Rund 300 Gäste bekamen beim diesjährigen „Tag der Exportweltmeister“ einen bunten Strauß an Themen dargeboten. Dabei standen die Chancen der Digitalisierung und der Nachhaltigkeit im Fokus. Auch aufstrebende Volkswirtschaften wie Indien oder Indonesien wurden unter die Lupe genommen. Bei alledem kam natürlich das Netzwerken nicht zu kurz.

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Cool‘ ist das iPhone unter den deutschen Wörtern. Es ist wunderschön, weltumspannend und extrem bedienerfreundlich“, sagte Martin Brückner zur Begrüßung auf dem diesjährigen „Tag der Exportweltmeister“ im Deutsche Bank Park. Doch Digitalisierung und Nachhaltigkeit machen „cool“ als Überworte zumindest im Wirtschaftsleben immer mehr Konkurrenz. „Nachhaltigkeit“, erklärte KfW-Chefvolkswirtin Dr. Fritzi Köhler-Geib in ihrer kurzweiligen Keynote, „ist in der Welt angekommen.“ Und: Deutschland sei bei Umwelt- und Klimaschutzgütern in einer guten Ausgangsposition. „Wir sind bei den grünen Technologien weltweit zweitgrößter Exporteur hinter China.“ Köhler-Geib nannte in diesem Zuge etwa die Batterietechnik, alternative Solarzellen und Recycling. Grüne Leitmärkte wie die effiziente Gewinnung von Energie und Rohstoffen würden bis 2038 enorm wachsen.

Natürlich war der KfW-Chefvolkswirtin die aktuelle Stimmung in der Wirtschaft bewusst. Das zeigen auch die Zahlen aus ihrem Haus. „Die Exporterwartungen sind im historischen Vergleich besonders schlecht.“ Die Stimmung sei ähnlich frostig wie im Oktober 2022, aber noch deutlich besser als zu Zeiten der Finanzkrise. Dabei sei die gesamtwirtschaftliche Lage besser als die Stimmung. Was Köhler-Geib zuversichtlich stimmte: „Die mittelständischen Unternehmen schätzen ihre Wettbewerbsposition relativ positiv ein.“

Die Chance des Jahrhunderts

Auch Hauke Burkhardt verbreitete in seinem Impulsvortrag im VIP-Bereich der Frankfurter Eintracht viel Optimismus. „Die Transformation ist für Deutschland die Chance dieses Jahrhunderts“, erklärte der Deutsche-Bank-Experte. „Doch wir müssen hierfür massiv investieren, ungefähr 100 Mrd EUR jährlich. Aktuell ist es nur etwa die Hälfte.“ Als entscheidende Zukunftsbranchen nannte Burkhardt die IT, industrielle Landwirtschaft, Energie und Gesundheit. „Das“, unterstrich der Finanzierungsfachmann, „sind alles Felder, in denen wir Stärken haben. Wenn die richtigen Stellhebel betätigt werden, kann Deutschland erheblich an den großen Chancen der Transformation partizipieren.“

Auf der VIP-Tribüne des Deutsche Bank Parks. © Lisa Wick/MWM Medien

GTAI-Geschäftsführer Dr. Robert Hermann betonte in der anschließenden Podiumsdiskussion, dass ausländische Investoren Deutschland noch am ehesten zutrauten, Probleme wie den Fachkräftemangel im Vergleich zu anderen europäischen Ländern zu lösen. „Wir können überraschen. Intel baut nicht nur wegen der Förderung seine Fabrik bei uns, sondern auch wegen der guten Rahmenbedingungen“, sagte Hermann und sprach sich gegen eine vollständige Abkehr von China aus. „Das erfolgreiche Geschäft in der Volksrepublik kann eigentlich nicht zur Diskussion stehen. Das lassen sich die Unternehmen auch gar nicht vorschreiben.“ Doch das Ziel müsse sein, weniger abhängig von einem Land zu werden. „Insofern ist es gut, dass viele Unternehmen schon auf anderen Märkten tätig sind.“

Wachstumsmarkt Indien

Später unterstrich der GTAI-Geschäftsführer in einem eigenen Impulsvortrag zum großen Wachstumsmarkt Indien: „Das Land ist wahnsinnig vielfältig – und seit diesem Sommer der bevölkerungsreichste Staat auf der Welt.“ Die meisten Menschen dort seien jung, digitalaffin und konsumhungrig. Doch will das Geschäft in Indien, das zeigten auch die Aussagen von anwesenden Unternehmensvertretern auf dem „Tag der Exportweltmeister“, nicht so recht in Fahrt kommen. Dazu sagte GTAI-Geschäftsführer Hermann: „In Indien wartet keiner darauf, dass Deutschland oder jemand anderes kommt. Das Land ist sehr selbstbewusst und sieht sich längst als großen Player an.“ So müsse man selbst aktiv werden. „Unternehmen wie Infineon, NXP oder Merck braucht man nicht zu erzählen, wie wichtig Indien ist. Sie sind längst dort.“

Vor Ort war bis vor Kurzem auch Deutsche-Bank-Firmenkundenbetreuer Thomas Kaczorowski. „Indien ist ein sehr offenes, aufgeschlossenes Land und die größte Demokratie der Welt.“ Gleichzeitig habe dort das Siegel „Made in Germany“ einen hohen Stellenwert. Güter aus den Bereichen Maschinenbau oder Messtechnik seien sehr nachgefragt, so Kaczorowski. Doch wer etwas für Indien herstellt, sollte es auch vor Ort produzieren. „Metallverarbeitende Betriebe finden eher im Westen gute Bedingungen vor, die IT ist hingegen weiter im Süden sehr stark.“ In manchen Regionen seien dort neun von zehn Beschäftigten im IT-Sektor tätig. „Eine absolute Boombranche ist auch die Bauwirtschaft“, sagte der Deutsche-Bank-Vertreter. „Sie wächst stark und hat mittlerweile einen Anteil von fast 10% am BIP.“

