Energierohstoffe prägen unverändert die algerische Wirtschaft. Dank der starken Nachfrage nach Öl und Gas, allen voran aus Europa, ist die konjunkturelle Ausgangslage weiterhin gut. Nach Corona fließen auch die ausländischen Direktinvestitionen in den Rohstoffsektor wieder stärker.
Beitrag in der Gesamtausgabe (PDF)
Vor rund einem halben Jahr haben wir im „ExportManager“ über die Geschäftsmöglichkeiten in den Mittelmeeranrainerstaaten Nordafrikas sowie über die Möglichkeiten der Finanzierung und der Risikoabsicherung geschrieben. In der aktuellen Ausgabe wollen wir den Fokus auf Algerien legen.
2022 gingen die deutschen Exporte nach Algerien zwar noch leicht auf rund 1,7 Mrd EUR zurück. Im vergangenen Jahr entwickelten sich die Zahlen aber positiv: Schon nach drei Quartalen konnte der Vorjahreswert übertroffen werden. Damit liegt Algerien in Nordafrika auf dem dritten Platz. Lediglich nach Ägypten und Marokko haben deutsche Exporteure mehr Waren geliefert.
Potenziale abseits von Öl und Gas
Der Hauptträger der Wirtschaftsleistung in Algerien ist derzeit noch immer die Förderung von Bodenschätzen wie Erdöl und Erdgas. Das Land hat aber in den vergangenen Jahren Maßnahmen ergriffen, um die Wirtschaft zu diversifizieren. So besteht seit 2020 in den sog. nicht-strategischen Sektoren kein Joint-Venture-Zwang von internationalen mit lokalen Unternehmen mehr. Insb. für die Nahrungsmittel- und Verpackungsindustrie, Bauwesen, Automobil und Bergbau, aber auch für Umwelttechnik, Pharma und Kosmetik sehen die Experten des Wirtschaftsnetzwerks Afrika deutliche Wachstumschancen. Mittelfristig wird sich dann ein höheres Wachstumspotenzial bieten, wenn die Regierung weitere Schritte zur Marktöffnung und Reformen einleitet. Das betrifft den Öl- und Gassektor, in den ein Großteil der Investitionen fließt. Daneben stößt auch der Bergbau auf ein verstärktes Interesse bei Investoren.
Im Energiesektor könnte sich eine komplett neue Wertschöpfungskette mit erneuerbaren Energien bis hin zur Produktion von grünem Wasserstoff etablieren. Die Rahmenbedingungen dafür sind in Algerien extrem gut, die Realisierung läuft aber nicht so schnell wie in anderen Ländern in der Region. Die deutsche Bundesregierung unterstützt hier bereits seit 2015 im Rahmen der deutsch-algerischen Energiepartnerschaft.
Auch die gesamte Diversifizierung gelingt deutlich langsamer als erhofft. Die Einschätzungen des BIP-Wachstums für 2024 laufen vor diesem Hintergrund verhältnismäßig stark auseinander. Nach Schätzungen der Economist Intelligence Unit (EIU) wird das Bruttoinlandsprodukt um lediglich 2,5% wachsen. Die Regierung in Algier hingegen geht für das aktuelle Jahr von einem Wachstum von 4,2% aus.
Insgesamt erfordert das Geschäftsumfeld in Algerien eine ausgewogene Strategie. Durch eine sorgfältige Planung, lokale Partnerschaften, die frühzeitige Einbeziehung erfahrener Spezialisten und die richtige Nutzung von Finanzinstrumenten können deutsche Exporteure ihre Chancen in diesem aufstrebenden Markt aber optimieren. Und da kommen die AHK Algerien und die LBBW ins Spiel.
Wirtschaftliche und politische Herausforderungen
Wo sich Chancen bieten, gibt es natürlich auch Herausforderungen. Risiken können in der Liquidität und Bonität des algerischen Importeurs und seiner Hausbanken sowie in den politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen begründet sein. Grundsätzlich kann der Lieferant Risiken im Export durch eine komplette Vorauszahlung des Importeurs minimieren. Bei Exporten nach Algerien ist dies allerdings nicht zulässig. In Algerien sind maximal 15% der Kaufsumme als Vorauszahlung erlaubt und das auch nur, wenn die Hausbank eine entsprechende Anzahlungsgarantie liefert.
