Die Vorbereitungen auf das kommende Weihnachtsgeschäft haben in der Disposition und im Handel längst begonnen. In diesem Beitrag geht es um aktuelle Erfahrungswerte und passende Fulfillment-Strategien.

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Ein Risiko für die Stabilität und Sicherheit der Weltwirtschaft sind 2024 die mehr als 60 anstehenden nationalen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, die zu geopolitischen Verschiebungen führen könnten. Dies gilt in erster Linie für die Wahlen in den Vereinigten Staaten, denen angesichts der unterschiedlichen Weltanschauungen der voraussichtlichen Kandidaten Joe Biden und Donald Trump eine immense Bedeutung zukommt. Inwieweit das Wahlergebnis in Taiwan zu einer Ausweitung der Spannungen mit China beiträgt, werden die kommenden Monate zeigen. Der China-kritische Lai Ching-te, auch bekannt unter seinem englischen Namen William Lai, ging Mitte Januar als Sieger hervor. Richtungsweisende Wahlen stehen auch in Europa bevor. Hier wird nicht nur das Europa-Parlament gewählt, auch in Österreich, wo die rechte FPÖ in den Umfragen weit vorne liegt, und in Großbritannien schreiten die Bürger zur Wahlurne.

Nach dem Weihnachtsgeschäft ist vor dem Weihnachtsgeschäft

Nach dem Weihnachtsgeschäft des vergangenen Jahres sollte zeitnah die Weihnachtszeit 2024 v.a. für einen Online-Shop im Hinblick auf das nationale wie internationale Versandgeschäft geplant werden. Dabei sind wiederum die Erfahrungen aus dem Weihnachtsgeschäft 2023 äußerst hilfreich.

Bis zur letzten Phase blieb es im Weihnachtsgeschäft 2023 für viele Händler national genauso wie international ein ernsthaftes Problem, dass geringe Logistikkapazitäten die eigenen Optionen einschränkten und große Bestellmengen nicht abgearbeitet und rechtzeitig ausgeliefert werden konnten. Währenddessen kam es zu erheblichen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Transportunternehmen. Schon vor dem Ende der Weihnachtszeit hat die lange Lieferzeit den weltweiten Versand spürbar belastet. Diese Entwicklung lässt sich nicht ausschließlich mit unerwartetem Wetter erklären. Außerdem müssen Wetterfaktoren im modernen Handel ohnehin einkalkuliert und weitgehend beherrschbar sein. Insgesamt war festzustellen, dass die geplanten Kapazitäten der Carrier oft zu knapp bemessen waren.

Die Lieferzeiten im Weihnachtsgeschäft 2023 haben oft eine Woche und länger gedauert. Aufgrund der Masse an Sendungen haben Zusteller die direkte Zustellung an der Haustür vermieden und stattdessen einfach die Pakete direkt in Paketshops zugestellt. Dies führte teilweise zu chaotischen Zuständen in den Shops, da diese übergelaufen sind. Daher sollten sich die Carrier schon frühzeitig Gedanken machen, wie sie rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft 2024 nicht nur genügend Zusteller akquirieren, sondern auch genügend Zustellfahrzeuge bereitstellen können. Aufgrund des allgemeinen Mangels an Arbeitskräften – dies ist ein global zu beobachtendes Phänomen – werden Löhne immer weiter angehoben, was sicherlich zu einer Kostensteigerung der Paketpreise führen wird.

Zu wenig Wechselbrücken bei fast allen Carriern

Im Weiteren war zu beobachten, dass es bei fast allen Carriern zu wenig Wechselbrücken gab, die v.a. dazu genutzt werden, Pakete zwischen den Depots und Hubs zu transportieren. Durch eine verringerte Abholfrequenz bei den Lägern stauten sich die Ausgangspakete im Warenausgang. Da heute noch nicht gesagt werden kann, wie schnell die Carrier ihre Anzahl an Wechselbrücken erhöhen können, sollten Fulfillment-Dienstleister und Warehouses sich jetzt schon darum kümmern, die Pufferflächen im Warenausgang zu erweitern.

Die Umsetzung verschiedener Optimierungsmaßnahmen benötigt oft viel Zeit. Daher ist es sinnvoll, sich bereits im ersten Quartal damit zu beschäftigen, Optimierungsmaßnahmen zu identifizieren, damit diese bis zum Anfang des vierten Quartals 2024 umgesetzt werden können.

Mögliche Maßnahmen können sein:

• Erweiterung des Carrier-Netzwerks: Durch eine Multi-Carrier-Strategie kann man bei Down-Zeiten des einen Carriers schnell auf einen anderen wechseln. Hat der Endkunde eine Auswahlmöglichkeit und kann seinen bevorzugten Carrier beauftragen, erhöht dies zudem die Kundenbindung.

• Erweiterung der Warenausgangsflächen: Durch Pufferflächen im Warenausgang stellt man sicher, dass ein Backlog nicht zur Störung der Kommissionier- und Verpackungsprozesse führt, und reagiert flexibel auf Verzögerungen der Carrier.

• Analyse der Prozesse mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz: Dadurch können Schwachstellen identifiziert und gezielt angegangen werden.

• Abstimmung mit dem Marketing, um durch gezielte Maßnahmen das Weihnachtsgeschäft weiter zu entzerren. So ist es denkbar – analog zum Frühbu-cherrabatt bei Reisen – gezielte Marketing-Aktionen im September und/oder Oktober zu fahren, sodass Bestellungen nicht nur geballt in den letzten sechs bis acht Wochen vor Weihnachten eintreffen. Gerade für den internationalen Versand ist dies ratsam, da Cross-Border-Pakete i.d.R. länger unterwegs sind als beim nationalen Versand.

Fazit

Die Vorbereitungen für das Weihnachtsgeschäft 2024 erfordern eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den Erfahrungen aus dem Vorjahr und gezielte Optimierungsmaßnahmen. Insb. die Herausforderungen bzgl. langer Lieferzeiten und logistischer Engpässe müssen aktiv angegangen werden. Die Verlängerung der Lieferdauer im letzten Weihnachtsgeschäft führte zu Unannehmlichkeiten für Kunden und überlastete Paketshops.

Eine Multi-Carrier-Strategie bietet nicht nur Flexibilität bei Engpässen, sondern stärkt auch die Kundenbindung durch die Möglichkeit der Carrier-Auswahl. Die Erweiterung der Warenausgangsflächen und die Nutzung von KI zur Prozessoptimierung sind ebenfalls entscheidende Schritte. Eine enge Abstimmung mit dem Marketing, insb. durch gezielte Aktionen im September und Oktober, kann dazu beitragen, das Weihnachtsgeschäft zu entzerren und die Belastung auf die Logistik zu verteilen. Frühzeitige Identifikation und Umsetzung von Optimierungsmaßnahmen sind essenziell, um rechtzeitig für das vierte Quartal 2024 gewappnet zu sein.

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