Entgegen allen Pressemeldungen ist das Iran-Embargo von EU und USA zum Implementation Day am 16.01.2016 nicht aufgehoben worden. Stattdessen wird es bis 2023 bzw. 2025 weiterbestehen und muss auch strikt beachtet werden. Es ist aber beim EU-Iran-Embargo zu erheblichen Liberalisierungen gekommen (ca. 50% der gelisteten Güter und Personen wurden gestrichen), während es beim US-Iran-Embargo bisher nur zu geringen Handelserleichterungen reichte. Was bedeuten diese Lockerungen in der Praxis?

Von PD Dr. Harald Hohmann, Rechtsanwalt, Hohmann Rechtsanwälte

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Ausgangsfall 1

Die Firma D in Deutschland möchte die folgenden Güter an die Iranian Oil Company (IOC) im Iran liefern: (1) Druckmessumformer inkl. Drucksensoren (Zolltarifnummer 9026 2020) und (2) integrierte Schaltungen, v.a. Analog-Digital-Wandler (Zolltarifnummer 8542). Für die Finanzierung sind die Europäisch-Iranische Handelsbank (EIH) auf deutscher Seite und die Bank Saderat auf iranischer Seite vorgesehen. Spediteur ist die Fairway Shipping. Welche Exporthindernisse muss D nach dem EU-Exportrecht beachten?

Ausgangsfall 2

Die Firma D in Deutschland ist eine selbständige Tochtergesellschaft der A Inc. in den USA. D möchte die Arak Petrochemical Co. (APC) im Iran beliefern, die bisher auf der SDN-Liste (Liste der Specially Designated Nationals) „Iran“ gelistet war. Ist dies nunmehr erlaubt? Was ist, wenn US-Gesellschaften (z.B. US-Banken) in dieses Iran-Geschäft involviert sind?

Änderungen beim EU-Iran-Embargo

Für das Iran-Embargo der EU ist nach wie vor die EU-VO 267/2012 in der Fassung der VO 2015/1861 und (wegen der Personenlistungen) der VO 2015/1862 zu beachten; die Personenlisten wurden etwa auf die Hälfte zusammengestrichen. Endgültig gestrichen wurden zunächst die Melde- und Genehmigungspflichten bei der Bundesbank wegen Iran-Geldtransfers (Art. 30, 30a). Endgültig gestrichen wurden aber auch die folgenden Güteranhänge: Anhang I (Exportverbot für fast alle gelisteten Dual-Use-Güter), Anhänge IV, IV a und V (Einfuhrverbot für Öl/Ölerzeugnisse, Erdgas, petrochemische Erzeugnisse), Anhänge VI und VI a (Exportverbot bzgl. Schlüsselausrüstung für Erdöl-/Erdgasgeschäft und Petrochemie), Anhänge VI b und VII (Exportverbot bzgl. Marineschlüsselausrüstung und bzgl. Gold/Edelsteinen). Stattdessen gelten jetzt die folgenden Güteranhänge: Ein Lieferverbot Iran würde bestehen, wenn die Güter gelistet sind:

  • auf Anhang III (MTCR-Güter = Güter des Missiles Technology Control Regime) oder (wie bisher)
  • als Rüstungs- bzw. Repressionsgüter.

Eine Genehmigungspflicht würde bestehen, wenn die Güter:

  • gelistet sind auf Anhang I (als NSG-Güter = NSG Teil 1 oder als NSG-Dual-Use-Güter = NSG Teil 2) – gerade NSG Teil 2 enthält viele Standardgüter für Maschinenbauer und Elektronikhersteller (NSG = Nuclear Supplier Regime),
  • gelistet sind auf Anhang II (nuklear relevante Güter; es handelt sich um die Kumulation der bisherigen Anhänge II und III),
  • gelistet sind auf Anhängen VII a (ERP-Software) und VII b (bestimmte Metalle, Graphite, Halbmetalle),
    gelistet sind auf Anhang I der Dual-Use-VO bzw.
  • nicht gelistet sind, aber Anhaltspunkte für eine sensitive Verwendungsmöglichkeit im Iran besteht (im Kontext mit ABC-Waffen/Raketen weltweit, mit Militärischem in den 19 EU Waffenembargoländern, u.a. Iran, oder mit Nuklearanlagen in den neun nuklear-sensitiven Ländern, u.a. Iran).

