Auf dem 15. Asien-Pazifik-Forum der IHK Nürnberg Ende Juli rührten Vertreter der ASEAN die Werbetrommeln für ihre Region und die jeweiligen Staaten. Indonesien, die Philippinen und Thailand sind dabei aus Sicht hiesiger Unternehmen besonders interessant. Doch auch dort ist nicht alles Gold, was glänzt.

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Sich verstärkende geopolitische Spannungen erschweren zunehmend den Welthandel. Der Kalte Krieg scheint ein Comeback zu feiern, nur dass China nun Russland ersetzt, während Moskau einen widerrechtlichen Angriffskrieg führt, der nicht nur die Ukraine verheert, sondern auch Europa und die ganze Welt vor immer mehr Probleme stellt. Die EU und insb. Deutschland stehen durch Abhängigkeiten, v.a. bei Ressourcen, ein wenig zwischen den Stühlen. „Diversifikation der Lieferketten“, „Derisking“ und „China+1“ sind die Begriffe, die im Außenhandel tätige Unternehmen umtreiben. Die Vereinigung südostasiatischer Staaten (ASEAN) könnte hier zur großen Chance für Deutschland werden.

Auf dem 15. Asien-Pazifik-Forum der IHK Nürnberg rührten Vertreter der ASEAN die Werbetrommeln für ihre Region und die jeweiligen Staaten. Und durchaus zu Recht: Laut dem Statistikportal Asean-stats.org zählte Südostasien im Jahr 2020 rund 661,8 Millionen Einwohner. Es ist damit nicht nur eine der bevölkerungsreichsten Regionen, sondern auch eine der demografisch jüngsten. Der Anteil der unter 64-Jährigen beträgt 93,1% der Gesamtbevölkerung. Südostasien ist zudem reich an Rohstoffen und bietet großes Potenzial für klimaneutrale Energiegewinnung und die Batterieproduktion.

Indonesien: große Rohstoffvorkommen und grüne Energie

Das mit 278 Millionen Menschen bevölkerungsreichste Land der ASEAN, Indonesien, ist laut Bayu Wicaksono, Handels-Attaché der Indonesischen Botschaft in Berlin, gut ins Jahr 2023 gestartet. Im ersten Quartal wuchs das BIP des Landes um 5%, das zweitgrößte Wachstum unter den G-20-Staaten, bei einer im internationalen Vergleich relativ niedrigen Inflation von 4%. Die indonesische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2060 klimaneutral zu sein. Der Staat mit seinen 17.500 Inseln und 108.000 km Küstenlinie bietet laut eigenen Angaben das Potenzial, 437 GW grünen Strom zu erzeugen, bisher werden rund 12 GW davon genutzt.

Die weltweit größten Nickelreserven liegen in Indonesien, außerdem verfügt das Land über Bauxit- und Kupfervorkommen, was es attraktiv für den Aufbau von Batterieproduktlinien macht. Zudem bietet Indonesien einen großen Markt für E-Fahrzeuge, bis 2030 sollen 15 Millionen neue batteriebetriebene Transportmittel über die Straßen des Landes rollen, wobei der Markt für Zweiräder den für Autos sogar noch übertrifft. Die eigene Produktionskapazität beträgt momentan ca. 1 Million E-Zweiräder und 14.000 E-Autos pro Jahr.

Ein weiterer Bereich, in dem Potenzial für ausländische Beteiligungen besteht, ist der Infrastrukturausbau. Bis 2050 soll das Straßennetz um 18.000 km ausgebaut werden. Zusätzlich ist die Erweiterung des Schienenverkehrs geplant; aktuell laufen neun Projekte, um den inländischen Transport zu beschleunigen.

Philippinen: IT- und Halbleiter-Hub

Die Philippinen setzen ihre Entwicklung als Hub für die Elektronik- und Halbleiterindustrie fort. Mit einer Gesamtbevölkerung von 113 Millionen Menschen, die ein Durchschnittsalter von 25,7 Jahren aufweist und jährlich 800.000 Universitätsabsolventen hervorbringt, präsentiert das Land eine beeindruckende Palette an Talenten und Ressourcen, die diese Industrie antreiben. Der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 6,4% auf 440,9 Mrd US-Dollar im ersten Quartal 2023 spiegelt eine stabile wirtschaftliche Entwicklung wider.

