der vom Zoll anerkannt werden muss. Für Letzteren werden Ursprungserklärungen wie z.B. EUR.1 benötigt.
Präferenzen nutzen
Mit dem richtigen Ursprungsnachweis können dann Zollvorteile im Rahmen von Präferenzabkommen der EU genutzt werden. Allerdings sollte zunächst geprüft werden, ob und in welcher Höhe überhaupt Zölle anfallen. Denn nur bei einer deutlichen Einsparung von Zollkosten macht die Nutzung von Präferenzen Sinn, betonte Stolte in ihrem Vortrag. Im Handels- und Kooperationsabkommen mit dem Vereinigten Königreich (englisch: TCA) ist ein Präferenznachweis ab einem Warenwert von 6.000 EUR durch den Registrierten Ausführer (REX) vorgesehen, der mittels einer Erklärung zum Ursprung erfolgt. Für Warenwerte bis 6.000 EUR genügt die Erklärung zum Ursprung auf dem Handelsdokument. Die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 ist nicht mehr vorgesehen. Die Präferenzbehandlung kann auch auf Grundlage der „Gewissheit des Einführers“ beantragt werden. Dazu bedarf es umfassender Informationen zur Ursprungseigenschaft der eingeführten Ware, die meist nur in verbundenen Unternehmen vorhanden ist. Sie kann im Nachprüfungsfall nicht auf die Erklärung zum Ursprung (EzU) umgestellt werden.
Buchmäßige Trennung verankert
Als wichtige Errungenschaft des Abkommens stellte Eva-Maria Stolte die buchmäßige Trennung bei Handelswaren heraus. Sie gilt für austauschbare Vormaterialien, bestimmte austauschbare Erzeugnisse der HS-Kapitel 10, 15, 27, 28 oder 29 sowie der HS-Positionen 32.01 bis 32.07 oder 39.01 bis 39.14. Derzeit ist dafür keine Bewilligung erforderlich. Der DIHK hatte dazu bereits in seinem Ideenpapier für moderne Handelsabkommen im August 2020 geschrieben: „Die getrennte Lagerung von untereinander austauschbaren Materialien mit Ursprungseigenschaft und ohne Ursprungseigenschaft ist mit erheblichen Kosten und Schwierigkeiten verbunden. In Handelsabkommen sollte daher die uneingeschränkte Möglichkeit der buchmäßigen Trennung dieser Materialien bestehen, egal ob es sich um Vormaterialien für weitere Herstellungsprozesse oder um reine Handelswaren handelt. Die buchmäßige Trennung sollte automatisch und ohne die Notwendigkeit einer Bewilligung möglich sein. Dies würde die Kosten und den Lageraufwand für Hersteller und Händler erheblich reduzieren.“
Ursprungszeugnisse zunehmend digital
Die Nachweise nichtpräferenziellen Ursprungs durch die IHK Frankfurt am Main erfolgen zunehmend digital. Inzwischen machen die elektronischen Ursprungszeugnisse (eUZ) 80% der gesamten Ursprungszeugnisse aus. Zur Verifizierung der eUZ ist nun auch ein neues Portal (https://cert.ihk.de/#/home) verfügbar, das die Richtigkeit des Zertifikats nach Eingabe der Zertifikatnummer und des Verifizierungscodes bestätigt. Allerdings berichteten Teilnehmer der Veranstaltung von Akzeptanzschwierigkeiten bei bestimmten Generalkonsulaten. Doch der digitale Wandel schreitet voran und der Außenhandel bleibt spannend.
g.schilling@exportmanageronline.de