Für Abnehmer deutscher Investitionsgüter steht in Indien ein breites Finanzierungsangebot zur Verfügung. Dabei spielen auch die von staatlichen Kreditversicherern (ECA) abgesicherten Handelsfinanzierungen eine bedeutende Rolle. Allerdings sind dafür Besonderheiten am indischen Markt zu beachten, die sich durch die Vorgaben der indischen Zentralbank ergeben. So können z.B. lokale Banken als Kreditnehmer oder Garanten nur beschränkt in die Finanzierung einbezogen werden.
Von Jutta Lessmann, Leiterin Origination and Execution Asia im Bereich Structured Trade & Export Finance (STEF), Deutsche Bank AG
Indien ist seit Jahren ein bedeutender Absatzmarkt für deutsche Exporteure, und Deutschland ist der bedeutendste Handelspartner Indiens in der EU. Nachdem Indien dank seiner strengen Regulierung der Finanzmärkte, des großen Binnenmarktes und einer geringen Exportabhängigkeit weniger als andere Länder durch die Finanzkrise in Mitleidenschaft gezogen wurde, wirken sich in den letzten zwei Jahren eher hausgemachte Probleme mit einer innenpolitischen Lähmung hemmend auf das Wachstum aus.
Die Regierung bemüht sich, die Inflation durch Geldverteuerung zu bekämpfen, was wiederum die Investitionen verlangsamt und den überfälligen Infrastrukturausbau weiter verzögert. Die generelle Abschwächung der Wirtschaftsleistung scheint dabei aber die deutschen Unternehmen noch unterproportional zu treffen.
Käufer deutscher Investitionsgüter haben im indischen Markt generell gute und diverse Finanzierungsmöglichkeiten, die eine breite Palette von Laufzeiten, Produkten und Währungen abdecken. Über die letzten Jahre sind dabei auch von staatlichen Kreditversicherern (ECA) abgesicherte Handelsfinanzierungen wieder ein wichtiger Bestandteil des Finanzierungsangebots geworden.
Während für manche Unternehmen die im Vergleich zu kommerziellen Finanzierungen in Indischen Rupien (INR) teils günstigeren Gesamtkosten ECA-gedeckter Kredite eine entscheidende Rolle spielen, lässt sich seit einigen Jahren auch das explizite Interesse gerade großer Firmenkunden beobachten, eine Diversifizierung ihrer Finanzierungsquellen zu erreichen und sich neue Kreditgebergruppen außerhalb der indischen Banken zu erschließen. Vorrangig, aber nicht ausschließlich in größeren Projekten ist so eine bewusste Verteilung des Finanzierungsbedarfs zu beobachten: ECA-gedeckte Finanzierungen für Importanteile neben Anleihen oder syndizierten Krediten in Indischen Rupien sowie Fremdwährungskredite, sogenanntes External Commercial Borrowing (ECB).
Eine Besonderheit im indischen Markt stellen die Vorgaben der Zentralbank, der Reserve Bank of India (RBI), dar, die u.a. den Rahmen für grenzüberschreitende Finanzierungen bilden. ECA-gedeckte Finanzierungen werden von den Vorgaben zum External Commercial Borrowing erfasst, die einmal jährlich aktualisiert werden, und Detailregelungen enthalten, z.B. was zulässige Sektoren, Kreditnehmer, Kreditgeber, Mindestkreditlaufzeiten, Besicherung und Höchstgrenzen für Finanzierungskosten betrifft. Kredite, die diese Vorgaben erfüllen, können unter einem sogenannten automatischen Verfahren (Automatic Route), durch autorisierte Banken bei der RBI registriert werden. Alternativ besteht die Möglichkeit, wenngleich seltener genutzt, eine dezidierte Genehmigung der RBI zu beantragen (Approval Route).
Aus den RBI-Richtlinien für ECB ergeben sich einige wesentliche Merkmale, die die ECA-gedeckte Handelsfinanzierung in Indien von anderen Ländern unterscheidet. Für finanzierende Banken ergibt sich daraus die Herausforderung, die Anforderungen der RBI auf der einen Seite mit dem generellen Regelwerk der ECA- gedeckten Finanzierung, dem sogenannten „OECD Konsensus“, und den Besonderheiten der jeweiligen nationalen Exportkreditversicherer auf der anderen Seite in Einklang zu bringen.