Alternativ vereinbaren der Lieferant und der Besteller oftmals vermeintlich sichere Zahlungsverfahren wie Inkassi oder Akkreditive. Allerdings war die Bezahlung per Inkassi in Algerien einige Zeit nicht erlaubt. Inzwischen ist das möglich, bietet dem Exporteur aber wenig Sicherheit gegen das Nichtzahlungsrisiko, da die versprochenen Sicherheiten im Ernstfall nur schwierig zu realisieren sind: Beim Inkasso-Verfahren gibt der Importeur dem Exporteur ein rechtsverbindliches Zahlungsversprechen.
Wenn es ernst wird, also wenn ein Zahlungsausfall droht, fehlt der Hebel, um dieses Recht auch geltend zu machen. Das Akkreditiv ist ein Zahlungsversprechen der Hausbank des Importeurs, die die fragliche Summe an einem bestimmten Zeitpunkt nach Lieferung an den Lieferanten zahlt. Aber auch dabei ist der Anspruch im Ernstfall gegenüber der ausländischen Bank kaum durchzusetzen. Das Risiko eines Zahlungsausfalls aufgrund von Liquiditätsproblemen oder eines Zahlungsmoratoriums verbleibt somit beim Exporteur.
Risikoabsicherung durch Akkreditivbestätigung
Eine Zahlungsvereinbarung mit Akkreditivbestätigung hingegen minimiert das Risiko eines Zahlungsausfalls für den Exporteur signifikant. Dabei verpflichtet sich die Hausbank des Exporteurs dazu, die Rechnung des Importeurs zu begleichen, und übernimmt sowohl das Länder- als auch das Bonitätsrisiko des Importeurs und seiner Hausbank. Eine Bank wie die LBBW bietet dies ihren Kunden gegen eine entsprechende Gebühr an. Sie kann dieses Risiko managen, da sie über Netzwerke zu lokalen Banken sowie zu weiteren Drittbanken verfügt. Eine entscheidende Rolle spielen die Korrespondenzbankbeziehungen in der Region. Die LBBW pflegt diese oft langjährigen Kontakte zu allen relevanten Banken in Algerien – wertvolle Beziehungen, von denen auch ihre Kunden profitieren können.
Auch mithilfe ihres Netzwerks kann die LBBW Risiken in Algerien besser einschätzen. Neben den erfahrenen Spezialisten im Headoffice Stuttgart unterstützt die in Dubai ansässige Repräsentanz „Middle East“ deutsche Exporteure bei der Geschäftsanbahnung in den nordafrikanischen Märkten. So können maßgeschneiderte Lösungen aus einer Hand angeboten werden, wenn es darum geht, die vielfältigen Chancen in der Region gewinnbringend zu nutzen.
Mit starken Partnern Chancen nutzen
Die deutsche Regierung fördert den Export u.a. durch die bekannten Instrumente von Euler-Hermes. Diese können Exporteure über ihre Hausbank nutzen, um Risiken zu minimieren und durch die Finanzierung Geschäfte überhaupt erst realisierbar zu machen.
Ein weiterer bedeutender Partner der Unternehmen ist die AHK Algerien. Ihr breites Dienstleistungsangebot beinhaltet alle notwendigen Elemente, um Unternehmen beim erfolgreichen Markteintritt, aber auch der Marktexpansion zu begleiten: von der Marktstudie und der Analyse potenzieller Zielgruppen über die Suche nach geeigneten Geschäftspartnern bis hin zu organisierten Unternehmerreisen nach Algerien oder aus Algerien nach Deutschland. Wenn Unternehmen ihre Sichtbarkeit in Algerien steigern wollen, können sie die AHK als Plattform für Marketing, aber auch das PR-Netzwerk und die umfassenden Kontakte der Handelskammer in Algerien nutzen.
Daneben bietet die AHK Algerien Messeservice, Visaservice, Weiterbildungsangebote und unterstützt den Senior Experten Service. Ein Ausschreibungsservice soll zeitnah realisiert werden, um den Unternehmen ihre Teilnahme an Ausschreibungen in Algerien zu erleichtern.