Der südostasiatische Land ist ein Wachstumsmarkt mit unzähligen Geschäftschancen für europäische Exporteure. Wer die nötige Finanzierung ohne allzu große Risiken stemmen will, setzt auf eine ECA-Deckung und erfahrene Partner im Markt. Ein Blick auf die Windkraftbranche zeigt, dass so selbst komplexe Anforderungen nicht zum Hemmschuh für Exporte werden müssen.

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Vietnam ist für viele Unternehmer ein weißer Fleck auf der Export-Landkarte und dennoch ein idealer Ort für lukrative Geschäfte: Politische und monetäre Stabilität, eine stetig wachsende und zunehmend diversifizierte Volkswirtschaft sowie ein Markt, auf dem es sowohl Arbeitskräfte als auch Konsumenten in großer Anzahl gibt, suchen in der Region ihresgleichen. Dazu tragen auch die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) im Land bei, die mit jährlich rund 5% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vergleichsweise hoch sind.

Das BIP-Wachstum lag während der beiden Corona-Jahre 2020 und 2021 jeweils zwischen 2 und 3%. Das war zwar deutlich weniger als zuvor, aber im ersten Jahr der Pandemie mussten die meisten Volkswirtschaften ein kräftiges Minus beim Wachstum hinnehmen. In den kommenden Jahren sollen die BIP-Wachstumsraten Vietnams laut Experten zwischen 6 und 7% jährlich und damit wieder annähernd das Niveau der Vorkrisenzeit erreichen. Mit diesen Werten würde Vietnam zu den Spitzenreitern in Südostasien gehören.

Die Folgen des Wachstums: Die Nachfrage nach Energie wird sich bis zum Jahr 2030 (im Vergleich zum Jahr 2020) mindestens verdreifachen. Das Energieangebot ist aktuell bereits recht hoch. Dennoch muss sich die Energieproduktion im selben Zeitraum verdoppeln, um die steigende Nachfrage zu decken. Bei der UN-Klimakonferenz 2021 in Glasgow (COP26) hat sich Vietnam ambitionierte Klimaziele gesetzt: Bis zum Jahr 2050 will das Land klimaneutral sein. Der mit einem Drittel der Energieversorgung noch hohe Anteil an Kohlestrom soll nach und nach durch erneuerbare Energien ersetzt werden – laut dem aktuellen Entwurf des Energieentwicklungsplans der Regierung (PDP8) etwa durch 18 bis 19 GW Windenergie, die bis zum Jahr 2030 insgesamt ans Netz gehen sollen.

Deutsche Exporte nach Vietnam: Tendenz steigend

Gute Nachrichten für Land und Klima –und für Exporteure; denn für grünes Wachstum sind die Vietnamesen auf Technologien aus dem Ausland angewiesen – auch aus Deutschland. Der Blick nach Vietnam lohnt sich indes für Exporteure aller Branchen: Dank des konstanten Wachstums steigt insgesamt die Nachfrage nach Investitions- und Konsumgütern, mit zunehmender Diversifizierung sowie dem Ausbau der erneuerbaren Energien stellt sich das Land außerordentlich zukunftsfähig auf.

Das spricht sich herum. Schon heute ist Vietnam auf dem vierten Rang der wichtigsten Handelspartner Deutschlands unter den zehn südostasiatischen Staaten der ASEAN-Region: 15,2% aller deutschen Exporte in diesen Staatenbund gingen im ersten Halbjahr des Jahres 2021 nach Vietnam. Das entspricht einem Exportvolumen in Höhe von 2,3 Mrd USD – Tendenz steigend. Im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum des Jahres 2020 sind die Exporte um 48,2% gestiegen und damit um 746,7 Mio USD. Auch hier ist Vietnam wieder Spitzenreiter: Kein anderes ASEAN-Land verzeichnet einen derart hohen Anstieg als Zielland für deutsche Exporte – und das bei einem bereits hohen Ausgangsniveau.

