Die südostasiatischen Länder bleiben ein zunehmend wichtiger Markt für Exportunternehmen aus dem deutschsprachigen Raum. Die Region verzeichnet ein starkes Wirtschaftswachstum, der Binnenkonsum legt zu. Länder mit unterschiedlichem Entwicklungsstand, wie Singapur und Vietnam, bieten eine große Bandbreite von Einstiegsmöglichkeiten. Bei der langfristigen Exportfinanzierung stehen Unternehmen noch vor einigen Herausforderungen, die sich aber mit dem richtigen Partner überwinden lassen.

Von Michael Maurer, Head of Relationship Management Trade & Export Finance, Landesbank ­Baden-Württemberg

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Südostasien hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Exportziel für Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum entwickelt. Die meisten Länder in der Region verzeichnen ein kräftiges Wirtschaftswachstum und sind politisch stabil, die Bevölkerung ist vergleichsweise jung, die Mittelschicht wächst. In der Folge steigt der Binnenkonsum. Die deutschen Ausfuhren nach Südostasien haben im vergangenen Jahr einmal mehr angezogen, über fast alle Branchen hinweg. So legten etwa die deutschen Autoexporte in die ASEAN-Staaten im Jahr 2016 um 15% zu, zeigen Berechnungen der LBBW-Analysten. Auf einzelne Länder heruntergebrochen, sind die Zahlen noch beeindruckender. Die Pkw-Ausfuhren nach Thailand beispielsweise stiegen um 55,3%.

Regionaler Freihandel

Die ASEAN-Staaten sind ein bevorzugtes Ziel von Exporteuren. Aus gutem Grund: 50 Jahre nach Gründung der „Association of Southeast Asian Nations“ streben die Mitgliedstaaten einen gemeinsamen Wirtschaftsraum nach dem Vorbild der Europäischen Union an und haben dafür unter anderem eine Freihandelszone ins Leben gerufen. Die ASEAN Free Trade Area (AFTA) ist über die Jahre hinweg gewachsen, seit Ende des Jahres 2015 existiert überdies die ASEAN Economic Community (AEC) offiziell als regionale Wirtschaftsgemeinschaft. Letztlich soll ein Binnenmarkt mit freiem Waren- und Kapitalverkehr entstehen. Dieses Ziel ist fast erreicht. Die ASEAN-Staaten haben überdies Freihandelsabkommen mit Nachbarn wie China, Japan und Australien abgeschlossen und arbeiten eifrig an weiteren Verträgen.

Die ASEAN umfasst zehn Länder Südostasiens mit gut 600 Millionen Einwohnern. Mit einem der Europäischen Union vergleichbaren Ausmaß ist der Staatenverbund damit ein attraktives Ziel für Unternehmen, die im südostasiatischen Raum aktiv werden wollen. Trotz aller Harmonisierungsbemühungen in Handelsfragen sind die einzelnen Mitgliedstaaten allerdings sehr heterogen. Zur ASEAN gehören sowohl das Sultanat Brunei mit seinen rund 400.000 Einwohnern als auch die Philippinen mit ihren 104 Millionen Bürgern, der Stadtstaat Singapur ebenso wie der weltgrößte Inselstaat Indonesien. Kultur und Wirtschaft der einzelnen Länder unterscheiden sich deutlich. Haben Unternehmen Handelsbeziehungen in ein südostasiatisches Land geknüpft oder unterhalten dort eine Niederlassung, bedeutet das nicht unbedingt, dass sie ihre Aktivitäten problemlos in andere Länder der Region ausweiten können.

