Digitale Plattformen zur Vermittlung von Waren und Dienstleistungen übernehmen einen wachsenden Teil des internationalen Handels. Auch zur kurzfristigen Finanzierung von Handelsgeschäften können Anbieter neuer Technologien – sogenannte Fintechs – einen Beitrag leisten. Entscheidend bleibt aber die Vertrauensbasis zwischen den Beteiligten einer etablierten Wertschöpfungskette.
Von Gunther Schilling, Leitender Redakteur ExportManager,
FRANKFURT BUSINESS MEDIA
Die Finanzierung von grenzüberschreitenden Lieferungen folgt weltweit einem bewährten Muster: Der Kunde verpflichtet sich zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises an den Lieferanten oder einen von diesem benannten Empfänger. Kern dieser Übereinkunft sind jahrelange Kundenbeziehungen oder Empfehlungen, die durch rechtsverbindliche Verträge und dokumentäre Nachweise – oft unter Einbindung eines Finanzdienstleisters – ergänzt werden. Weitere Elemente können die Kreditversicherung und die staatliche Deckung sein, wenn zusätzliche Risiken abzudecken sind.
Erprobte Instrumente wie Vorauszahlung, Lieferantenkredit, Akkreditiv und Factoring werden zunehmend auch in digitale Lösungen integriert, die eine schnellere und (kosten)effizientere Abwicklung der Transaktionen ermöglichen sollen. Seit dem 1. Juli 2013 gibt es mit der Bank Payment Obligation (BPO) eine elektronische Möglichkeit, Zahlungen auf der Basis eines Abgleichs vereinbarter Handelsdaten zu leisten. Allerdings scheint dieses Instrument weiterhin nur zögerlich angenommen zu werden. Andreas Schmidt berichtete in der Ausgabe Dezember 2015 des ExportManagers (Link) von einer starken Zurückhaltung der Unternehmen.
Eine weitere Neuerung sind Plattformen, mit denen Forderungen innerhalb einer Wertschöpfungskette flexibler beglichen werden können. In einer Trainingseinheit anlässlich des Kongresses Länderrisiken 2017 stellte Michael Rieskamp, Director European Supply Chain Finance bei Taulia, die Plattform des Unternehmens vor. Dort können Kunden mit ihren Lieferanten eine dynamische Diskontierung der Forderungen vereinbaren, die einen Abschlag bei vorfälliger Zahlung von Lieferforderungen vorsieht. Dadurch gelangen Lieferanten früher an ihr Geld, und ihre Kunden können verfügbare Liquidität einsetzen, um statt der aktuellen Niedrigzinsen ein flexibles Skonto zu nutzen.
Zusätzlich zu den beteiligten Teilnehmern aus der Lieferkette können auch externe Finanzdienstleister und Kreditversicherer diese Plattform nutzen, um die Zahlung der Forderung zu übernehmen. So berichtete Stefan Kämmerer, Leiter Forderungsmanagement der Commerzbank, von einem wachsenden Interesse der Banken, diese neuen Plattformen auch für das eigene Geschäft zu nutzen. Die Standardisierung könne die Finanzierung kleinerer Beträge möglich machen, wenn sich die notwendigen Verfahren effizient auf die einzelnen Geschäfte anwenden ließen.
Thomas Born, Bereichsleiter Financial Institutions Northern Europe Region von Coface, betonte die höhere Flexibilität, die diese Lösung auch für Kreditversicherer interessant mache. Wenn Informationen einmal auf einer Plattform eingestellt worden seien, könnten diese von allen Beteiligten genutzt werden. Die bisher verbreitete Mehrfacherfassung der notwendigen Daten ließe sich so vermeiden. Mit Blick in die Zukunft sei es ein realistisches Szenario, dass per Knopfdruck der gesamte Rechnungsverlauf und Zahlungsstatus abgerufen werden sowie die gewünschte Finanzierung und Absicherung gewählt werden könnten.
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