Erfolgsrezept ECA-gedeckte Finanzierung

Das passende Instrument für solide Exportfinanzierungen sind dabei staatliche Risikoabsicherungen, sog. Exportkreditversicherungen (ECA). Diese hat die europäische Windkraftbranche bereits erfolgreich erprobt, inkl. Wettbewerbsvorteil: Im Jahr 2021 lieferte bspw. das deutsche Unternehmen Enercon zwölf Windenergieanlagen nach Vietnam. Die LBBW finanzierte den Kredit in Höhe von rund 35 Mio EUR – und konnte dem vietnamesischen Importeur „Ha Do Thuan Nam Wind Energy One Member“ durch die 95%ige ECA-Deckung eine Finanzierung anbieten, deren Zinskosten einige Prozentpunkte niedriger lagen als die Angebote der lokalen Banken.

ECA-Finanzierungen sind für die LBBW in Vietnam mittlerweile zum Erfolgsrezept geworden: Zum Jahresende 2021 kamen rund 10% der gesamten Windstromkapazität Vietnams, 330 MW, aus diversen LBBW-finanzierten Windprojekten. Vier der Windkraftanlagen gingen im Jahr 2021 ans Netz. Damit hat sich die Landesbank als Marktführer unter den finanzierenden Auslandsbanken im Bereich Windkraft in Vietnam etabliert. Dass die LBBW diesen Meilenstein erreichen konnte, liegt an der Struktur ihrer Exportfinanzierungen, die neben den Exportkreditgarantien des Bundes auch Kreditabsicherungen lokaler Banken einbindet (u.a. Akkreditive) und somit Liefer-, Konstruktions- und Projektrisiken auffangen kann.

Denn wahr ist bei allen guten Nachrichten leider auch: Derzeit hapert es an der Umsetzung der grünen Ziele der Regierung. Der PDP8, der die Entwicklung der Energieversorgung für die Jahre 2021 bis 2030 verbindlich festlegen soll, ist noch nicht verabschiedet. Wichtige Entscheidungen liegen auf Eis – so auch die Anpassung der neuen Einspeisevergütung für Strom aus Windkraft. Die alte Einspeisevergütung ist zum 31. Oktober 2021 ausgelaufen und wurde – aufgrund fehlender Neuregelung – nicht verlängert. Das bedeutet: Für Windprojekte, die nach dem 31. Oktober den Betrieb aufgenommen haben, gibt es bislang keinen gültigen Verkaufspreis.

So erschließen sich Exporteure den vietnamesischen Markt

Erstaunlicherweise ist die Windkraft die einzige Branche, deren Exporteure im Jahr 2021 die von der Bundesregierung abgesicherten ECA-Deckungen für ihre Kunden in Vietnam in Anspruch genommen haben. Dabei hat die ECA-Finanzierung gegenüber den Finanzierungen lokaler Banken viele Vorteile, wie etwa die deutlich geringeren Zinsen für den Importeur.

Davon profitiert auch der deutsche Exporteur: Passend zum Produkt bietet er seinem Kunden eine günstige Finanzierung an und sichert sich so eine gute Marktposition für weitere Geschäfte. Entscheidend ist dabei, die Experten für die Exportfinanzierung so früh wie möglich in das Geschäft einzubinden. Es ist außerdem unverzichtbar, einen Finanzier mit guten Kontakten zu lokalen Banken zu wählen. Diese sind nämlich oft die ersten Ansprechpartner für vietnamesische Importeure und helfen bei der Anbahnung der Geschäfte oder fangen durch ihre Kreditgarantien weitere Risiken auf.

Die LBBW ist bereits seit 27 Jahren mit einem Representative Office in Hanoi vertreten, das Unternehmen bei allen Fragen rund um ein Engagement in Vietnam sowie zu unterschiedlichen Finanzierungen zur Verfügung steht. Die Landesbank hat die Repräsentanz in den vergangenen Monaten sogar noch personell verstärkt und trägt somit dem Potenzial im Land Rechnung.

Fazit: Die Mischung macht’s. Mit einer guten Finanzierung für den Importeur, der ECA-Risikoabsicherung für den Exporteur sowie einer gut vernetzten Bank haben deutsche Mittelständler beste Chancen, den vietnamesischen Markt zu erschließen – branchenübergreifend.

stefan.rethmeier@lbbw.com

www.lbbw.com

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