Zu Beginn des Jahres sorgte der erneute Kursrutsch an den chinesischen Börsen weltweit für Turbulenzen an den Aktienmärkten. Auch für die chinesischen Geldinstitute wird 2016 kein einfaches Jahr werden – Experten gehen davon aus, dass die meisten Banken mit einem „Nullwachstum“ rechnen müssen. Trotz dieser turbulenten Zeiten können deutsche Mittelständler in China erfolgreich sein und für sich und ihr Unternehmen neue Märkte erschließen.

Von Weijun Yin, Senior Regional Manager Financial Institutions, BHF-BANK

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Die Volksrepublik China ist mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern das bevölkerungsreichste Land der Welt und hinsichtlich der Fläche nach Russland, Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika der viertgrößte Staat der Erde. China grenzt an 14 andere Staaten und hat damit neben Russland die meisten Nachbarländer der Welt. Chinas Aufstieg vom Entwicklungsland zur seit 2010 zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, nach den USA, verlief rasant. Hatten die chinesischen Bürger vor noch nicht einmal einer Generation kein Recht auf Privateigentum, so ist das Land seit 2014 nach Kaufkraft sogar die größte Volkswirtschaft der Erde.

Die Volksrepublik China wird von der Kommunistischen Partei Chinas regiert. Kleinere Parteien sind zugelassen, jedoch existiert noch immer ein Einparteiensystem. Auch nach der wirtschaftlichen Öffnung nach dem Ende der „Kulturrevolution“ sind viele Unternehmen in Staatshand, und die Regierung hat großen Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen. Das politische System Chinas wird deshalb von vielen westlichen Ländern weiterhin als autoritäre Diktatur eingestuft.

China will Einzelhandel und Dienstleistungssektor weiter ausbauen

Chinas Wirtschaft wächst derzeit so langsam wie seit 25 Jahren nicht mehr. Im Januar 2016 fiel das Exportvolumen um 11,2% gegenüber dem Vorjahresmonat, während das Importvolumen um 18,8% zurückging. Das einstige Entwicklungsland China, das zur zweitgrößten ­Volkswirtschaft der Welt geworden ist, nimmt ganz offensichtlich Einfluss auf die Weltwirtschaft, und die derzeit geschwächte chinesische Konjunktur ist weit über die Grenzen des Landes hinaus zu spüren.

In den vergangenen Jahrzehnten hat China große Investitionen im Bereich Städtebau und Infrastruktur getätigt. Das Land hat sich schnell entwickelt – und schnell hoch verschuldet. Lange Zeit setzte die chinesische Regierung in wirtschaftlicher Hinsicht fast ausschließlich auf die Schwerindustrie mit der Folge, dass heute enorme Überkapazitäten vorhanden sind. Diese Überproduktion hat große Auswirkungen auf den Weltmarkt. Chinas Erzeugnisse werden zu sehr niedrigen Preisen angeboten und nehmen damit Einfluss auf den weltweiten Wettbewerb. Andere Exportländer seien mit ihren Produkten auf lange Sicht nicht mehr konkurrenzfähig und Werksschließungen beispielsweise in Europa unvermeidbar, mahnen Experten. Chinas Regierung hat jüngst auf diese Problematik reagiert und den Abbau von knapp 2 Millionen Stellen im Stahl- und Kohlesegment beschlossen. Die Menschen sollen in anderen Wirtschaftszweigen eine neue Position finden.

Um dem weiteren Verlust der Wirtschaftskraft entgegenzuwirken, hat die chinesische Regierung sich das Ziel gesetzt, die Wirtschaftsproduktion vermehrt auf Konsumgüter und Dienstleistungen auszurichten. Eine stärkere Marktorientierung und ein geringerer Einfluss des Staates in Wirtschaftsbelangen sind geplant. Auch der 13. Fünfjahresplan der Regierung, der im März verabschiedet wird, soll an diesen Reformen festhalten.
Trotz alledem, und obwohl sich das Wirtschaftswachstum in China insgesamt ­verlangsamt hat – es liegt momentan unter der Marke von 7% –, hält die Regierung an ihrem Ziel fest, die Wirtschaftsleistung bis 2020 im Vergleich zu 2010 zu verdoppeln.

