Der Ausbruch des Coronavirus trifft die Weltwirtschaft in einer schwierigen Lage. Bereits wenige Wochen nach dem ersten Auftreten im chinesischen Wuhan sind mehr als 80.000 Menschen infiziert. Nicht nur in China, sondern auch in Südkorea, Iran und Italien sind inzwischen viele Menschen erkrankt. Insbesondere in China lähmen die Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie das öffentliche Leben und damit die Wirtschaft. Doch auch in Deutschland sind die Auswirkungen deutlich zu spüren – nicht zuletzt, weil der Austausch mit China inzwischen eine immense Bedeutung für die hiesigen Unternehmen hat. 2019 entfielen 7,2% der deutschen Exporte und 9,9% der deutschen Importe auf die Volksrepublik.
Nullwachstum in China, Einbußen in Deutschland
Prof. Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, sprach im Gespräch mit dem Deutschlandfunk von einem negativen Konjunktureffekt in zahlreichen Ländern. Chinas Wirtschaft wird im ersten Quartal 2020 kaum wachsen. Inzwischen erholt sich die Wirtschaft in China, doch das Niveau z.B. der Produktion und des Verkehrs sind noch deutlich reduziert. Es werde einige Nachholeffekte geben, doch nicht alle Nachfragekomponenten, wie z.B. Restaurantbesuche und Reisen, ließen sich beliebig verschieben, sagte Felbermayr.
Rückverlagerung der Produktion aus China
Felbermayr sprach von einem Lehman-Moment der internationalen Lieferketten, der die Wertschöpfung teilweise zurück nach Europa zurückholen könnte. Internationale Konzerne würden sich sicher nicht komplett aus China zurückziehen. Doch die Lieferketten müssten robuster werden, indem Redundanzen außerhalb China aufgebaut und die Abhängigkeit von Zulieferungen aus China, z.B. von pharmazeutischen Grundstoffen, reduziert würden. Als konjunkturstützende Maßnahmen in Deutschland kämen insbesondere Steuersenkungen in Frage. Doch müsse auch stärker in die Infrastruktur investiert werden.
Coronavirus verunsichert Exportfinanzierer
Katherine Morton vom Trade-Finance-Spezialist TXF berichtete am 26. Februar im Newsletter des Unternehmen von einer Lockerung der Berichtspflichten börsennotierter Unternehmen in den USA als einer ernstzunehmenden Reaktion auf die Einschränkungen des Wirtschaftsverkehrs mit China. Auch für die Risikoabwägung der Exportfinanzierer und Kreditversicherer bedeutet die unklare Informationslage angesichts hoher potentieller Kosten eine Belastung. Insofern ist Felbermayrs Erwähnung des Lehman-Moments durchaus berechtigt. Morton zitiert den chinesischen Präsident Xi Jinpin, der sich für Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Handels ausgesprochen habe. Er nannte laut Xinhua Insbesondere Steuernachlässe für Exporte und Exportkreditversicherungen.
Offenbar kam es in China wiederholt zu Einreden höherer Gewalt (force majeure) und Schwierigkeiten bei der Akkreditivbestätigung, berichtete Morton. Die entsprechenden Banken seien von der ICC aufgefordert worden, die Klausel nur bei Beeinträchtigungen der eigenen Funktionsfähigkeit und nicht der ihrer Kunden anzuwenden. Die meisten Exportfinanzierungen seien längerfristig und auf längere Lieferketten ausgerichtet. Jetzt komme es darauf an, dass auch das schwächste Glied in der Kette standhalte.