Speziellere Themen wurden auf dem „Tag der Exportweltmeister“ im kleineren Rahmen diskutiert. © Lisa Wick/MWM Medien

Doch zur Strategie China+1 gehören noch viel mehr Volkswirtschaften aus Asien. So berichtete Syed Naushad Zaman, Leiter der Deutsche-Bank-Repräsentanz in Dhaka, live aus Bangladesch. Das Land habe doppelt so viele Einwohner wie Deutschland und eine gute Bevölkerungsstruktur. Längst hat der südasiatische Staat mehr zu bieten als nur Landwirtschaft und Bekleidung. So legt z.B. die Kfz- und Zulieferindustrie immer weiter zu. Eine Wachstumsregion sind außerdem die zehn Nationen des südostasiatischen Staatenbundes. Doch so spannend Märkte wie Vietnam, Indonesien oder Thailand auch sind: Beim „Tag der Exportweltmeister“ in Frankfurt wurde auch deutlich, wie fragmentiert diese Volkswirtschaften noch sind, z.B. bei den Zollregularien. Santander-Experte Uwe Erbs widmete sich in gewohnter Manier den lateinamerikanischen Ländern, allen voran Argentinien und Brasilien.

Nachhaltigkeit als Chance

Auf dem „Tag der Exportweltmeister“ wurden aber nicht nur einzelne Länder und ihre Besonderheiten ins Visier genommen, sondern auch Themen, allen voran: Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Um Letztere ging es u.a. in einer Paneldiskussion am Mittag mit GvW-Rechtsanwalt Hartmut Henninger, der sich auch noch in einem eigenen Vortrag dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz widmete, Professor Matthias Paul von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Meriem Tazir von den Nachhaltigkeitsexperten von e-hoch-3 und Götz Meyer von der Triton Beratungsgesellschaft. Sie alle zeigten Wege auf, wie die Nachhaltigkeit nicht nur Risiko sein kann, sondern auch Chance. „Es gibt zwei Aspekte: Sie investieren in nachhaltige Unternehmen oder Sie treiben die Nachhaltigkeit von Unternehmen voran, in dem Sie gemeinsame Strategien entwickeln, etwa in der Abfallvermeidung,“ sagte Meyer.

Es gebe in Deutschland schon viele Studiengänge zur Nachhaltigkeit, berichtete Paul. „Eine spannende Frage ist z.B., ob man durch Nachhaltigkeit Innovation schaffen kann.“ Überall seien Märkte, die nach nachhaltigen Technologien schreien würden, ergänzte Tazir. „Das geht von der Energieeffizienz und den erneuerbaren Energien über die Datenverwaltung und Managementsysteme bis hin zu Smart Agriculture in der Landwirtschaft. Die Märkte für Nachhaltigkeit sind sehr groß, wenn man das frühzeitig in den Innovationsprozess einbezieht.“ Triton-Partner Meyer unterstrich noch einen weiteren Aspekt: „Mit der Installation von digitalen Tools hat man die Predictive Maintenance, die vorausschauende Wartung, viel besser unter Kontrolle und kann so das Service-Geschäft erheblich fördern. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass korrekt gewartete Maschinen weniger Energie verbrauchen.“

Erstmals fand auf dem „Tag der Exportweltmeister“ ein Wissensforum statt. Dort präsentierten fünf ausgewiesene Experten nacheinander Themen rund um Umgehungsgeschäfte, Hermesdeckungen, Investmentgarantien, Tarifierung, Präferenzkalkulation oder Incoterms.

Während sich Vitalii Ostapchuk, Senior Project and Business Development Manager bei der Schneider Group, am Nachmittag den Möglichkeiten rund um den Wiederaufbau in der Ukraine widmete, drehte sich parallel einiges um digitale Tools – nicht zuletzt, um die Nachhaltigkeit zu adressieren.

Hinter Catena X und Matflixx stecken zwei mächtige Plattformen. Jörg Rieger/MWM Medien

Bosch-Vertreter Steve Oliver Schindler-Le Huray stellte die Industrie-4.0-Plattform Catena x vor, Co-Gastgeber Brückner selbst die hauseigene Rohstoffplattform Matflixx. Ein weiteres Forum widmete sich der Digitalisierung im Avalgeschäft. Avale sind ein wichtiges Instrument, um Forderungen aus Handelsgeschäften weltweit abzusichern. Doreen Lenk, Head of Group Treasury bei den Abwasserspezialisten von der Aqseptence Group, und Manuel Schlachter, Leiter Treasury Controlling beim Robotikriesen Kuka, berichteten über ihre positiven Erfahrungen mit den Lösungen des Fintechs Digital Vault Services (DVS).

Join me? Lass uns lieber treffen

Den Abschluss des Events im Deutsche Bank Park bildete neben dem Come-together und dem Torwandschießen das Panel: „Join me? Lass uns lieber treffen!“ Dabei berichteten die Journalistin und Moderatorin Anne-Catherine Beck, Matthias Fritton, einst Redenschreiber von Bundeskanzler Helmut Kohl, und Sebastian Schäfer, Geschäftsführer des Frankfurter Tech Quartiers, aus ihrem Arbeitsalltag. „Ich glaube“, sagte Digitale Native Schäfer, „dass die Produktivität leidet, wenn man nur noch im Homeoffice arbeitet. Es gibt gute Gründe, um regelmäßig zusammenzukommen.“

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