Die Executive Order 13902 verhängt sehr einschneidende und weitreichende neue US-Iran-Sekundärsanktionen, die jede Nicht-US-Person treffen können, die einen der genannten Sektoren des Iran von Deutschland aus beliefert oder in einem dieser Sektoren tätig ist. Die Übergangsfrist bis 9. April 2020 sollte genutzt werden!

Am 10. Januar 2020 hat US-Präsident Trump die Executive Order 13902 (E.O. 13902) verkündet, mit der das US-Iran-Embargo weiter verschärft werden soll. Hierdurch werden auch ganz neue Wirtschaftssektoren des Iran in die US-Iran-Sekundärsanktionen einbezogen. Was bedeutet diese aktuelle Verschärfung für Iran-Ausfuhren deutscher Exporteure? Und gibt es im Falle von neuen Beschränkungen eine Übergangsfrist?

Beitrag in der Gesamtausgabe (PDF)

Ausgangsfall

D in Deutschland hat am 1. Oktober 2019 mit I im Iran einen Vertrag geschlossen. Hiernach sollte D einen für den Bergbau bestimmten Schaufelradbagger an I im Iran liefern. Nach der Prüfung durch D bestanden für diese Lieferung nach EU-Exportrecht keine Ausfuhrhindernisse. Die Fertigung des Baggers wurde direkt im Anschluss an den Vertragsschluss begonnen. Der Bagger enthält keine US-Bestandteile, und es sind weder US-Personen noch US-Territorium in dieses Iran-Geschäft involviert. Am 10. Januar 2020 erging die neue US-E.O. 13902, welche u.a. die Involvierung des Bergbausektors des Iran unter Sanktionsandrohung stellt. Ist D von dieser US-E.O. betroffen? Abwandlung des Ausgangsfalls: Was wäre, wenn es um eine Maschine für die Möbelherstellung ginge?

Inhalt der E.O. 13902

Durch diese E.O. werden auch die folgenden Wirtschaftssektoren des Iran unter Sanktionen gestellt: Bauwirtschaft, Bergbau, „Herstellung“ („Manufacturing“) und Textilwirtschaft. Entscheidend dafür, dass es zu US-Sanktionen kommen kann, ist, dass nach der Feststellung des OFAC „jede“ Person wissentlich an einer „erheblichen“ Transaktion für den Verkauf oder die Lieferung in den Iran (oder aus dem Iran heraus) von „erheblichen“ Gütern beteiligt ist, die mit den genannten Wirtschaftssektoren des Iran im Zusammenhang steht. Das Gleiche gilt, wenn eine Person eine Firma in diesen Sektoren im Iran betreibt.

Ebenso erfasst ist, wenn eine Person in „erheblichem“ Umfang Unterstützung, Sponsoring oder finanzielle, materielle oder technische Unterstützung, Güter oder Dienstleistungen an eine Person erbringt, die nach dieser E.O. gelistet worden ist, oder an eine Person erbringt, die im Eigentum oder unter Kontrolle einer solchen gelisteten Person steht. Außerdem können hieran beteiligte ausländische Banken sanktioniert werden, wenn diese „erhebliche“ Finanztransaktionen durchführen.

Lösung Ausgangsfall

Wenn es um das US-Iran-Primärembargo ginge, wäre entscheidend, dass einer der folgenden sechs „US-Türöffner“ vorliegt: (1) US-Territorium, (2) US-Personen, (3) Güter made in the USA, (4) Güter made in Europe mit mehr als minimalem US-Wertanteil, (5) direkte Produkte aus US-Technologie, (6) US-Dollar-Transaktionen. Diese liegen hier nicht vor, wenn auch keine Zahlungen in US-Dollar geleistet werden.

Da „jede“ Person von dieser Regelung betroffen ist, handelt es sich um US-Sekundärsanktionen, die auch von Nicht-US-Personen beachtet werden müssen. Entscheidend ist, ob die notwendige „Erheblichkeits“-Schwelle für Transaktionen in den genannten Sektoren erreicht oder überschritten wird. Im Fall einer Güterlieferung in den Iran ist somit entscheidend, ob es um eine „erhebliche“ Transaktion von „erheblichen“ Gütern für diese Wirtschaftssektoren geht. Für diese „Erheblichkeit“ sind u.a. die folgenden sieben Faktoren zu berücksichtigen:

  • die Größe, Anzahl und Frequenz der Transaktionen,
  • die Art der Transaktion,
  • das Awareness-Niveau des Managements und ob diese Transaktion Teil eines bestimmten Verhaltensmusters ist,
  • die Verbindung zwischen der Transaktion und einer gelisteten Person,
  • die Bedeutung der Transaktion für die Gesetzgeberziele,
  • der Einsatz von Verschleierungspraktiken, oder
  • jeder andere Faktor, der vom OFAC im Einzelfall als relevant angesehen wird.