Chinas Banken – eine Branche muss umdenken

Im Januar 2016 wurde in China ein neuer Rekord für die Neukreditvergabe aufgestellt: ein sattes Plus von 71% gegenüber dem Vorjahr. Dennoch klagen viele Unternehmen über den erschwerten Zugang zu Bankkrediten. Wie kann das sein? Nur die wenigsten Banken wagen, nichtstaatlichen Unternehmen mittel- bis langfristige Kredite zu gewähren, auch wenn diese sehr gut aufgestellt sind. Umgekehrt erhalten Staatsunternehmen große Kredite, die eigentlich nicht durch das operative Geschäft bedient werden können. Grund dafür: Die staatliche Deckung gilt als garantiert. Um dieses Ungleichgewicht zu beenden, ist eine Abschaffung solcher Staatsgarantien notwendig. In der Folge würden Kreditrisiken adäquat eingeschätzt und Kapital zielgerichtet dort eingesetzt werden, wo es sinnvoll ist.

Jahrzehntelang konnten die chinesischen Geschäftsbanken durch eine von der Zentralbank vorgegebene Zinsspanne quasi risikolose, gleichbleibende Zinsmargen festlegen. Das ändert sich nun. Banken dürfen derzeit weitgehend frei über die Höhe der Zinsen (Haben- und Sollseite) bestimmen und miteinander konkurrieren. Das führt dazu, dass kleinere Banken meist höhere Habenzinsen und niedrigere Sollzinsen als Großbanken anbieten, um Bestandskunden an sich zu binden. Einige Kleinbanken bieten zudem sehr lukrative Konditionen mit dem Ziel, Neukunden zu akquirieren. Eine solch aggressive Strategie führt dazu, dass trotz ansehnlicher Wachstumsraten in der Bankbilanz die Nettozinsmarge der Banken gewaltig unter Druck gerät. Chinas Banken müssen sich nun im durch die Reformen neu gewonnenen Handlungsspielraum zurechtfinden und ihre Chance nutzen, die entstandenen unternehmerischen Freiheiten gewinnbringend für sich und ihre Kunden einzusetzen.

Chancen für deutsche Unternehmer

Trotz der derzeit verhaltenen Stimmung in der chinesischen Wirtschaft können deutsche Unternehmer ein Engagement in der Volksrepublik in Betracht ziehen. Die Importe aus Deutschland sind im vergangenen Jahr zurückgegangen, jedoch muss hier nach Branchen unterschieden werden. In den Sektoren Maschinenbau, Kraftfahrzeuge, Chemie und Bau ging die Nachfrage stark zurück. Im Gegensatz dazu stiegen die Absätze in den Bereichen Elektronik, Medizintechnik, Tourismus, Bekleidung und Nahrungsmittel stark an.
Gerade in diesen Bereichen lohnt es sich für deutsche Investoren, tätig zu werden, denn „Made in Germany“ hat in China einen hohen Stellenwert. Deutsche Produkte genießen einen hervorragenden Ruf. Möchte ein deutscher Mittelständler in China aktiv werden, könnte es sich lohnen, ein Joint Venture ins Auge zu fassen. Auf diese Weise werden meist Marktsegmente zugänglich, die bislang ausschließlich chinesischen Unternehmen vorbehalten sind. Wichtig ist es, bei Geschäften in China gut vorbereitet zu sein und einen Bankpartner an seiner Seite zu haben, der mit der chinesischen Geschäftswelt bestens vertraut ist.

Fazit

Der chinesische Markt bietet für deutsche Investoren Chancen und Risiken. Die Regierung will auf die derzeit schwache Wirtschaftslage reagieren und setzt unter anderem auf Innovation, Forschung und Entwicklung. Auch die Nachfrage nach Konsumgütern soll weiter gesteigert werden. Die Mehrheit der chinesischen Banken ist trotz der angesprochenen Probleme sehr solide aufgestellt. Insbesondere die Großbanken haben es geschafft, schrumpfende Zinseinnahmen durch Mehrerträge aus Kreditkartengeschäften, E-Commerce sowie Beratungsgeschäften zu kompensieren. Diese Umwandlung der Geschäftsstruktur steht im Einklang mit dem von der chinesischen Regierung forcierten Reformprozess.
Wer die häufig schwierigen Wettbewerbsbedingungen beachtet und die sich aktuell bietenden Chancen nutzt, kann von dem ungebrochenen Wachstums- und Leistungswillen Chinas profitieren. Als erfahrener Außenhandelspartner unterstützt die BHF-BANK deutsche Unternehmer gerne bei der Abwicklung ihrer Außenhandelsgeschäfte mit China.

Kontakt: weijun.yin@bhf-bank.com

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