Lösung Ausgangsfall 1

Für den Messumformer (Zolltarifnummer 9026 2020) gibt es Hinweise auf zwei Dual-Use-Güterpositionen (Dual-Use-VO Anhang I): 2B230 und 6A226. Da es sich um NSG-Positionen handelt, sollte zusätzlich im neuen Anhang I der Iran-VO, und zwar primär unter NSG Teil 2, manuell recherchiert werden; manuell deswegen, weil diese Güterlistungen ohne Bezugnahme auf Zolltarifnummern oder Dual-Use-Positionen erfolgen, was die Recherche zeitaufwendig macht. Dort kann aber kein Druckmessumformer gefunden werden. Unter dem zusätzlich von D genannten Stichwort „Drucksensor“ gibt es aber mögliche Hinweise auf eine der folgenden Listungen: 3.A.7 und 5.B.7 in Anhang I NSG Teil 2 und unter II.A2.007 im Anhang II. Für die Analog-Digital-Umwandler (Zolltarifnummer 8542) bestehen Hinweise auf eine Listung vor allem unter der Dual-Use-Position 3A001.a.5. Da dies eine MTCR-Position ist, sollte manuell im neu-en Anhang III geprüft werden, ob auch hier eine Listung zutrifft. Unter bestimmten technischen Voraussetzungen könnten sie von Kategorie II Position 14, 14.A.1, im Anhang III erfasst sein. Die Techniker von D müssen klären, ob eine dieser Listungen zutrifft; falls ja, besteht eine Genehmigungspflicht (und im Fall einer Anhang-III-Listung ein Iran-Lieferverbot).

Zu den beteiligten Personen: Die IOC ist von Anhang IX gestrichen worden, ebenso die Bank EIH und die Fairway Shipping, während die Bank Saderat weiterhin von Anhang VIII erfasst ist (bis Oktober 2023). Der Kunde IOC darf beliefert und die beteiligten Dienstleister dürfen beauftragt werden, falls auch deren Geschäftsführer und Hauptanteilseigner nicht gelistet sind. Allein die Bank Saderat muss durch eine nicht gelistete iranische Bank ersetzt werden.

Änderungen beim US-Iran-Embargo

Hingegen fallen bisher die Erleichterungen beim US-Iran-Embargo mager aus. Zwar sind im versprochenen Umfang die im Attachment 3 des Wiener Iran-Abkommens genannten Personen von der SDN-Liste gestrichen worden; aber praktisch alle wurden anschließend auf der Liste nach EO (Executive Order) 13599 gelistet. Zusätzlich wurden einige weitere Personen wegen MTCR-Beschaffungen für den Iran gelistet. Inhaltlich bleibt es beim Verbot der Iran-Einfuhr in die USA (§ 560.201 ITSR = Iranian Transaction and Sanctions Regulations), dem Exportverbot Iran vom US-Territorium und für US-Personen (§ 560.204 ITSR) und dem Exportverbot Iran für Nicht-US-Personen, falls ihre Güter US-Komponenten mit einem Wertanteil von mindestens 10% beinhalten (§ 560.205 ITSR).

Hingegen wird das Verbot für Firmen, die US-Personen gehören oder von ihnen kontrolliert werden – also das Verbot vor allem für selbständige Töchter von US-Firmen –, mit auf der SDN gelisteten Iranern Handel zu treiben (§ 560.215), durch die neue Allgemeingenehmigung General License H (dazu sogleich) erheblich gelockert. Zusätzlich wurden die vier Executive Orders EO 13 574, 13 590, 13 622 und 13 645 aufgehoben. Die Aufhebung der 13 645 führt dazu, dass das Verbot „signifikanter“ Transaktionen für den Iran-Verkauf erheblicher Güter für die Automobilwirtschaft des Irans nicht mehr gilt.