Solange keine gelistete Person beliefert wird (Faktor 4) oder keine Verschleierungspraktiken (Faktor 6) vorliegen, wird es in der Praxis häufig um die Auslegung der ersten zwei Kriterien gehen. Da bisher eine OFAC-Guidance auch zu den ersten zwei Kriterien fehlt, ist unklar, wann diese bejaht werden können. Denkbar ist, dass für den Wert der Lieferung etwa auf die Schwellenwerte von CISADA abzustellen ist und darauf, ob die Transaktion einen aus der Sicht der USA privilegierten oder sanktionierten bzw. sensitiven Wirtschaftszweig betrifft. Sofern diese Werte erreicht werden, dürfte eine „erhebliche“ Transaktion vorliegen, weil der Bergbau nicht zu den privilegierten Sektoren gehört, allerdings auch nicht zu den sensitiven. Noch schwieriger ist die Frage, ob es sich bei diesem Bagger um ein „erhebliches“ Gut für die Bergbauwirtschaft des Iran handelt. Dies bedarf einer dezidierten Prüfung. Vereinfacht kann man sagen, dass zentrale Güter für diese Sektoren eher darunter fallen als Randgüter. Da dieser Bagger ein unbedingt erforderliches Herstellungsgerät für den Bergbausektor ist, liegt die Vermutung nahe, dass er als „erhebliches“ Gut für diese Branche angesehen werden kann. Demnach muss D mit US-Sanktionen rechnen, wenn er diesen Bagger trotzdem in den Iran liefert. Allerdings ergibt sich allein aus den FAQ des OFAC, dass D für die Erledigung von Altverträgen eine Übergangsfrist bis zum 9. April 2020 (Datum der vollständigen Erledigung des Geschäftes) erhält.

Zur Abwandlung

Sehr viel schwerer ist die Frage, ob eine Maschine zur Möbelherstellung unter den Anwendungsbereich dieser E.O. fällt. Dies bereits deswegen, weil völlig unklar ist, welche Wirtschaftssektoren unter die „Herstellung“ fallen. Während bisher für alle von US-Sekundärsanktionen erfassten Wirtschaftssektoren des Iran Definitionen in den OFAC-Guidance-Dokumenten vorlagen (z.B. für Automobile, Metalle, Schiffsbau), fehlen diese zu den neuen Regelungen bisher noch vollständig. Daher ist völlig offen, was mit „Herstellung“ gemeint ist, so dass auch unsicher ist, ob etwa die Herstellung von Möbeln darunter fällt.

Resümee

Es handelt sich um sehr einschneidende und weitreichende neue US-Iran-Sekundärsanktionen, die jede Nicht-US-Person treffen können, die einen der genannten Sektoren des Iran von Deutschland aus beliefert oder in einem dieser Sektoren tätig ist. Die Übergangsfrist bis 9. April 2020 sollte genutzt werden! Zu beklagen ist die Unklarheit der verwendeten Begriffe, v.a. was zum Sektor „Herstellung“ gehört, solange hierzu noch die OFAC-Guidance fehlt. Entscheidend für das ­Greifen dieser neuen US-Sekundärsanktionen ist die Schwelle der „Erheblichkeit“, welche zu zwar aufwendigen, aber rechtlich unbedingt notwendigen Analysen führen wird; die dabei erzielten Ergebnisse könnten im Einzelfall uneindeutig bleiben. Gleichwohl hängt das Eingreifen von US-Sanktionen von dieser Erheblichkeitsschwelle ab. Man kann sich fragen, ob die US-Regierung diese Unsicherheiten lässt, um politischen Handlungsspielraum für zusätzliche Sanktionen bei einigen Iran-Aktivitäten zu haben. Wann wird die EU wirksame Gegenmaßnahmen ergreifen?

Wegen aktueller Hinweise zum Iran-Embargo siehe HIER.

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