Usbekistan öffnet sich immer weiter für ausländische Investitionen. Die Wirtschaft des zentralasiatischen Staates wächst dynamisch – doch die Kreditvergabe im Land bleibt herausfordernd. Direktfinanzierungen können helfen.
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Wachstum, Reformen, Zukunftsmarkt: Noch vor fünf Jahren hätte kaum jemand diese Begriffe mit Usbekistan assoziiert. Mehr als 20 Jahre lang war der zentralasiatische Staat unter Langzeitpräsident Islom Karimov wirtschaftlich abgeschottet. Ausländische Investitionen und grenzüberschreitender Handel? Nahezu unmöglich. Als Karimov im Jahr 2016 starb, übernahm Shavkat Mirziyoyev die Regierungsgeschäfte. Er versprach tiefgreifende Reformen – und lieferte. Er schaffte die Devisenbewirtschaftung ab, förderte die Privatwirtschaft und baute internationale Kooperationen auf.
Seitdem wächst die Wirtschaft des Landes stark. Selbst im Krisenjahr 2020 legte das BIP laut Internationalem Währungsfonds um 0,7% zu. Zum Vergleich: Die Wirtschaftsleistung von Vorzeigenachbar Kasachstan schrumpfte im gleichen Zeitraum um 2,7%. Auch in diesem Jahr soll das usbekische BIP weiter steigen – um 5% auf dann 63,3 Mrd USD. Im Jahr 2025 soll die usbekische Volkswirtschaft sogar schon mehr als 93 Mrd USD umsetzen.
Starke Konkurrenz aus China
Dass Usbekistan vergleichsweise glimpflich durch die Krise kommt, liegt auch an der diversifizierten Wirtschaft. Zu den wichtigsten Industriesektoren des Landes zählen der Bergbau, die Textilwirtschaft, die Automobilindustrie, die Chemiebranche und die Herstellung von Baumaterialien. Auch Rohstoffe treiben die Wirtschaftsleistung, allen voran Gold und Buntmetalle. Der stärkste Sektor bleibt allerdings die Landwirtschaft: Usbekistan exportiert Früchte und zählt zu den sieben wichtigsten Baumwollproduzenten weltweit.
Die usbekische Textilwirtschaft verarbeitet die Baumwollgarne zunehmend selbst und bezieht dafür mitunter Maschinen von Unternehmen der DACH-Region. Alle namhaften Maschinenbauer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben den Markt längst für sich entdeckt. Das Geld ausländischer Investoren fließt auch ins verarbeitende Gewerbe, in die Öl- und Gaswirtschaft sowie in die Bau- und Transportbranche.
In diesem Jahr erwartet die Regierung ausländische Direktinvestitionen und Direktkredite in Höhe von insgesamt 7,7 Mrd USD. Davon werden rund 9,5% von deutschen Unternehmen kommen. Die Konkurrenz dabei ist hart: Traditionell kommen viele Geldgeber aus Russland und der Türkei, seit etlichen Jahren zählt vor allem China zu den Hauptinvestoren im Land, woran sich auch künftig nichts ändern dürfte. Rund 18% der ausländischen Direktinvestitionen stammen aktuell von Unternehmen aus der Volksrepublik.
Deutsche Unternehmen sollten sich davon aber nicht abschrecken lassen, denn der Markt birgt viele Chancen. Usbekistan möchte sich breit aufstellen, um sich unabhängiger von China und Russland zu machen. Die Stärken der deutschen Exportwirtschaft liegen in der Textil- und Baustoffindustrie sowie in Ernährungswirtschaft und Logistik – in Usbekistan sind das derzeit gefragte Kompetenzen. Das Land gilt bereits jetzt als zweitwichtigster Handelspartner für Deutschland in Zentralasien: Im Jahr 2019 lieferten deutsche Firmen Waren im Wert von rund 876 Mio EUR nach Usbekistan.
Je mehr ausländische Investoren und Unternehmen ins Land strömen, desto stärker steigt die Nachfrage nach Krediten. Die lokalen Banken in Usbekistan können den wachsenden Finanzierungsbedarf in der Regel nicht allein decken. Es gibt 32 Geschäftsbanken, drei Viertel der Aktivitäten entfallen allein auf die drei größten Institute National Bank of Uzbekistan (NBU), Uzpromstroybank (Uzbek Industrial and Construction Bank) und Asaka. Selbst die großen usbekischen Banken sind allerdings relativ klein – die NBU hat eine Bilanzsumme von umgerechnet nur 5,2 Mrd EUR. Bei größeren Auftragssummen, wie beim Export von Maschinen und Anlagen üblich, geraten sie daher schnell an ihre Grenzen.