Lösung Ausgangsfall 2

Nach § 560.215 ITSR ist es einer selbständigen Tochter eines US-Unternehmens untersagt, mit dem „Government of Iran“ – also mit SDN-gelisteten Personen „Iran“ – Handel zu treiben. Nach der neuen Allgemeingenehmigung H wäre dies aber dann erlaubt, wenn D die acht dort in der General License H genannten Voraussetzungen einhält: D darf die Güter nicht vom Territorium der USA liefern, es darf kein Transfer von Geldern durch US-Banken stattfinden, es dürfen keine auf bestimmten Listen geführte Personen involviert sein etc. Sofern D nachweist, dass es diese insgesamt acht Voraussetzungen einhält, muss D weiter beachten, dass der Kunde APC nun auf der Liste unter EO 13 599 gelistet ist. Sofern also US-Personen in dieses Iran-Geschäft involviert sind, wäre eine Belieferung der APC nach EO 13599 verboten. Hierfür reicht es, wenn eine US-Bank bzw. eine sonstige US-Gesellschaft involviert ist oder wenn eine US-Person beteiligt ist, z.B. wenn der Ausfuhrverantwortliche von D eine Green Card oder eine sonstige Aufenthaltsberechtigung für die USA besitzt. Ansonsten ist die Belieferung der APC durch D nun nach der Allgemeingenehmigung H erlaubt.

Resümee

Das Iran-Embargo von EU und USA ist NICHT AUFGEHOBEN WORDEN – auch wenn die Presse fälschlich das Gegenteil behauptet hat. Vielmehr gilt das restliche Iran-Embargo bis Oktober 2023 bzw. bis 2025 weiter und muss strikt beachtet ­werden! Ansonsten werden strafbare Embargoverstöße begangen!

Selbst das EU-Iran-Embargo, das am meisten liberalisiert wurde, hat immer noch Güterbeschränkungen u.a. für Metalle, Halbmetalle, Graphite (Anhang VII b) und ERP-Software (Anhang VII a), die rein gar nichts mit dem verbleibenden Restrisikopotential (militärisch, nuklear, Raketen) des Irans zu tun haben.

Und auch der Katalog der Güter, die auf Anhang I NSG Teil 2 gelistet sind, umfasst viele Standardprodukte für Maschinenbauer/Elektroniker (z.B. bestimmte Drückmaschinen, Werkzeugmaschinen, Mess­instrumente, Induktionsöfen, Werkstoffe wie Aluminium, Titan sowie: bestimmte Frequenzumwandler, Laser, Ventile, Druckmessgeräte, Vakuumpumpen): Er ist etwas zu üppig geraten (40 Seiten lang), ebenso wie der raketenbezogene Anhang III (30 Seiten lang), der ebenfalls einige Allerweltsgüter (z.B. bestimmte Chemikalien, Drückmaschinen, Auswuchtmaschinen) listet.

Viele Mittelständler werden sich mit der Prüfung dieser Güteranhänge schwertun, weil diese (mangels Bezugnahmen auf Zolltarifnummern) manuell überprüft werden müssen. Noch schwerer werden sie es mit dem US-Iran-Embargo haben, weil hier nur ein kleiner Teil in wenig transparenter Weise liberalisiert wurde.

Neben einer Aufhebung von vier EO (u.a. der 13 645, welche Beschränkungen für den Automobilmarkt des Irans enthielt) wurde die Allgemeingenehmigung H eingeführt. Hiernach dürfen selbständige Töchter von US-Gesellschaften Handel mit SDN-gelisteten Personen des Irans treiben, wenn sie die dort genannten acht Voraussetzungen einhalten und wenn keine US-Person involviert ist. Selbst bei den Personen, die von der SDN-Liste gestrichen wurden, müssen noch einige Beschränkungen (jetzt nach der EO 13599) beachtet werden.

Also zwei Schritte vor und einer zurück im US-Iran-Embargo? Im Augenblick sieht es noch so aus, aber langfristig ist zu erwarten, dass die USA die Beschränkungen für US-Personen – und auch für Nicht-US-Personen? – zunehmend aufheben werden, um die US-Unternehmen nicht gegenüber den anderen Unternehmen beim Iran-Handel zu benachteiligen. Wegen der bestehengebliebenen Beschränkungen, die jetzt sehr viel komplizierter geregelt sind, ist nach wie vor größte Vorsicht beim Iran-Handel angebracht!

Kontakt: info@hohmann-rechtsanwaelte.com

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