Die Elektronik- und Halbleiterindustrie der Philippinen hat sich zu einem Eckpfeiler für Innovation und Technologie entwickelt. Mit besonderem Fokus auf die Halbleiterherstellung und Elektronikfertigungsdienstleistungen (EMS) haben die Philippinen ein stabiles Ökosystem für „Outsourced Semiconductor Assembly and Testing (OSAT)“ etabliert. In Zahlen ausgedrückt sind 73% der Aktivitäten in dieser Industrie auf die Herstellung von Halbleitern und 27% auf EMS ausgerichtet. Der Schwerpunkt liegt auf der Endfertigung und dem Testing von Mikrochips, wie Wafer-Probing, In-Circuit- und Funktionstests, sowie auf Montage und Verpackung. Zudem verfügt das Land über große Nickel-, Kobalt- sowie Kupfervorkommen und sucht nach Partnern, um diese zu erschließen und zu verarbeiten.

Thailand: ambitionierter Logistik-Knotenpunkt

Thailand hat sich als zentraler Hub für Unternehmen positioniert, die auf die immense Verbrauchergruppe Asiens und darüber hinaus abzielen. Mit einer Bevölkerung von 66 Millionen und seiner zentralen Lage bietet der thailändische Markt einen fruchtbaren Boden für Expansionen. Um seine Position als Logistik-Hub zu festigen, entwickelt das Land den Eastern Economic Corridor (EEC), der sich über die drei Provinzen Chachoengsao, Chonburi und Rayong erstreckt, ständig weiter.

Zu den Schlüsselprojekten gehören die Erweiterung des Tiefseehafens Laem Chabang, dessen Umschlagskapazitäten auf 18 Mio TEU pro Jahr ausgebaut und dessen Güterversand über Züge auf 30% gesteigert werden soll, sowie die Entwicklung des U-Tapao International Airport mit Einrichtungen zur Bedienung von jährlich 60 Millionen Passagieren.

Ein weiteres großes Projekt ist der Bau einer Hochgeschwindigkeitsbahn, die fünf Provinzen, drei Flughäfen und neun Bahnhöfe miteinander verbinden soll. Der Bau der 220 km langen Strecke soll 2027 beginnen. Im selben Jahr soll außerdem der Ausbau des Industriehafens Map Ta Phut in die dritte Phase gehen. Nach Abschluss sollen dort 31 Mio t an Waren pro Jahr umgeschlagen werden können. Ein zusätzliches LNG-Terminal ist geplant, das über eine Kapazität von 11 Mio t verfügen soll.

Doch auch im südostasiatischen Staatenbund lauern einige Fallstricke, wie z.B. der politische Machtkampf im Königreich Thailand. Dort wurde der Spitzenkandidat der aufsteigenden Reformpartei Move Forward Pita Limjaroenrat vor einiger Zeit vom Senat aus dem Parlament ausgeschlossen. Sein Vorgänger war durch einen Militärputsch abgesetzt worden und musste ins Ausland fliehen. Pita hatte weitreichende Reformen angekündigt, u.a. wollte er den Einfluss des Königshauses schwächen, was den thailändischen Wählern zu gefallen schien, den etablierten Mächten des Landes jedoch weniger. Wie sich die politische Lage im Land entwickelt, bleibt abzuwarten.

Ausblick

Freihandelsabkommen mit der EU haben bisher nur zwei der zehn ASEAN-Mitgliedstaaten geschlossen, nämlich Vietnam und Singapur. Die EU befindet sich momentan in Verhandlungen mit Indonesien und Thailand, während die Gespräche mit Malaysia ausgesetzt wurden. Die wegen Menschenrechtsverletzungen abgebrochenen Verhandlungen mit den Philippinen wurden vor Kurzem wieder aufgenommen.

Im Großen und Ganzen scheinen die Vorteile eines Markteintritts in einem ASEAN-Staat zu überwiegen, v.a. mit Blick auf ein politisch immer problematischer agierendes China.

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