Ein wesentliches Beispiel ist die Einschränkung der Einbeziehung lokaler Banken als Kreditnehmer oder Garanten, wie sie bei ECA-gedeckten Finanzierungen in anderen Ländern üblich ist und dort gerade die Finanzierung für kleinvolumige Geschäfte oder für Käufer des SME-Sektors erleichtert.
Als Konsequenz ist die ECA-gedeckte Finanzierung in Indien vorrangig auf Firmenkunden als Kreditnehmer konzentriert und erfordert entsprechend eine intensive Kreditanalyse. Jahresabschlüsse gemäß indischen Bilanzierungsstandards werden von den großen ECAs üblicherweise akzeptiert. Gerade bei börsennotierten Unternehmen ist eine gute Qualität der Jahresabschlüsse und Transparenz der erhältlichen Informationen zu beobachten. Eine Herausforderung stellen allerdings Sprunginvestitionen kleiner Unternehmen sowie der Trend zur Verlagerung von Investitionen, gerade im Infrastruktursektor, in Einzweckgesellschaften möglichst ohne Rückgriff auf den Sponsor dar.
Eine weitere Besonderheit ist die Anforderung an Mindestkreditlaufzeiten. Hier sind, gestaffelt nach Größenordnung der Kreditaufnahme von ECB eines indischen Kreditnehmers in einem Finanzjahr (kleiner oder größer als 20 Mio USD) mittlere Kreditlaufzeiten von mindestens drei bzw. fünf Jahren zwingend zu erfüllen. Während ECBs diese Vorgabe häufig über endfällige Tilgungsstrukturen erfüllen, führen die sich aus dem OECD-Konsensus ergebenden Vorgaben hinsichtlich Tilgungsbeginn und standardisierten, halbjährlichen Tilgungsstrukturen bei ECA-gedeckten Finanzierungen häufig zu erforderlichen Gesamtkreditlaufzeiten von über zehn Jahren.
Dies stellt zum einen besondere Anforderungen an die Kreditprüfung bei Banken und ECAs bei kleineren Kunden, zum anderen widerspricht es der gängigen Praxis, für kleinvolumige Transaktionen eher kürzere Kreditlaufzeiten anzulegen. Interessanterweise wird die Anforderung an eine Mindestkreditlaufzeit von einigen indischen Unternehmen auch als Einschränkung des eigenen Spielraums gesehen, da die Flexibilität zur vorzeitigen Rückführung eines ECB durch RBI-Vorgaben ebenfalls beschränkt ist.
Neben den Vorgaben der RBI haben ECA-gedeckte Kredite in Indien auch die spezifischen Vorgaben des jeweiligen Exportkreditversicherers zu erfüllen. Für Indien erwartet die deutsche Exportkreditversicherung Euler Hermes Deutschland AG (Hermes) dabei in der Regel eine dingliche Besicherung, sei es über die konkret gelieferten Investitionsgüter oder über die Beteiligung an einem Sicherheitenpool der anderen Kreditgeber.
Die dingliche Besicherung wird dabei vorrangig zur Wahrung einer Gleichrangigkeit mit indischen Banken gefordert, die typischerweise eine dingliche Besicherung erhalten. Die Prozesse zur Bestellung und Registrierung dinglicher Sicherheiten sind etabliert, jedoch üblicherweise langwierig und erfordern die Abstimmung mit anderen meist lokalen Kreditgebern.
Zunehmend gründen deutsche Unternehmen in Indien auch Tochtergesellschaften zur lokalen Fertigung. Bei größeren Projekten lassen sich dabei Lieferungen dieser Tochtergesellschaften, im Rahmen der Vorgaben von Hermes und den Begrenzungen des OECD-Konsensus für die Einbeziehung von Lokalkosten, auch in die ECA-gedeckte Finanzierung einbinden.
Indien nimmt im Rahmen des von Hermes in asiatischen Ländern versicherten Neugeschäfts in den letzten Jahren regelmäßig eine prominente Position ein. In diesem Jahr wird sich diese durch ein großvolumiges Einzelgeschäft verstärken, und die Aussichten für deutsche Unternehmen stehen weiter gut.
Textkasten: Zur wirtschaftlichen Lage Indiens siehe auch:
www.exportmanager-online.de/archiv/255/indien-die-fetten-jahre-sind-vorbei.
Kontakt: jutta.lessmann[at]db.com
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