Vielfältige Standorte

Singapur bietet sich als Tor für Unternehmen an, die sich in Südostasien engagieren wollen. Das ASEAN-Mitglied liegt im Herzen der Region. Im Laufe der Jahre haben sich dort viele internationale Firmen angesiedelt und haben Standorte für das ASEAN-Geschäft eröffnet. Wer neu ins Land kommt, findet ein solides Netzwerk aus Unternehmen und Finanzierungspartnern vor. Auch die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) unterhält eine Niederlassung in Singapur. Seit mehr als 20 Jahren steht sie von dort aus in ganz Südostasien Unternehmen mit Finanzierungslösungen und Marktkenntnissen zur Seite und unterstützt Exporteure aus dem deutschsprachigen Raum bei der Finanzierung und beim Markteintritt. Eine Ausgangsbasis für den erfolgreichen Markteintritt bietet das dort ansässige German Centre. Hier nutzen rund 150 Firmen das umfangreiche Angebot von Büroräumen, Ausstellungsflächen sowie den Erfahrungsschatz der ansässigen Kollegen vor Ort.

Am Beispiel Vietnams lassen sich die Besonderheiten südostasiatischer Länder gut beschreiben. Die Volkswirtschaft ist für Exporteure aus dem deutschsprachigen Raum besonders interessant. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Vietnams hat in den vergangenen Jahren um jeweils mehr als 6% zugelegt und dürfte im laufenden Jahr um 6,5% wachsen. Die Inflation ist vergleichsweise niedrig, ebenso die Zinsen. Das Land profitiert vom Zustrom ausländischen Kapitals. Für viele ausländische Firmen, die Produktions-standorte in Asien eröffnen wollen, ist Vietnam wegen der niedrigen Produktionskosten eine gute Alternative zu China. Die vietnamesische Regierung hat großes Interesse daran, ausländische Unternehmen ins Land zu holen. Mit Deutschland verbindet Vietnam eine lange gemeinsame Geschichte. Viele Vietnamesen haben in Deutschland studiert und sprechen fließend Deutsch.

Exportdeckung erleichtert ­­langfristige Finanzierungen

Das Land ist ein spannendes Exportziel für Unternehmen aus der Maschinenbau- und der Textilbranche, vor allem aber für Firmen, die im Bereich erneuerbare Energien aktiv sind. Vietnam investiert massiv in Windparks, um seinen steigenden Energiebedarf zu decken. Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum spielen dabei eine wichtige Rolle und sind an wegweisenden Projekten beteiligt.

Obwohl ausländische Unternehmen in Vietnam hochwillkommen sind, stehen sie vor Ort vor einigen Herausforderungen. Weil die vietnamesische Regierung Korruption nicht nur bekämpft, sondern auch vorbeugen will, sind die Wege durch die Institutionen vergleichsweise lang. Kontakte zu lokalen Experten helfen dabei, den bürokratischen Aufwand und die Erfolgschancen von Anträgen besser einzuschätzen. Die LBBW unterhält seit 1995 eine Repräsentanz in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi. Die lokalen Mitarbeiter haben viel Erfahrung in der Begleitung ausländischer Unternehmen durch die vietnamesischen Strukturen und landestypischen Gegebenheiten. Mit ihren Kenntnissen über die vietnamesische Kultur und den lokalen Markt können sie ausländischen Unternehmen zudem dabei helfen, Kontakte vor Ort zu knüpfen.

Auch bei der Exportfinanzierung gilt es in Vietnam einiges zu beachten. So ist etwa die Deckungspolitik mancher Exportkreditversicherungen (ECAs) in diesem Fall vergleichsweise streng. Sie sehen unter anderem vor, dass eine vietnamesische Bank als Sicherheitengeber in die Finanzierung eingebunden werden muss. Die lokalen Banken können zwar unterschiedliche Finanzierungen abbilden, tun sich aber mit Langzeitfinanzierungen oft schwer. Mit besagten ECA-gedeckten Exportfinanzierungen können diese Engpässe in den Langzeitfinanzierungen überbrückt werden.

In vielen anderen südostasiatischen Ländern sind Exporteure mit ähnlichen ­Herausforderungen konfrontiert. Davon sollten sie sich keineswegs abschrecken lassen. Auf lange Sicht dürfte der Bankenmarkt in der Region reifer werden, die Exportfinanzierung unkomplizierter. Südostasien ist bereits jetzt auf einem guten Weg.

michael.maurer@lbbw.de

 

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