Steigende Rohstoffpreise und ein verschlechtertes außenwirtschaftliches Umfeld lassen in Bangladesch höhere soziopolitische Spannungen erwarten. Dabei hatte das südasiatische Land die Corona-Pandemie wirtschaftlich ziemlich gut überstanden.

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Der Krieg in der Ukraine und die Unterbrechung der Importe aus Russland treffen die anhaltende wirtschaftliche Erholung Bangladeschs. Der starke Rohstoffpreisschock, insbesondere gestiegene Kraftstoff- und Lebensmittelpreise, könnten länger anhaltende destabilisierende soziale und politische Effekte haben. Dies haben bspw. kürzlich die landesweiten Proteste gegen die Regierung gezeigt. Nicht nur die Inlandsnachfrage leidet unter den trüben Konjunkturbedingungen, auch die schwächere westliche Auslandsnachfrage bremst die dominierenden Bekleidungsexporte. Daher ist für 2022 ein schwächeres Wirtschaftswachstum zu erwarten.

Auswirkungen der Pandemie gering

Die Covid-19-Pandemie hat die Wirtschaft Bangladeschs zwar in Mitleidenschaft gezogen, ihre Auswirkungen auf die makroökonomischen Fundamentaldaten waren aber relativ gering. Das Land ist wirtschaftlich resilient – gestützt durch Überweisungen aus dem Ausland (die im Finanzjahr bis Juni 2021 ein Rekordniveau erreichten) und den robusten Bekleidungssektor. Im Finanzjahr 2020 konnte Bangladesch trotz Pandemie insgesamt noch ein positives Wachstum (+3,5%) erreichen, das Finanzjahr 2021 zeigte dann mit 5% Wachstum eine deutliche Erholung.

Aktuell leidet die Wirtschaft jedoch unter neuen Schocks: Der Krieg in der Ukraine sorgt für einen hohen Inflationsdruck (Lebensmittel und Energie), führt zu Unterbrechungen bei den Lebensmittelimporten aus Russland und der Ukraine und erhöht den Druck auf den Staatshaushalt durch zusätzliche Ausgaben. So wurden im März Lebensmittelsubventionen angekündigt, um die sozioökonomische Belastung zu verringern und das Risiko der Ernährungsunsicherheit zu vermeiden. All diese Faktoren schlagen sich in schwächeren Wachstumserwartungen nieder. Folglich dürften die jüngsten BIP-Wachstumsprognosen des Internationalen Währungsfonds für Bangladesch (+6,6% im Finanzjahr 2022 und +7,1% 2023), die im März veröffentlicht wurden und auf Daten bis Mitte Februar beruhten, demnächst noch nach unten korrigiert werden.

In diesem schwierigen sozioökonomischen Kontext haben die rasch steigenden Lebenshaltungskosten in der Bevölkerung Ende März große Proteste und Streiks ausgelöst. Anhaltend hohe Energie- und Lebensmittelpreise sind nicht nur ein Risiko für die soziale Stabilität, sondern auch für die Politik: Soziale Spannungen könnten zunehmend die Position der langjährigen Regierungschefin, Premierministerin Sheik Hasina, schwächen und möglicherweise dazu beitragen, die zersplitterte Opposition wiederzubeleben.

Devisenpolster wächst langsamer

Im Moment ist die externe Liquidität des Landes noch gut. Die Devisenreserven stiegen im ersten Jahr der Pandemie dank eines stärkeren Rückgangs der Importe im Vergleich zu den Exporten und robuster Auslandsüberweisungen von Arbeitern an und sind seitdem stabil geblieben.

Vor diesem Hintergrund ist derzeit die Importdeckung mit 6,5 Monaten relativ komfortabel, auf Jahressicht dürfte sie jedoch abnehmen. Das kurzfristige politische Risiko Bangladeschs, das mit 3/7 recht stabil bewertet ist, könnte in Zukunft unter Druck geraten. Das Verhältnis der kurzfristigen Auslandsschulden zu den Leistungsbilanzeinnahmen ist moderat; es ist jedoch zu erwarten, dass die Liquidität Bangladeschs durch die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs in Mitleidenschaft gezogen wird. Dies könnte zu einer Ausweitung des Leistungsbilanzdefizits führen – aufgrund sinkender globaler Nachfrage nach Bekleidung, steigender Preise für importierte Brennstoffe und Lebensmittel sowie rückläufiger Auslandsüberweisungen (die im Finanzjahr 2021 erreichten hohen Werte waren teils auf vorübergehende staatliche Anreize zurückzuführen) – und damit zu einem verlangsamten Aufbau von Devisenreserven.

Was das Geschäftsumfeldrisiko betrifft, so blieb der bangladeschische Taka zwischen März 2021 und März 2022 gegenüber dem US-Dollar weitgehend stabil (–1,6%), was zum Teil auf einige Interventionen der Zentralbank zurückzuführen war. Allerdings nimmt der Währungsdruck 2022 durch die Inflation (März: +6% gegenüber dem Vorjahresmonat) und das wachsende Leistungsbilanzdefizit deutlich zu.

Der Ratingsausblick ist negativ

In Anbetracht des schwächeren BIP-Wachstums ist daher auch der Ratingausblick (D/G) negativ. Außerdem ist das Risiko weiterer Covid-19-Wellen nicht gebannt. Bangladesch wurde von mehreren Pandemie-Wellen heimgesucht, die stärksten trafen das Land im vergangenen Sommer (Delta-Variante) und Anfang dieses Jahres (Omikron-Variante) aufgrund der noch niedrigen Impfquoten. Inzwischen sind zwei Drittel der Bevölkerung geimpft, und es wird erwartet, dass die Pandemie in den kommenden Monaten ein geringeres Risiko darstellt.

k.koch@credendo.com

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