Wer erstmals ein Geschäft in Usbekistan tätigt, sollte deshalb auf eine ECA-gedeckte Finanzierung zurückgreifen. Mittel der Wahl sind dabei meist Bank-zu-Bank-Kredite: 90% der Exportfinanzierungen in der Region laufen nach diesem Schema. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hat dazu mit acht usbekischen Banken bilaterale Rahmenkreditverträge abgeschlossen. Die Finanzierungsform bietet viele Vorteile: Während der Importeur von seiner lokalen Bank in Usbekistan eine langfristige und kostengünstige Finanzierung erhält, verringert sich für den deutschen Geschäftspartner das Risiko eines Zahlungsausfalls. Viele Geschäfte lassen sich ohne eine solche Finanzierung gar nicht darstellen.
Auch Bank-zu-Bank-Kredite können allerdings zum Problem werden: Bei einem Darlehensvertrag im Land muss das usbekische Unternehmen Sicherheiten wie Vermögen, Immobilien oder Maschinen vorweisen, die mitunter die Finanzierungssumme übersteigen. Vielen usbekischen Unternehmen fällt es verständlicherweise schwer, diese regulatorische Hürde zu nehmen. Hinzu kommt: Die Gebühren für einen Bankkredit sowie der damit verbundene Verwaltungsaufwand sind in Usbekistan vergleichsweise hoch.
Deshalb bietet die LBBW in Einzelfällen auch direkte Kredite für usbekische Unternehmen an. Diese Finanzierungen erfolgen nach deutschem Recht. Die Finanzierung wird zu 95% von Euler Hermes gedeckt, die LBBW trägt nur das Restrisiko von 5% der Finanzierungssumme. Das Risiko einer Direktfinanzierung ist dennoch etwas höher als bei einem Bank-zu-Bank-Kredit. Usbekische Geldhäuser dokumentieren ihre Bilanz transparent, zudem steht hinter vielen Instituten der usbekische Staat. Bei privaten Unternehmen hingegen lässt die Transparenz oft noch zu wünschen übrig.
Vergibt die LBBW nun einen Direktkredit an ein usbekisches Unternehmen, muss sie vorab sehr genau hinschauen. Ob eine Direktfinanzierung möglich ist, hängt von Auswahlkriterien wie ausreichendender Unternehmensgröße, Exporterlösen, Erfahrung und Transparenz ab. Der usbekische Importeur muss einen Jahresabschluss nach internationalem Standard vorlegen – allein daran scheitern schon viele Anfragen. Der Vertrag wird auf Englisch geschlossen, der Kreditnehmer braucht also Sprachkenntnisse. Trotzdem ist der Direktkredit eine kostengünstige, unbürokratische Alternative zur herkömmlichen Bank-zu-Bank-Finanzierung.
Starke Präsenz vor Ort
Die LBBW hat bereits mehrere solcher Direktfinanzierungen in Usbekistan begleitet, zuletzt bei einem usbekischen Getränkehersteller, der eine Anlage zum Abfüllen von Erfrischungsgetränken bei einem deutschen Maschinenbauer bestellt hatte. Das Unternehmen hatte bereits früher eine kleinere Maschine eines anderen deutschen Herstellers gekauft und über eine lokale Bank finanziert. Das war in diesem Fall nicht möglich, weil die Laufzeit der Finanzierung bei acht Jahren lag. Eine solch lange Laufzeit können usbekische Banken nur schwer darstellen. In der Regel ist es für sie schlichtweg zu teuer, Kredite in ausländischer Währung für mehr als drei Jahre bereitzustellen.
Dennoch sind Direktfinanzierungen bislang selten. Zu wenige Unternehmen wissen von dieser Möglichkeit. Zudem lassen sich usbekische Unternehmen von der Idee eines Kredits bei einer ausländischen Bank bisweilen verunsichern, weil sie damit noch keine Erfahrung haben. Umso wichtiger sind der persönliche Kontakt zwischen der LBBW und dem usbekischen Importeur und das umfassende Know-how der LBBW. Meist läuft der erste Auftrag über eine klassische Bank-zu-Bank-Finanzierung. Wenn sich beide Seiten dann besser kennen, steht einem Direktkredit wenig im Wege.
Die LBBW ist die einzige deutsche Landesbank, die in Zentralasien vor Ort zu finden ist – und auch die einzige deutsche Bank, die Direktkredite an usbekische Firmen vergibt. Seit dem Jahr 2015 gibt es eine Repräsentanz in der Hauptstadt Taschkent, um der steigenden Zahl an Geschäftsanfragen gerecht werden zu können. Zwei Kollegen betreuen Kunden vor Ort, beraten Firmen aus der DACH-Region rund um den Markteintritt und vermitteln Kontakte zu verschiedenen Dienstleistern. Während das operative Bankgeschäft von Deutschland aus erfolgt, unterstützen die Mitarbeiter in Taschkent Unternehmen mit ihrem lokalen Know-how. Sie sind es auch, die den Kontakt zu usbekischen Firmen aufbauen und ihnen Direktfinanzierungen vorschlagen. Damit sichern sie nicht nur das ein oder andere Exportgeschäft, sondern auch die Zukunft des grenzüberschreitenden Handels mit einem Zukunftsmarkt in Zentralasien.