Von einer exotischen, streng regulierten Währung hin zu einer der führenden Weltwährungen – der chinesische Renminbi (offizieller Währungscode: CNY) geht diesen Weg konsequent weiter. Weil gerade die Exportnation Deutschland zunehmend auf den Wachstumsmarkt China angewiesen ist, gehen immer mehr Außenhandelsunternehmen dazu über, heute schon in Renminbi wie in US-Dollar zu fakturieren. Vorerst aber gibt es bei Zahlungsverkehr, Cash-Pooling und Währungsabsicherung noch einige Besonderheiten.

Von Frank-Oliver Wolf, Global Head, Cash Management & International Business und Brigitte Volz, Regional Head Asia, Cash Management & Inter­national Business, Commerzbank AG, Mittelstandsbank

Noch nie wurden so viele Zahlungen in Renminbi abgewickelt wie Anfang 2014. Die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (SWIFT) hat ermittelt, dass die chinesische Währung inzwischen den siebten Platz der stärksten Zahlungswährungen der Welt erreicht hat – ein Jahr zuvor lag sie noch auf Platz 13. Seitdem hat sie unter anderem den Schweizer Franken überholt. Wichtiger sind nur noch US-Dollar, Euro, Britisches Pfund, Yen sowie der Kanadische und der Australische Dollar.

Diese Karriere des Renminbi kommt nicht von ungefähr, sie wird seit Jahren von der chinesischen Regierung vorangetrieben. Den Anfang machte die Verabschiedung des „RMB Trade Settlement Scheme“ Mitte 2010. Damit war es erstmals möglich, chinesische Waren- und Dienstleistungsströme grenzüberschreitend zu bezahlen. Ab März 2012 entfiel dann die hierfür ursprünglich erforderliche Registrierung als „Mainland Designated Enterprise“. Ab diesem Zeitpunkt konnten alle Unternehmen mit Sitz in China von dieser Möglichkeit profitieren. Wie der enorme Anstieg des Zahlungsverkehrsvolumens in Renminbi beweist, wird diese Erleichterung in Anspruch genommen. Im Juli 2013 folgte eine weitere Vereinfachung, die unter anderem einen Bürokratieabbau bei den Dokumentationspflichten für grenzüberschreitende Zahlungen in Renminbi mit sich brachte sowie konzerninterne Kreditvergaben, d.h. zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften, in Renminbi aus China heraus ermöglicht.

Dass es die chinesische Regierung ernst mit einer graduellen Liberalisierung des Renminbi nimmt, unterstreicht die Eröffnung der Shanghai Free Trade Zone. Auf 28 qkm soll die Freihandelszone mit freiem Währungstausch und schnelleren Genehmigungsverfahren die Transformation Schanghais zu einem der führenden Wirtschafts- und Finanzzentren Asiens bis zum Jahr 2020 vorantreiben. Als eine Art „Versuchslabor für eine offene chinesische Wirtschaft“ lockt die Shanghai Free Trade Zone nicht nur mit einer Liberalisierung der Währung, sondern auch mit deutlich geringeren Zöllen, Steuern und weniger Bürokratie. Unternehmen, die in der Freihandelszone registriert sind, ist zudem grenzüberschreitendes Cash-Pooling in Renminbi erlaubt. Damit haben sie seit 2014 erstmals die Möglichkeit, Liquidität in Renminbi täglich auf automatisierter Basis aus China abzuziehen oder im Land bereitzustellen.

Außerdem haben jüngst fünf chinesische Zahlungsdienstleister die Erlaubnis erhalten, grenzüberschreitende Zahlungen in der chinesischen Währung durchzuführen. Dadurch sollen chinesische Privatpersonen leichter nichtchinesische Produkte einkaufen können. Dies könnte auch Auswirkungen auf europäische Unternehmen haben, die ihre Produkte in China an Endkunden verkaufen.

Im März 2014 unternahm China den vorerst letzten Schritt auf dem Weg zur graduellen Liberalisierung seiner Währung: Die chinesische Zentralbank (PBoC) hat die tägliche Spanne, mit der der Renminbi gegenüber dem US-Dollar schwanken kann, auf 2% verdoppelt. Zuletzt hatte die PBoC im April 2002 das Handelsband zum US-Dollar von 0,5% auf 1% erweitert. Unternehmen müssen sich nun auf volatilere Zeiten bei der chinesischen Währung einstellen.

Die deutsche Wirtschaft ist in hohem Maße vom Wachstumsmarkt China abhängig. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) ermittelte, stieg der Export nach China 2012 um 2,7% auf insgesamt 66,6 Mrd EUR. Im gleichen Zeitraum sanken die Einfuhren aus China um 2,8% auf 77,3 Mrd EUR. Das deutsche Außenhandelsdefizit gegenüber China hat sich somit im Vergleich zum Vorjahr um 27,1% auf 10,7 Mrd EUR verringert. In der Rangliste der Zielländer mit deutschem Export belegt China mit einem Anteil von 6,1% Platz 5, in der Rangliste der Importe landete das Land mit 8,5% auf Platz 2.

In einzelnen Branchen ist der Aufstieg Chinas noch beeindruckender. So ist Peking nach Angaben des Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) auf dem besten Weg, bei den deutschen Elektroexporten die USA vom ersten Platz im Abnehmerranking zu verdrängen. Seit 2004 hat sich der Wert der nach China ausgeführten elektrotechnischen und elektronischen Erzeugnisse von 4,3 Mrd EUR auf 13,1 Mrd EUR mehr als verdreifacht. Ein weiteres Beispiel: Der VDMA Fachverband Kunststoff- und Gummimaschinen errechnete, dass die deutschen Exporte von Kunststoff- und Gummimaschinen nach China im Jahr 2013 mit 855,9 Mio EUR einen absoluten Höchststand erreichten – ein Plus von 33,7% gegenüber 2012.

Vor diesem Hintergrund bleibt mehr und mehr deutschen Unternehmen gar keine andere Wahl, als den Renminbi als interne Fakturierungswährung zu akzeptieren. So verbessern sie ihre Wettbewerbschancen, denn sie nehmen ihren chinesischen Handelspartnern die Währungsabsicherung ab, die sie nun zentral steuern, und sie können damit ihr Pricing verbessern.

Kursschwankungen des Renminbi können, gerade angesichts der verdoppelten Schwankungsbreite, den Ertrag von Renminbi-Geschäften maßgeblich beeinflussen. Mit herkömmlichen Instrumenten ist die chinesische Währung allerdings nicht ohne weiteres abzusichern. Finanzinstitute mit hoher Außenhandelskompetenz haben dazu flexible Lösungen entwickelt, die von einfachen Terminkursfestschreibungen bis zu individuellen Optionsstrukturen reichen, mit denen Unternehmen die Chancen günstiger Kursentwicklungen nutzen können.

Beim Non-deliverable Forward (NDF) beispielsweise wird ein Terminkurs für die gewünschte Laufzeit berechnet. Unternehmen erhalten auf diese Weise Kalkulationssicherheit, können aber nicht an für sie günstigen Kursentwicklungen partizipieren. Die Non-deliverable Option (NDO) dagegen ermöglicht auch bei nicht frei handelbaren Währungen ein chancenorientiertes Währungsmanagement. Gegen Zahlung einer Optionsprämie erhält der Käufer der NDO ohne weitere Verpflichtungen das Recht, eine für ihn vorteilhafte Kursdifferenz zwischen Basispreis der Option und Referenzkurs bei Fälligkeit zu vereinnahmen.

Es stehen darüber hinaus auch Renminbi-Absicherungsstrategien zur Verfügung, die ohne direkten Prämienaufwand eine Partizipation an Wechselkursveränderungen ermöglichen. So lässt sich beispielsweise ein verbindlicher „Worst Case“-Absicherungskurs vereinbaren, der etwas ungünstiger als der eigentliche NDF-Terminkurs ist, gleichzeitig aber eine Beteiligung an Kursgewinnen bietet. Ein Unternehmen mit Zahlungsverpflichtungen in einer Währung kann so Vorkehrungen gegen deren Aufwertung treffen, partizipiert aber anteilig von einer Abwertung. Hinzu kommen Devisentermingeschäfte und Swaps auf Basis des Offshore Renminbi (CNH), der in Hongkong als frei konvertierbare Währung am Interbankenmarkt gehandelt wird.

Insgesamt umfasst das Produkt- und Leistungsangebot beispielsweise der Commerzbank neben der Währungsabsicherung die Eröffnung von Renminbi-Konten in Deutschland und im Ausland, Kassageschäfte, die Abwicklung des dokumentären und nichtdokumentären Zahlungsverkehrs sowie die Vor-Ort-Finanzierung von Tochtergesellschaften in China durch Bonitätstransfer von der Muttergesellschaft im Heimatland des Unternehmens. Außerdem sind auch grenzüberschreitende Kapitalzahlungen in Renminbi ohne Bezug zu einem Handelsgeschäft
(z.B. Direktinvestitionen, Zahlungen unter Gesellschafterdarlehen und Dividendenzahlungen) möglich, sofern dazu eine Genehmigung der staatlichen Devisenbehörde (SAFE) vorliegt.

Nach Hongkong folgten bisher Macau, Taiwan und Singapur als weitere offizielle „Offshore Renminbi Center“. Vor wenigen Tagen haben Kanzlerin Angela Merkel und der chinesische Staatspräsident Xi Jingpin in ihrer gemeinsamen Gipfelerklärung unter anderem vereinbart, dass Frankfurt am Main Sitz einer sogenannten Clearing Bank für die chinesische Währung Renminbi (auch Yuan oder CNY) werden soll. Frankfurt am Main wäre das erste Zentrum in der Euro-Zone und gemeinsam mit London das einzige Zentrum in Europa, ein weiteres Zeichen für eine graduelle Liberalisierung der Währung. Ziel der chinesischen Behörden ist es, den Renminbi als dritte Weltreservewährung neben dem US-Dollar und dem Euro zu etablieren – wobei der Prozess von China aus gesteuert wird. Dass Frankfurt am Main den Zuschlag der chinesischen Zentralbank bekommen hat, ist natürlich gut zu begründen: Deutschland ist der mit Abstand größte Handelspartner Chinas in der EU und verfügt damit über eine realwirtschaftliche Basis, die in keinem anderen Land vorhanden ist. Eine Reservewährung muss schließlich auch in der Praxis genutzt werden, wofür sich der deutsche Mittelstand als einer der wesentlichen Träger des deutschen Außenhandels bestens anbietet.

Kontakt: frank-oliver.wolf[at]commerzbank.com ; brigitte.volz[at]commerzbank.com

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